21.5.08

Das erste Jungjägerseminar

Als der Jagdverein Lehrprinz e.V. Anfang des Jahres seine Arbeit aufnahm, war es an der Zeit, das erste Seminar für Jungjäger zu starten. Im Januar hatte ich mir bereits einen Eindruck vom Wildreichtum auf der Insel Usedom gemacht und mich entschlossen, mit Hubertus von Rochow als zweitem Lehrprinzen dort das Jungjägerseminar abzuhalten.


Wir hatten uns auf eine Woche Mitte Mai geeinigt, da in dieser Zeit das Rehwild besonders aktiv ist und somit Ansitze zahlreichen Wildanblick versprechen.

Die Resonanz auf die Beschreibung des Seminars war zunächst groß. Am Ende meldeten sich nur zwei Teilnehmer an. Das stellte sich später als Glücksfall heraus, da beide Teilnehmer mit ihren Hunden anreisten und wir unsere ganze Aufmerksamkeit den beiden Jungjägern widmen konnten.

Am Freitag, den 9. Mai ging es dann auf die fast 900 km lange Reise. Zwei große Jagdtaschen, zahlreiche Jagdutensilien, zwei Waffen wurden in der VW Doppelkabine verstaut und oben auf allem tronte DK Rüde Joe in seinem Körbchen.

Wenn man dann mit 90 km/h über die Autobahn fährt, ist da nicht nur die Vorfreude auf einige Jagdtage. Auch viele Fragen gehen einem durch den Kopf. Wie wird das Wetter? Werden wir genügend Anblick haben? Werden sich Hunde und Jäger vertragen?

Doch alles der Reihe nach.

1. Die Reviere:
Den Jungjägern standen gleich mehrere völlig unterschiedliche Reviere zur Verfügung. Das eigene Revier des Herrn von Rochow, ein reines Waldrevier mit zahlreichen Kirrungen und Wildäckern. Das zweite Revier, das bejagt wurde, liegt auf einer Halbinsel der Insel Usedom und ragt in das Achternwasser, den Mündungsarmen der Peene hinein. Extensiv bewirtschaftete Wiesen mit verlandeten Seen, Kiefernwäldern und einem Bachlauf bestimmen hier das Bild der Landschaft. Die völlige Abgeschiedenheit, die Wiesen, der Bach und das nahe verschilfte Ufer gaben diesem Jagdbogen eine ganz besondere Note.
Auch ein etwas weiter vom Quartier gelegenes 3. Revier lag abseits der Touristenströme und bot den Seminateilnehmern einen Einblick in die Landschaft und das Jagen in Mecklenburg-Vorpommern.

Karge Wiesen, Kiefernwälder und verlandete Seen prägen das Bild der Landschaft auf Usedom













In Mecklenburg, in Mecklenburg,
da sind wir durch den Raps gegurkt












2. Die Teilnehmer:
Die wichtigste Frage vor dem Seminar war, ob sich Jungjäger und Lehrprinzen verstehen. Doch alle Bedenken lösten sich schnell in Luft auf. Obwohl auch die komfortabelste Ferienwohnung bei 3 Hunden und 4 Bewohnern eng wird, kamen alle Bewohner bestens miteinander aus. Der oft enge Zeitplan mit Morgenansitz, Frühstück, Hundearbeit, Revierfahrten und Abendsansitz forderte von allen Beteiligten eine hohe Disziplin. Auch der Golden Retriever Rüde Bobby, mit sichtlichen Anfangsproblemen im Gehorsam, war schnell "eingenordet" und fügte sich dem streng geregelten Tagesablauf.


3. Die Hunde:
Da beide Jungjäger ihre Hunde mitbrachten und viel Arbeit notwendig war, war ich froh, dass das Seminar sich nur auf 2 Teilnehmer begrenzte. Schon ein 3. Teilnehmer hätte eine optimale Beteuung nicht mehr gewährleisten können.
Die zahlreichen menschenleeren Uferbereiche mit Schilfgürteln boten ideale Bedingungen, um mit den Hunden die Wasserarbeit zu vertiefen.
DK Rüde Joe hatte ich mitgenommen, weil ich weiß, wie sehr sein Ehrgeiz geweckt wird, wenn er anderen Hunden beim Arbeiten zusehen muss. Meine Idee ging auch voll auf. Verbissen arbeitete Joe an seinen Apportierfähigkeiten, als er sah, wie gut die anderen Hunde den Fuchsdummy und das Apportel aus dem Wasser holten. Zudem kam es beim Jungjägerseminar zu einer kleinen Liebesgeschichte. Joe hatte sich in die Kleine Münsterländer Hündin Cassie verliebt. Während der Ruhephasen lag er neben ihr und wich ihr nicht mehr von der Seite. Sichtlich verliebt bewunderte er seine Angebetete.

Obwohl der Apport nicht sein Lieblingsfach ist, aktivierte die Arbeit der anderen Hunde seinen Ehrgeiz.
Joe bei der Wasserarbeit
































Joe mit Petriheil
Anstatt den Dummy zu apportieren, bringt Joe einen bereits ausgenommenen Karpfen, den er im Schilfgürtel fand.
































Da strahlt der Ausbilder!













Cassie
Cassie ist eine für Münsterländer ungewöhnlich ruhige Vertreterin. Es ist ein Augenschmaus, ihr bei der Quersuche zuzusehen. Ruhig und gründlich pflügt sie, ständig die Nase im Dreck, durch die Wiesen. Nur mit der Nähe zum Führer klappt es noch nicht, aber die Arbeit, den Hund enger an den Führer zu binden, machte bereits an den Tagen des Seminars Fortschritte. Die sensible Hündin, wegen Schussscheue als unbrauchbar abgegeben, hatte wohl den falschen Führer. Mit Bodo, ihrem neuen Herrn, wächst ein harmonisches Gespann heran, was große Hoffnungen weckt. Die zarte sensible Hundin paßt zu ihrem Führer, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.


Nicht nur der Dummy,...

















...sondern auch den schweren Apportierbock bringt die zarte Cassie sicher zu Führer














Üben der Quersuche auf den Wiesen am Rande des Achternwasser






























Bobby

Bobby, der Golden Retriever Rüde, ist ein Paradebeispiel völligen Versagens unkundiger Tierschützer. Scheinbar hatte niemand erkannt, dass Bobby kein Kuschelretriever ist, sondern deutlich alle Anzeichen einer Arbeitslinie in sich trägt. Diese völlig Fehleinschätzung führte dazu, dass es Bobby in 2 1/2 Jahren auf 6 Besitzer brachte.
Schon nach einigen Übungen am Grundgehorsam besserte sich sein anfänglich rüpelhaftes Verhalten. Doch am Wasser kam dann sein eigentlicher Arbeitswille zum Vorschein. Zwar paddelte er noch unbeholfen im Wasser, was bewies, dass Bobby bisher kaum am Wasser gearbeitet worden war, aber das schwere Apportel griff er ohne zu zögern und brachte es zum Ufer. Schnell begriff Bobby, was man von ihm will und die 4 Tage Seminar haben die ersten Weichen gestellt, dass Uwe wohl nun sein letzter Besitzer sein wird. Für mich der größte Erfolg auf dem Seminar.

Bereits am ersten Tag bringt Bobby das schwere Apportel...














...und bringt es tragend ans Ufer


















Auch am Gehorsam wurde gearbeitet:
Bobby wartet auf den Führer an der offenen Autotür

















Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Joe und Bobby üben das Ablegen.















Nach der Hundearbeit genossen alle die Stille und Ruhe der Insel














4. Revierarbeiten:
Das Ansprechen und Jagen sollte im Mittelpunkt des Seminars stehen. Doch auch ein wenig Informationen über Revierarbeiten sollten nicht fehlen, weshalb wir an einem Tag eine Revierfahrt zu den Kirrungen unternahmen und der der Bau zweier einfacher Erdsitze wurde in Angriff genommen.
Insbesondere das ausgeklügelte System der Beschickung der Kirrungen stieß auf großes Interesse. Es wurde aber auch klar, mit welch hohem Aufwand eine relativ kleine Jagd betreut werden muss, um am Ende eines Jagdjahres eine passable Strecke vorweisen zu können.


So muss es sein:










Die Lehrprinzen arbeiten...



























...und die Jungjäger fachsimpeln
















Auch die Hunde nutzen gern die Suhlen






Lesen und einstellen der Wilduhr












Wildackerbestellung














5. Ansitze:

Auf das Üben des Ansprechens hatten wir das besondere Augenmerk gelegt, weshalb beide Jungjäger zu allen Ansitzen begleitet wurden. Hier hatten wir großes Glück. Das Revier verfügte über einen besonders guten Wildbestand. Zudem hatte man von den Sitzen einen weiten Blick über das Tal und der Termin des Seminars war optimal gewählt, denn wir konnten das Rehwild in einer sehr bewegungsaktiven Zeit beobachten.
Von den Anblicken, die wir hatten, war selbst ich überrascht. Manchmal lief der Ansitz ab wie im Kino. Es konnte nicht nur Rehwild, sondern auch Rotwild und Sauen angesprochen werden. Und wenn dies gerade mal nicht da war, wer es ein Fuchs, der Seeadler oder irgedwelche seltenen Vogelarten, die den Ansitz jedesmal zu einem Erlebnis machte.
Als Pirschjäger kam auch ich an einem Abend auf meine Kosten. Einen weit entfernten Spießer im Bast haben wir angepirscht und kamen bis auf wenige Meter an ihn heran, aber mit der schnellen routinierten Schussabgabe wollte es dann doch nicht klappen, aber versucht hatten wir es und das war es allemal wert gewesen.

Fazit:
Auch wenn es mit dem Erlegen eines Jährlingsbockes nicht geklappt hat, so war das Jungjägerseminar ein voller Erfolg. Im Mittelpunkt stand die Aufgabe, den Jungjägern das Ansprechen in der Praxis zu lehren. Bei je 4 Abend- und Morgenansitzen mit großen Mengen an Wild sind die Jungjäger beim sicheren Ansprechen von Wild einen wesentlichen Schritt weiter. Die Landschaft von Mecklenburg-Vorpommern hat bewiesen, dass sie zu den wildreichsten Gegenden Deutschlands gehört und immer eine Reise wert ist.
Es waren sicherlich auch für mich die wildreichsten, aber auch die anstrengensten Jagdtage meines Lebens.
Wir werden das Jungjägerseminar auf Usedom auf jeden Fall wiederholen und das Seminar "Kahlwild richtig bejagen - Das Ansprechen und Erlegen des weiblichen Rotwildes" ist bereits für September geplant.

waidmannsheil

Euer

stefan


Die beiden Jungjäger 11 Jahre später


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