Eine Bankrotterklärung der Jägerschaft an die eigene Nachwuchsarbeit.
Auf seiner Homepage rühmt der Landesjagdverband Brandenburg die aktive Mithilfe der Landesforstbetriebe bei der Jungjägerausbildung. Mit Beginn des diesjährigen Jagdjahres bieten die brandenburgischen Forstbetriebe den brandenburgischen Jungjägern einen verbilligten Pirschbezirk an.
Nun ist solch ein Angebot grundsätzlich zu begrüßen, zumal es sicherlich nicht zum primären Aufgabengebiet unserer staatlichen Forstbetriebe gehört, den Jägernachwuchs auszubilden. Insbesondere schon deshalb nicht, weil Jungjäger einen erheblichen höheren Aufwand an jagdlicher Betreuung benötigen, als ein erfahrener Jäger. Dieser Mehraufwand kann durch die Jagdbetriebskosten gar nicht gedeckt werden. Richtigerweise müßte der Staatsforst für eine Jungjägerausbilduung einen erhöhten Jagdsbetriebskostenbeitrag erheben.
Doch als zugereister brandenburger Jäger stelle ich mir schon die Frage, weshalb ausgerechnet der Landesjagdverband Brandenburg diese Aktion mit dem Argument begrüßt, der Einstieg in das aktive Jagen sei nicht immer leicht. Im dichtbesiedelten Nordrhein-Westfalen, wo es viele Jäger und wenig jagdbare Fläche gibt, hätte ich dieser Argumention noch folgen können. Doch dass es in Brandenburg aber zuwenig Reviere und zuwenig jagdbare Fläche gäbe, kann ich als zugereister Brandenburger Jäger nun nicht bestätigen. Auch dem Argument, es gäbe in den brandenburgischen Genossenschaftsrevieren nicht genügend Wild zum Jagen, kann ich ebenfalls nicht folgen.
Richtig ist vielmehr, dass es, ähnlich wie in Mecklenburg-Vorpommern, in keinem anderen Bundesland prozentual so viel jagdbare Fläche gibt, wie in Brandenburg. Tatsache ist auch, dass es nur hier in den östlichen Bundesländern flächendeckend eindeutig viel zu hohe Wildbestände gibt.
In einem entscheidenden Punkt sind die brandenburgischen Jäger den Jägern in Deutschland weit voraus: Bei der hiesigen Jägerschaft kann man schon nicht mehr von Überalterung sprechen, zutreffender wäre hier vielmehr der Begriff der Vergreisung.
Und hier wird wohl auch der entscheidende Grund liegen, weshalb so viele junge Burschen und Mädels hier in Brandenburg gar nicht erst den Jagdschein machen:
Eine vergreiste Jägerschaft lässt dem Nachwuchs keinen Raum und duldet keine Jungjäger in ihren Revieren. Deshalb müssen nun die Landesoberförstereine herhalten und für die Jagdpächter in die Bresche springen. Der häufigste Grund, den mir junge Menschen hier in Brandenburg nennen, wenn sie gar nicht erst den Jagdschein machen, ist immer wieder der gleiche: "Ohne Kontakte in die Jägerschaft hat man keine Chance nach der Jägerprüfung auf die Jagd zu gehen."
Das Angebot der brandenburgischen Forstbetriebe, so gut gemeint es auch ist, ändert an der verfehlten Nachwuchsarbeit nichts. Die Nachwuchsarbeit er Jäger in Brandenburg ist ein Trauerspiel. Das Angebot der brandenburgischen Forstbetriebe beweist, dass die Jäger selbst nicht in der Lage sind, ihren Nachwuchs in den eigenen Revieren auszubilden, weil eine vergreiste Pächterschaft alles Junge, was nachrückt, wegbeißt.
Wenn die Jägerschaft eines der wildreichsten Bundesländern mit einer überdurchschnittlich hohen Wilddichte mit einer überalterten Mitgliederschaft seine Jungjägerausbildung wegen fehlender Jagdmöglichkeiten den staatlichen Forstbetrieben überträgt, so kann hier getrost von einer Bankrotterklärung in der Nachwuchsarbeit sprechen.
waidmannsheil
Euer
stefan