Fachgerechtes Bergen eines Kitzes aus einer Wiese
Photo: www.jaeger-wesermarsch.de
Wenn gegen Ende des Monats Mai wieder die Traktoren mit großer Geschwindigkeit mit den Kreiselmäher über die Wiesen fahren, überkommt den Jäger jedes Jahr ein mulmige Gefühl.
Lagen in der Wiese Kitze?
Wurde die Wiese vor dem Mähen abgesucht?
Als vor vielen Jahren noch mit dem Balkenmäher gemäht wurde, war die Geschwindigkeit des Traktors kaum höher als Schrittgeschwindigkeit. Zudem musste beim Mähen sehr genau die Wiese vor dem Mähbalken beobachtet werden. Schon geringe Unebenheiten konnten das Mähwerk blockieren. Diese niedrige Geschwindigkeit rettete vielen Kitzen früher das Leben, aber es kam auch bei zu spät erkannten Kitzen zu Verstümmelungen, ein Umstand, der so makaber es klingen mag, durch die hohen Geschwindigkeiten der Kreiselmäher nicht mehr vor kommt.
Langjährige Revierpächter kennen die von den Ricken bevorzugten Wiesen genau. Junge Revierpächter sollten sofort nach dem Pachtbeginn sorgfältig die Stellen in der Revierkarte eintragen, wo Kitze beim Absuchen gefunden wurden, um schnell herauszufinden, welches die bei den Ricken beliebtesten Wiesen sind.
Besonders ärgerlich ist es dann, wenn der Revierpächter das Absuchen der Wiesen mit den Mitjägern organisiert hat, aber der Landwirt sich bei den Jägern vor dem Mähbeginn nicht gemeldet hat. Da hilft die beste Organisation mit Helfern nichts, wenn man plötzlich an einer frisch gemähten Wiese vorbei fährt und vom Mähtermin nichts wusste.
Bei vielen Jägern ist das vor einigen Jahren ergangene Urteil bekannt, das einen Landwirt wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz bestrafte, weil er es unterließ, vorsorglich die Wiesen abzusuchen, und somit den Mähtod von 5 Kitzen billigend in Kauf nahm.
Wichtig ist aber auch, Landwirte, die es immer noch nicht für nötig befinden, den Revierpächter über den anstehenden Mähtermin zu unterrichten, zu informieren, dass das Mähen der Wiesen ohne Prüfung ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ist, sollte es zum Mähtod von Kitzen kommen.
Sollte also einmal wieder ein Jäger vor einer gemähten Wiese stehen, dessen Mähtermin ihm nicht mitgeteilt wurde, sollte er zumindest den Landwirt, der das Informieren des Jagdpächters unterließ, über das Urteil aufklären, damit das Absuchen vor dem Mähen im nächsten Jahr organisiert werden kann.
Hier das Urteil vom Amtsgericht Pirmasens, Urt. v. 2.8.2001 – 4008 Js 8545/00.1 Cs – im Wortlaut:
waidmannsheil
Euer
stefan
I. Die Rechtsgrundlage
„Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet." § 17 Nr.1 TierSchG.
II. Der Sachverhalt
Am Vormittag des 5. Juni 2000 mähte der Bauer B. mit einer Mähmaschine seine Wiese. Er hielt es für möglich, dass sich auf dem Gelände Rehkitze befinden und sie dadurch getötet werden würden. Gleichwohl führte er seine Arbeit durch. Dabei nahm er den Tod der Kitze billigend in Kauf, weil er an diesem Tage unbedingt seine Wiesenfläche mähen wollte. Tatsächlich waren in der Wiese fünf Kitze abgelegt, die durch das Mähen getötet wurden.
III. Das Urteil
Das Gericht verurteilte B. zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 DM, insgesamt also 3600 DM. Zusätzlich wurden B. sämtliche Verfahrenskosten auferlegt. Nach dem vorliegenden Sachverhalt stehe fest, so das Gericht in seiner Begründung, dass B. die fünf Rehkitze vorsätzlich ohne vernünftigen Grund getötet habe. Damit habe er nach § 17 Nr.1 TierSchG eine Straftat begangen.
Unter Berücksichtigung der Höhe des Einkommens von B. und der Anzahl der Tagessätze sei ein Betrag von 30 DM je Tagessatz tat- und schuldangemessen. Amtsgericht Pirmasens, Urt. v. 2.8.2001 – 4008 Js 8545/00.1 Cs –
IV. Anmerkungen vom Jagdrechtsexperten Mark G. v. Pückler
1. Zum Urteil: Es ist schon erstaunlich, mit welcher Rohheit und Rücksichtslosigkeit hier gegen das noch völlig fluchtunfähige Wild vorgegangen wurde, um eigene Interessen umzusetzen. Bedenkt man, dass Landwirt B. noch nicht einmal nach dem zweiten und dritten getöteten Kitz das Mähen unterbrach und den Rest der Wiesen kontrollierte oder den Pächter darum bat, so erscheint die verhängte Geldstrafe noch sehr milde.
Trotzdem ist das Urteil ein Lichtblick. Denn es stellt klar, dass auch beim Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen auf den Tierschutz zu achten ist. Das bewusste Inkaufnehmen vermeidbarer Verletzungen und Tötungen stellt nach dieser zutreffenden Entscheidung eine Straftat nach dem Tierschutzgesetz dar.
2. Zur Rettungspflicht: In diesen und ähnlichen Fällen stellt sich die Frage, was von Landwirten und Grundstückseigentümern verlangt werden kann, um das Ausmähen von Jungwild und Gelegen wenigstens zu reduzieren. Ganz verhindern wird man das nie können. Ausgangspunkt hierbei ist, dass der Landwirt als Verursacher der Gefahr nach dem Tierschutzgesetz allgemein gehalten ist, vermeidbare Tötungen und Verletzungen zu verhindern. In diesem Sinne bedeutet „vermeidbar", dass die Beeinträchtigungen durch besonders sorgfältiges Verhalten und zumutbare Verhütungsmaßnahmen abgewendet oder vermindert werden können.
Zumutbar ist es daher, dass der Bauer den zuständigen Jagdausübungsberechtigten oder seinen Vertreter (Jagdaufseher) rechtzeitig vor dem Mähen benachrichtigt, damit dieser durch Absuchen und Anbringung von Wildscheuchen die Gefahr verringern kann. Ist das zeitlich nicht mehr möglich, so ist der Landwirt gehalten, das Gebiet selbst zu kontrollieren und das vorgefundene Jungwild/Gelege ausreichend weiträumig zu umfahren, um dem Tierschutz zu entsprechen. Zusätzlich sind geeignete Wildretter zu verwenden, um den Schutz der Tiere zu erhöhen. Das gilt umso mehr, als der Landwirt als Grundeigentümer und damit als Inhaber des Jagdrechts nach § 3 Abs.1S.1 BJG in Verbindung mit § 1 Abs.1 S.2 BJG auch hegepflichtig ist. Als solcher ist er gesetzlich verpflichtet, Gefahren vom Wild abzuwenden, soweit ihm das möglich und zumutbar ist. Die bewusste Inkaufnahme von Schädigungen, die ohne großen Aufwand vermeidbar sind, stellt eine schwere Verletzung dieser Pflicht dar. Handelt es sich um eine Wiese, in der es bereits in den vergangenen Jahren zu Wildverlusten gekommen ist, so drängt es sich geradezu auf, dass wieder mit Jungwild zu rechnen ist und daher Verhinderungsmaßnahmen durchzuführen sind.
Weitere Berichte zum Thema Mähtod:
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23.5.07
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