Warum sich Jäger und
Naturschützer beim gemeinsamen Ziel des Naturschutzes so schwer tun.
Illustration: Jagdmagazin Pirsch 3/2013
Vom gemeinsamen
Nenner meilenweit entfernt.
In den Bundesländern Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg stehen Reformen des Jagdgesetzes an. In
allen 3 Bundesländern zeigt sich in der Diskussion zwischen den Verbänden das das
gleiche Bild: Bei der Anhörung der Träger öffentlicher Belange, zu denen sowohl
die Naturschutzverbände als auch die Jagdverbände gehören, scheinen die
Ansichten zur Veränderung des Jagdgesetzes unüberbrückbar, obwohl sich alle
Verbände satzungsgemäß dem Naturschutz verpflichtet haben. Für den
außenstehenden Betrachter ist es zunächst nicht erkennbar, weshalb Verbände,
die ein gemeinsames Ziel verfolgen, sich in allen Bundesländern derart feindselig
gegenüber stehen. Nach monatelangem verbalem Schlagabtausch in den Medien
scheint die Kommunikationsbereitschaft auf allen Seiten auf einem Tiefpunkt
angelangt. Vom sprichwörtlichen gemeinsamen Nenner scheint man weiter denn
je entfernt zu sein. Doch betrachtet man
die Milieus, aus denen die Verbände ihre Mitglieder speisen, wird schnell klar,
warum es für die Jagdverbände einerseits und die Naturschutzverbände andererseits
trotz des gemeinsamen Ziels Naturschutz kaum Möglichkeiten des Konsens geben
kann.
Gesamtgesellschaftliche Milieustudie
Für große Organisationen, die ihre Existenz auf Mitglieder stützen, ist
es heute unabdingbar, Milieustudien anzufertigen. Diese Studien müssen, um
Trends und Entwicklungen dazustellen, möglichst jährlich neu erstellt werden. Als
Basis dient immer die aktuelle Milieustudie über die Gesellschaft als Ganzes. Diese
ist problemlos zu beschaffen und wird alljährlich veröffentlicht.
Parallel dazu wird eine Milieustudie über die
eigenen Mitglieder erstellt, die im Zweifelsfall erheblich von der
gesamtgesellschaftlichen Milieustudie abweichen kann. Die Gegenüberstellung der
verschiedenen Milieustudien über einen mehrjährigen Zeitraum zeigen dann, wie
sich eine Organisation parallel zur Gesamtgesellschaft entwickelt hat, bzw. in
den nächsten Jahren entwickeln wird. Ob und wenn ja, wie eine Organisation sich
danach auszurichten hat, entscheiden dann die Gremien der Organisation.
Entscheidend alleine ist es, dass die Gremien verlässliche Daten erhalten, wie
sich die Gesellschaft einerseits und ihre Mitglieder andererseits entwickelt
haben, bzw. entwickeln werden. Entscheidend alleine ist es aber, dass erst nach
Vorlage der Studien eine verlässliche Entscheidung gefällt werden kann. Würden
uns nun die Milieustudien sowohl der Naturschutzverbände als auch der
Jagdverbände vorliegen, würden wir sehr schnell erkennen, weshalb es zu keiner
konstruktiven Zusammenarbeit der Verbände trotz völlig identischen Interessen
(Naturschutz) kommt. Da keine verlässlichen Milieustudein der Jagd- und Naturschutzverbände vorliegen, kann man auch nur
tendenziell die Milieuunterschiede der Verbände aus den eigenen Kenntnissen aufzeigen.
Das tendenzielle Milieu der
Naturschutzverbände
Die Mitglieder der
Naturschutzverbände sind, das ergibt sich aus dem Zuwachs der letzten Jahre,
eher im jüngeren Umfeld zu suchen. Die hohen Spendeneinnahmen zeigen zudem,
dass viele Mitglieder aus dem wirtschaftlich besseren Gesellschaftsschichten
stammen. Der Anteil der Akademiker wird ebenfalls hoch sein. Diese Gruppe
junger Akademiker weist heute im Lebenslauf in der Regel ein oder mehrere Auslandsaufenthalte
nach und gilt als weltoffen und innovativen Ideen aufgeschlossen. Zusammenfassend
lässt sich sagen, dass sich die Naturschutzverbände weit überdurchschnittlich mit
Mitgliedern und Spendern aus dem „sozial-ökologischen“
und des „adaptiv-pragmatischen Milieus“
speisen.
Das tendenzielle Milieu der Jagdverbände
Bei den Jagdverbänden zeigt sich, völlig im
Gegensatz zu den Naturschutzverbänden, ein ganz anderes Bild. Eine völlig
überalterte Mitgliederschaft ist sicherlich weit davon entfernt, Mitglieder zu
haben die dem performenden oder expeditivem Milieu angehören. Im Gegenteil, die
in den Verbänden organisierte Jägerschaft
kann als überwiegend dem „konservativ etablierten“ und „traditionellen Milieu“
zugeordnet werden. Da Spender, das ergibt sich aus der Logik,
überdurchschnittlich wohlhabend sein müssen, um überhaupt spenden zu können und
da die Jagdverbände faktisch kein Spendenaufkommen
besitzen, wird das traditionelle Milieu gegenüber dem konservativ etablierten
Milieu noch überwiegen. Durch die häufig lokal lebenden Mitglieder der Jagdverbände
fehlt es oft an globalem Denken, was die Zugehörigkeit zu den überwiegenden Milieugruppen verstärkt.
Mediation durch einen Mediator aus dem "Milieu
der bürgerliche Mitte"
Natürlich zeigen solche Studien nur Tendenzen auf. Wenn
aber zwei Organisationen ihre Mitglieder und Unterstützer aus überwiegend zwei so
unterschiedlichen Milieus speisen, wird offensichtlich, dass sich selbst bei
nahezu identischen Satzungszielen erhebliche Kommunikationsprobleme ergeben. Es
geht hier eben schon lange nicht mehr um die Sache, sondern um die
Vormachtstellung einer bestimmten Milieugruppe beim Thema Naturschutz. Beide
Gruppen sind aufgrund ihrer Zugehörigkeit weit auseinanderliegender Milieus zu
einer sachliche Diskussion nicht fähig. Es bedarf einer Mediation durch einen Mediator
aus dem Milieu der bürgerlichen Mitte, um eine Brücke zwischen den tendenziell so
unterschiedlichen Milieus der Verbände zu schlagen.
waidmannsheil
Euer
stefan