27.11.08

Jagdhundeseminar im Spessart

von Claudia Schröder

Wenn der Jagdhund ein guter Jagdhund werden soll, ist das zeitintensive Schwerstarbeit. Für den angehenden Feinschliff kann es sinnvoll sein, sich der Hilfe erfahrener Hundeführer zu bedienen. Hiermit lässt sich vor allem verhindern, dass sich Fehler einschleichen und/oder sich Schritte zur Tortur auswachsen, weil einfach nicht der richtige Dreh gefunden wird.

Nach dem Hundetraining mit Stefan in Albrechts-Teerofen, Schocktherapie durch Berlin, etlichen Übungsstunden in Grunewald und Königsheide und zwei Tagen Treibjagd waren Ajax und ich mit Stefan ein paar Tage im Spessart, um bereits Erlerntes zu festigen und zu verfeinern.

Burg Rieneck
Burg Rieneck

Wir waren in der zweit-kleinsten Stadt Bayerns oberhalb des Maintals, in Rieneck. Rieneck schmiegt sich unterhalb von bewaldeten Bergrücken in drei Täler des Spessarts. Dominiert wird das Städtchen von einem herrschaftlichen Schloss über der Stadt. Von der hoch am Hang gelegenen Ferienwohnung aus waren es nur wenige Minuten in den Wald.

Ohne in den Tagen eine einzige Marschroute mehrfach zu laufen, ging es täglich mit Ajax an die Arbeit, ab in den Wald. Ob auf befestigten Waldstraßen oder von den Sauen gebrochenen Pfaden oder querfeldein, bergauf und bergab; bei Sonne, bei Regen oder durch den Schnee.

Nach der positiven Erfahrung, dass sich die konsequente Arbeit am Gehorsam gerade auch im jagdlichen Einsatz auszeichnet, legten wir auch jetzt noch den Arbeitsschwerpunkt auf Gehorsam und Konzentration. Der Hund soll nicht an mir kleben und willenlos hinter mir hertrotten, er soll aber auf jedes Signal in jeder Situation - auch wenn alles ganz aufregend und spannend ist - reagieren und jedem Befehl sofort Folge leisten.

Stefans Anwesenheit, Eingriff und Kontrolle war in mehrfacher Hinsicht von entscheidender Bedeutung: Natürlich kann man in Fachliteratur und Zeitschriften nachlesen, in welcher Form man - rein theoretisch - Leinenführigkeit, Apport und Konzentration am sinnvollsten einübt, arbeitet wie auch immer.
Die Autoren wissen aber nicht, können nicht wissen und können dementsprechend auch nicht berücksichtigen, wie das "Individuum" Hund auf Signale reagiert. Welchen Entwicklungsstand hat der Hund? Wie weit ist er schon gearbeitet? Wurden bisher grundlegende Fehler gemacht, die nun zu korrigieren sind, bevor es zu spät ist? Wie groß ist die Nähe zum Hundeführer? u.s.w.

Stefan lernt Ajax kennen
Kennenlernen & aneinander Herantasten

So gesehen ist ein Titel "Hundeerziehung leicht gemacht" grober Unsinn. Sie ist nie leicht, schon weil man sich auf den jeweiligen Hund einstellen muss und weil es deshalb kein Patentrezept gibt. Ist der Hundebesitzer ein Anfänger, ein Erstlingsführer, kann und wird er sich erstmal auf die Nase legen und zig tausend Ehrenrunden drehen müssen, weil er in Ermangelung von Erfahrung und demzufolge auch Vergleichbarkeit regelmäßig noch nicht auf die Besonderheiten seines ersten Hundes eingehen kann. Ausnahmen bestätigen wie immer und überall die Regel.
Das gleiche Problem, aber aus der anderen Richtung, entsteht, wenn man den Hund zur Ausbildung weggibt. Man erreicht zwar, dass der Hund "alles" kann, gehorcht und seine Aufregung bezwungen werden kann. Auf diesem Weg ist es aber unmöglich, dass Hund und sein Hundeführer sich aufeinander einstellen. Die Ausbildung des Hundes läuft jenseits einer Hürde ab, die zwischen Hund und Herr verläuft. Irgendwann laufen die Wege wieder zusammen.

Ein Seminar, wie wir es absolviert haben, hat den schlichten Vorteil, dass die Erfahrung in die Arbeit des Unerfahrenen mit seinem Hund einfließt und dennoch die Arbeit auf der Zusammenarbeit zwischen Hund und Hundeführer basiert.

Ajax ist zum Beispiel ein Spätentwickler, der aber im wesentlichen ausgewachsen ist. Auf der anderen Seite hat er schon eine erhebliche Nähe zu mir entwickelt, was seiner schweren Erkrankung im ersten halben Jahr geschuldet sein könnte. Hiervon abgesehen ist er aber ein Stur- und Dickkopf, hart im Nehmen und reichlich neugierig .... . Ja, wie stellt man das als Anfänger fest und welche Konsequenzen hat das für die Ausbildungsschritte.

Sowohl der Einwirkungsgrad als auch die Art und Weise des Arbeitens, sind allein vom jeweiligen Hund abhängig. Wer dessen Besonderheiten nicht einschätzen kann - soviel Selbstkritik sollte man sich zumuten - sollte sich Unterstützung suchen.
Demgegenüber lassen sich aber einige Übungen allgemein anwenden, um mit Leinenführigkeit, Konzentration und Apport weiterzukommen. Das Hauptziel soll sein, dass der Hund immer und jederzeit seine Aufmerksamkeit auch bei mir hat: Mit einem Auge, mit den Spitzen des Bartes oder eben voran mit den nach hinten gerichteten Behängen.

Konzentration
Wenn ich stehen bleibe, hat auch der Hund nicht weiterzugehen. Also wird zunächst alle paar Schritte, dann nach mehreren Schritten, dann unregelmäßig angehalten, bis das sitzt.
Ohne Leine, wird man den Hund anfangs vielleicht noch anrufen oder mit der Wurfkette klimpern müssen. An der Leine kann je nach Hund eine Haselnussrute hilfreich sein.
Jede Unaufmerksamkeit des Hundes muss konsequent "geahndet" werden. D.h. nicht mehr oder weniger, als das Signal oder den Befehl in dem Moment zu geben, in dem der Hund unaufmerksam ist. Wenn der Hund grundsätzlich und immer sofort auf meine Aktio reagiert, ist das Ziel erreicht, ohne dass das hieße, dass der Hund nichts mehr um sich wahrnehmen könnte.
Weiter kann man den Hund fordern, in dem man ihm abverlangt, zwei Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen, wie z.B. die Apportel auch bei Fuß an der Leine wie selbstverständlich zu behalten.

Umgang mit Stresssituationen & Ruhe hereinbringen
Mit der Konzentrationsarbeit geht unmittelbar einher, die Reaktion des vor allem neugierigen Hundes auf Stress aufgrund neuartiger Umstände und Unruhe in den Griff zu bekommen. Was macht man, wenn der Hund bei Wildwitterung in helle Aufregung gerät? Er muss herangeführt werden. Das war oberhalb von Rieneck richtig klasse. Auf der Waldstraße nahm Ajax nur wenig Wildwitterung auf. Er ging sowohl an der Leine brav bei Fuß und behielt ohne Leine Kontakt zu uns. Auf den schmaleren Wegen war die Witterung schon stärker und wir kreuzten Fährten: "Nichts da, junger Freund, es bleibt alles so wie auf der Waldstraße." Dann querfeldein: Ajax war in heller Aufregung, die Nase hoch erhoben. Dann sahen auch wir die abspringenden Rehe. Soll es nicht so sein? Der Hund mit seiner phänomenalen Nase zeigt uns das Wild an, lang bevor wir es sehen. Das ist seine Aufgabe bei der Pirsch und nicht hinter den Rehen herzuhetzen. In dem Moment änderte sich für Ajax nichts daran, dass er an der Leine bei Fuß zu gehen hatte. Nach vier Tagen lässt sich wohl sagen, der Hund hat kapiert, dass an der Leine bei Fuß an der Leine bei Fuß gehen heißt und auch die schöne Witterung an der Fährte ihn erstmal nichts angeht. Das lässt sich frei auf alle für den Hund ungewohnten Situationen übertragen: In der Stadt, im Wald, durch Wiesen und Felder mit viel Geduld und Konsequenz, aber der Hund wird ruhiger und lässt sich nicht durch alles neue ablenken.

Auf schmalen Pfaden
Auf schmalen Pfaden

Leinenführigkeit
Haben Konzentrations- und Stressbekämpfungsmethoden schon ein wenig gefruchtet und kennt der Hund den Befehl "Bei Fuß", sollte es zunächst unproblematisch sein, dass der Hund artig neben einem herläuft und sich dem Tempo seines Herrn anpasst. Nun soll er aber am besten ohne Signale neben mir laufen, mit der Nase am Knie. Stehen bleiben, wenn ich halte; weiterlaufen, wenn ich weitergehe. Eben grundsätzlich meinen Bewegungen folgen, ohne dass er in die Leine rennt. Da es die Aufmerksamkeit des Hundes steigert, kann es ruhig querfeldein mitten durch ein Stangenholz gehen, über Baumstümpfe, um die Bäume nach links, nach rechts über jedes Hindernis, die Nase immer schön am Knie.
Für den Anfang eignen sich auch schmale Pfade, auf denen der Hund zwangsläufig nah am Führer bleiben muss.
Hilft alles nicht und will der Hund immer noch ab durch die Mitte, kann die Haselnussrute helfen. In der Regel reicht ein fuchteln vor der Nase, um den Hund zur Raison zu bringen.
Das Schlitzohr Ajax kriegte sehr schnell spitz, wer jeweils die Rute hatte. Wandt Stefan kurz seine Aufmerksamkeit ab, versuchte Ajax voranzukommen. Behielt Stefan den Hund im Auge, war er lammfromm. Sein Schwanzwedeln zeigte aber sehr deutlich, dass er wusste, wo der Hase langläuft.

down
Der Befehl "Platz" ist Ajax bestens bekannt und er befolgt ihn (fast) immer sofort. Mit dem "Down" war es allerdings immer noch so eine Sache. Die Hauptschwierigkeit bestand darin, dass mein lieber Hund nicht so wirklich verstand, warum er einen Befehl sofort und in Entfernung befolgen soll. Meistens kam er freudestrahlend auf mich zugesprungen, um sich bei mir hinzulegen. Mit sehr viel Mühsal brachte ich ihn dazu, hin und wieder an Ort und Stelle sofort zu liegen.
Im Spessart haben wir die Geschichte umgedreht: Wir schickten Ajax direkt bei uns ins "Platz", dann weiter, erst nach zwei Metern und dann unter wachsender Distanz immer wieder der Befehl "Platz". Nach drei Tagen legte sich der Hund auf eine Entfernung von 20 m sofort hin.

Dampf-ablassen und Ausruhen
All diese Übungen auf ein paar Stunden verteilt lassen den Hund durchaus unter Strom stehen. Dementsprechend ist es wichtig, den Hund dann auch mal rennen, toben oder Unsinn machen zu lassen, damit er Dampf ablässt. Ebensowichtig sind die Ruhephasen nach solchen "Gewaltmärschen". Weiss der Hund nach wenigen Tagen Bescheid, rollt er sich auf seinem Platz zusammen und schläft erstmal.

Verschnaufpause
Verschnaufpause

Beim Aussteigen
Und bevor ich es dann doch noch vergesse: Auch am Verhalten beim Aussteigen des Hundes kann man arbeiten. Auch wenn die Türe aufgeht, hat der Hund liegen zu bleiben und nicht aus dem Auto zu stürzen. Sehr wirksam sind hier mehrmals hintereinander wieder zuschlagende Türen. Ajax bleibt nun brav liegen, bis der Befehl "Komm" kommt.

Zurück in Berlin haben Ajax und ich nun wiederum Zeit alles Erlernte, wie es uns gezeigt wurde, dauerhaft anzuwenden. Will man, dass alles auf Dauer sitzt und vor allem zwischen Hund und seinem Herrn, kommt man ums Üben nicht herum. Auf einem so absolvierten Seminar werden keine Wunder vollbracht: Man bekommt gezeigt, wie man es unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Hundes richtig macht.
Weiterarbeiten - also üben - muss man selber. Dafür kommt der Hund gar nicht erst auf die Idee, er müsse bei jemandem anderen als seinem Ausbilder nicht gehorchen.


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3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein DD ist allgemein ein Spätentwickler, ist Rassebedingt! Ein Hund in diesem Alter muss kein Down können. Und vielleicht sollte man Hundeerziehung leicht gemacht erstmal lesen, eh man darüber philosophiert!
wolde-2005

Anonym hat gesagt…

Danke für den Hinweis zum DD als Spätentwickler.
Es geht ansonsten gar nicht darum, was in dem Buch "Hundeerziehung leicht gemacht" steht.
Es geht darum, dass dem Käufer und potentiellen Leser etwas durch den Titel suggeriert wird, was einfach unzutreffend ist.

Claudia

Anonym hat gesagt…

Da haben wir ja grosses Glück, dass es solche erfahrene Jagdhundeausbilder wie Stefan gibt, die dann unbedarften Hundeführern unter die Arme greifen.
Es würde ja kaum jemand das Buch kaufen, wenn der Titel wäre "Hundeerziehung ist Schwierig", und ich finde es sehr schade, wenn es nicht um den Inhalt des Buches geht, weil darauf kommt es ja bekanntlich an!
Ausserdem sollte man es nicht von einem einzelnen Hundeführer abhängig machen, ob der Titel unzutreffend ist. "Hundeerziehung leicht gemacht" ist eines der besten und einfach verständlichsten Bücher die es auf dem Markt gibt, weil es wird alles Schritt für Schritt erklärt.
wolde-2005