In kaum einer anderen Stadt wird die Diskussion um die zur Zeit anstehenden Jagdneuverpachtungen derart emotional geführt, wie die in der Stadt Warstein. Dies hat einen einzigen Grund:
Es geht um sehr viel Geld!
Die Besonderheiten der Stadt Warstein
Jagdlich gesehen hat die Stadt Warstein etwas ganz besonderes zu bieten: Mit 5.000 ha städtischen Forstflächen ist die Stadt Warstein einer der größten Kommunalwaldbesitzer Deutschlands. Doch eine weiteren Besonderheit sorgt dafür, dass man mittlerweile getrost bei den Jagdverpachtungen von der "Causa Jagdverpachtung Warstein" sprechen kann: Die Jagdreviere der Stadt liegen vor den Toren der nordrhein-westfälischen Ballungsgebiete Köln/Bonn und dem Ruhrgebiet mit einer zahlreich vorhandenen, zahlungskräftigen Jägerschaft. Bei diesen sind die überwiegend von der Stadt Warstein ausgeschriebenen Stadtreviere hochbegehrt. Zudem ist im Stadtwald das in Deutschland eher selten vorkommende Sikawild beheimatet. Nun wissen nicht nur ortsansässige Jäger, dass solche verkehrsgünstig gelegenen Hochwildreviere Begehrlichkeiten wecken, die die Jagdpachtpreise in für viele Jäger unerschwingliche Höhen treibt. Und obwohl die Jagdpachtpreise kaum in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, weiß jeder, dass Pachtpreise jenseits der 20 Euro/ha bezahlt werden. Daraus ergeben sich für das Stadtsäckel der Stadt hochlukrative jährliche Einnahmen im sechsstelligen Bereich, auf sie man nicht verzichten will. Bei "Kunden", die solche Pachtpreise zahlen, muss auch eine Stadt Zugetändnisse machen. Diese Zugeständnisse werden insbesondere in der Form gemacht, dass man dem Jagdpächter bei der Festsetzung des Schalenwildbestandes weitestgehend freie Hand läßt. Wer eine Hohe Jagdpacht zahlt, der fordert das Recht, die Angemessenheit der Schalenwilddichte selbst zu bestimmen. Dies ging viele Jahrzehnte gut, jedoch setzte der Wibelsturm "Kyrill" diesem gentlemen agreement "Hohe Wildbestände gegen hohe Pacht" abrupt ein Ende.
Die Folgen von Kyrill auf die Jagdverpachtungen und der naturnahe Waldumbau
Nun ist es mittlerweile Stand der Wissenschaft, dass Monokulturen besonders anfällig gegen Sturmschäden sind. Fehlende Naturverjüngung im unteren Bereich der Baumkronen alter Bäume geben dem Sturm Angriffsfläche und es kommt, wie man im Sauerland besonders deutlich nach dem Sturm Kyrill sehen konnte, zu gewaltigen Stumschäden insbesondere an den Altholzbeständen.
Sturmschäden nach Kyrill im Stadtforst Warstein
Deutlich sichtbar ist die fehlende Naturverjüngung, hervorgerufen durch überhöhte Schalenwildbestände
Photo: www.strassenweb.de.
7 Jahre nach den Aufräumungsarbeiten nach dem Sturm Kyrill ergibt
sich für den Stadtforst Warstein aber ein gewaltiges Problem: Die für
eine hohe Jagdpacht geduldeten hohen Schalenwildbestände lassen eine
natürliche Verjüngung der Stumschadensfläche nicht zu. Nur
kostenintensive Aufforstungs- und Gatterungsmaßnahmen ermöglichen eine
Wiederaufforstung der Sturmschadensflächen. Doch diese
Aufforstungsmaßnahmen, die sich schnell auf 5.000 bis 10.000 Euro/ha
belaufen können, will und kann die Stadt nicht ausgeben.
Bei den immensen Schadflächen, die der Sturm Kyrill im Stadtforst von Warstein angerichtet hat, wird auch schnell erkennbar, dass mit Jagdpachteinnahmen, selbst wenn sie jährlich 50 Euro/ha betragen würden, diese Gatter- und Aufforstungskosten niemals kompensiert werden können.
Die Lehre aus Kyrill: Naturkatastrophen zwingen zum nachhaltigen Wirtschaften
Die immensen Zerstörung, die der Sturm Kyrill in den Monokulturen des Stadtforstes in Warstein angerichtet hat, haben etwas Gutes bewirkt: Dem kurzfristigen Wirtschaften (hohe Pachteinnahmen) stehen nun immense Aufforstungskosten gegenüber. Hohe Wildbestände, die zur Erzielung einer hohen Jagdpacht geduldet wurden, machen eine Aufforstung der Schadflächen nur mit einem hohen, aber unvertretbaren Aufwand möglich.
Der Stadtforst von Warstein steht exemplarisch für den Wandel weg vom kurzfristigen Profitdenken hin zum nachhaltigem Wirtschaften. Auch die Jägerschaft muss einsehen, dass sie sich diesem Grundsatz beugen muss und ihre Vorstellungen der bisherigen Jagdbewirtschaftung überdenken muss. Tut sie es nicht, droht weiteres Ungemach:
Die Alternative zur Jagdverpachtung heißt Regiejagd.
waidmannsheil
Euer
stefan
Pressestimmen zur Neuverpachtung vs. Regiejagd im Stadtforstes Warstein:
4.6.2013
Forstausschuss hält an Jagdpacht fest
27.6.2013
Jagd unter Aufsicht als richtiger Weg
28.10.2013
Jagdverpachtung: Die Diskussion geht weiter