23.1.09

"Die Jäger sind doch nicht die Zahlmeister der Nation"

Der Mann, der das sagt, muss es wissen.

Knut Wäldle, seines Zeichens stellvertretender Landesjägermeister, Leiter der Jägervereinigung Schwarzwald-Baar-Kreis, Hegeringleiter und Wildschadensschätzer entwickelte das "Modell Waldmössingen", dass Wildschäden aus einer Wildschadenausgleichskasse bezahlt, die von der Jagdpacht aller Jagdpächter finanziert wird.
Unsere sparsamen Schwaben sind uns wieder eine Nasenlänge voraus, denn während in Deutschland noch täglich eine Versammlung von Jägern, Bauern, Jagdgenossenschaften und Behörden die andere jagt, um das ungelöste Schwarzwildproblem zu diskutieren, reist Knut Wäldle von einer Kreisjägervereinigung zur anderen und stellt sein "Modell Waldmössingen", Baden-Württembergs erste Wildschadenausgleichkasse, vor.

Wie sehr verfahren die Situation der Schwarzwildschäden in einigen Kreisjägerschaften ist, zeigt sich beim Jagdschutzverein Miltenberg. Unter der Überschrift:

Wildschweinplage: Erneut Krisensitzung wegen zunehmender Schäden
"Alle Anwesenden ausgenommen?" -
Jäger und Landwirte suchen Lösungen

"Die Anwesenden nehme ich davon selbstverständlich aus?" - der Satz fällt oft am Mittwochabend im Vereinsheim des Bayerischen Jagdschutzverein (BJV) Miltenberg und zeigt, warum Jäger, Jagdgenossenschaften und Landwirte bei der Lösung der Sauenplage nicht vorankommen.
.....

Den vollständigen Artikel über die 3. ergebnislose Krisensitzung der Miltenberger Jägerschaft binnen 2 Wochen kann man hier im Onlinemagazin des Main Echo nachlesen.

Solange es Jagdpächter mit sehr unterschiedlichen Wildschadensproblemen und den damit verbundenen unterschiedlichen Wildschadensrisiken gibt, wird es ohne eine revierübergreifende Wildschadensregulierung keine Lösung geben.
Auch wenn die Schwarzwildbestände zurückgehen, bleibt das Problem unterschiedlich strukturierter Reviere mit sehr unterschiedlichen Wildschadensrisiken.

Die Jagdgenossenschaften und Jagdpächter mit Revieren mit hohem Wildschadensrisiko dürfen von den einzelnen Interessengruppen nicht alleine gelassen werden.
Schon deshalb wird in vielen Gebieten die Einrichtung einer Wildschadenausgleichskasse unumgänglich. Allein der bürokratische Aufwand sollte so gering wie irgend möglich gehalten werden. Dazu sollten die Wildschadensausgleichskassen immer regional begrenzt bleiben, individuelle Beiträge erhoben werden und nur Reviere mit Schwarzwildvorkommen eingeschlossen werden.

waidmannsheil

Euer

stefan


Über das Einrichten einer Wildschadensausgleichkasse von St. Johann nach dem "Modell Waldmössingen"berichtet das Onlinemagazin des Reutlinger Generalanzeigers:




Wildschäden - Jagd wird zum unkalkulierbaren Ärgernis.
St. Johann will Wildschadensausgleichskasse gründen

Die Jäger machen sonst nicht mehr mit


ST. JOHANN. Wildschweine sorgen zunehmend für Ärger. Allzu freudig haben sich die Schwarzkittel in den vergangenen Jahren vermehrt, sodass manche Landwirte von einer Plage reden und die Jagdpächter das Waidwerk am liebsten hinschmeißen würden. Sie werden zur Kasse gebeten, wenn sich Wildschweinehorden durch Maisfelder gewalzt oder Wiesen umgepflügt haben.


Während Landwirtschaftsminister Peter Hauk zur effektiven Wildschweinebejagung aufruft, sind viele Jagdpächter sauer. "Etliche bezahlen bereits mehr Geld für die Regulierung der Wildschäden als für die Pacht", erklärt Norbert Reich, Leiter des Hegerings »Lichtenstein« in der Kreisjägervereinigung Reutlingen, den sich breitmachenden Frust. Der hat gravierende Folgen. In den Maisanbaugebieten sind die Jagden kaum noch zu verpachten.

Vor einem Jahr hat sich in St. Johann deshalb ein Arbeitskreis formiert, der die Rahmenbedingungen für eine sogenannte Wildschadensausgleichskasse formuliert. Beteiligt sind Bürgermeister Eberhard Wolf, Vertreter des Kreislandwirtschaftsamts, der Jagdpächter und der Bauern. "Wir sehen uns gemeinsam verpflichtet, die Wildschäden zu minimieren", formuliert Wolf das Ziel.

Von zunehmenden Problemen der Gemeinden in den Maisanbaugebieten, die Jagden zu verpachten, weiß der Landesjagdverband mit Sitz in Stuttgart. "Die Kosten sind den Jägern allmählich nicht mehr zuzumuten", findet Pressesprecher Ulrich Baader. Mit Jagdpacht, Jagdsteuer und den Kosten des Wildschadensausgleichs, der sich im Rahmen von einigen hundert bis einige tausend Euro bewegen kann, werde die Jagd zum unkalkulierbaren Ärgernis. "Das können sich viele nicht mehr leisten", betont Baader.

Modell "Waldmössingen"

Werden die Wildbestände nicht reguliert, weil sich kein Jäger findet, hat die Landwirtschaft im Hinblick auf die Wildschadens- und Seuchenvermeidung das Nachsehen. Das war der Grund für Knut Wälde, Jagdpächter, Landwirte und die Gemeindeverwaltung zu versammeln, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. »Die Jäger sind doch nicht die Zahlmeister der Nation«, sagte sich der Mann aus Villingen-Schwenningen, der die verschiedenen Sichtweisen kennt. Wälde ist stellvertretender Landesjägermeister, Leiter der Jägervereinigung Schwarzwald-Baarkreis, Hegeringleiter und Wildschadensschätzer. Zudem war Wälde Leiter des Kreislandwirtschaftsamts Rottweil. Pressesprecher Baader nennt Wälde den Vater des Modells "Waldmössingen". Das ist die erste Wildschadensausgleichskasse in Baden-Württemberg, bestückt mit Euros von der Jagdpacht.

Pächter und Verpächter bezahlen jährlich je einen Euro je Hektar Feld in den Fonds. Auch die Landwirte sind beteiligt. Sie verpflichten sich, ein Drittel des Wildschadens nachzulassen. Inzwischen ist Knut Wälde ein gefragter Referent, der sein Modell, das vor drei Jahren im Schramberger Ortsteil Waldmössingen eingeführt worden ist, Gemeinderäten wie Jägervereinigungen im ganzen Land vorstellt.

Solidargemeinschaft der Jäger

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es die Wildschadensausgleichskassen als Solidargemeinschaften der Jäger in den Landkreisen und kreisfreien Städten bereits seit 1992. Die Kasse kommt für Agrar- und Forstschäden auf, die von Rehen und Wildschweinen angerichtet werden. Sie sollen den einzelnen Jagdpächter vor untragbaren finanziellen Belastungen bewahren, aber auch eine effiziente Wildschadensregulierung im Interesse der Landwirte sichern.

Im Kreis Reutlingen ist St. Johann die erste Gemeinde, die eine Wildschadensausgleichskasse nach eigenen regionalen Kriterien plant. Noch hat der Gemeinderat dem Projekt, das zunächst für ein Jahr angelegt werden soll, nicht zugestimmt. Dennoch seien sich Gemeindeverwaltung, Jagdpächter und auch Landwirte einig, dass die Jäger mit dem Wildschweineproblem nicht alleine gelassen werden können. »Da müssen alle zusammen helfen«, findet der St. Johanner Hegeringleiter Norbert Reich, der die Waidgenossen am Freitag, 23. Januar, um 19.30 Uhr im Gestütsgasthof St. Johann über die geplante Wildschadensausgleichskasse informieren wird.

Auf die zunehmenden Schwarzwildbestände hat das Landwirtschaftsministerium von Baden-Württemberg mit dem Modellprojekt »Wildschadensmanagement« reagiert, das im Frühjahr 2008 initiiert wurde. Gemeinsam mit den Bauernverbänden, Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer und dem Landesjagdverband sollen praxisgerechte Empfehlungen zu wildschadensvorbeugenden Jagdstrategien, zu landwirtschaftlichen Maßnahmen sowie zu Schutzvorrichtungen erarbeitet werden. (jsg)

Keine Kommentare: