Verfolgt man als Blogger aufmerksam die Meinung in unserer Gesellschaft zum Internet, und hier insbesondere das Verhältnis zum web 2.0 (Blogs, Foren), so kann man erstaunlich unterschiedliche Standpunkte feststellen.
Der einfache Bürger begrüßt es, dass er sich erstmalig in der Menschheitsgeschichte kostenlos mit Informationen versorgen kann. Zwar wird es immer schwieriger, sich im Datenmüll die benötigte Information zu besorgen und die vielschichtige Meinung ist oft verwirrend, aber wer sich in das web 2.0 einmal eingearbeitet hat, der will die Vorzüge der kostenlosen Informationsbeschaffung nicht mehr missen.
Völlig anders hingegen das Verhalten der ethablierten Verbände, Parteien und Großkonzerne. Bei ihnen diagnostiziert man einhellig, dass das Internet, insbesondere das web 2.0 bei den Funktionären und Vorständen auf große Skepsis, ja oft sogar Ängste hervorruft. Hier fragt man sich, was ist es, das diese diese Ängste auslöst?. Doch diese Ängste sind leicht erkärbar, wenn man genügend historische Kenntnisse über das Zustandekommen des urdeutschen Verbändewesens hat.
Deutschland ist ein traditioneller Verbändestaat. Monopolartig werden Bürger, Freiberufler und Firmen in Verbänden und Kammern oft zwangsweise zusammengefaßt. Diese Zwangsmitgliedschaften haben in der praktischen Umsetzung zu einer völligen Entmündigung des einzelnenen Bürgers geführt. Diese Verbände und Kammern sind willfährige Vollstrecker der Politiker, die mit Hilfe der monopolartigen Verbands- und Kammerstrukturen wichtige politische Entscheidungen umsetzen. Deshalb sprechen Politikwissenschaftler auch gerne über die deutsche Demokratie euphemistisch von einer "Demokratie von oben".
Mit Argusaugen wachen die Verbandsfürsten über aufkommenden Wettbewerb. Doch ein ganz besonderes Anliegen ist für sie eine gleichgeschaltete Presse, schließlich soll dem unmündigen Bürger vorgegaukelt werden, dass eine Demokratie von oben nicht nur die für ihn beste Demokratieform ist, sondern auch dazu führt, dass der gesellschaftliche Konsens gewahrt bleibt.
Und genau hier liegt der Grund für die aus Sicht der Funktionäre beängstigende Entwicklung des Web 2.0:
Eine nicht mehr kontrollierbare Presse und die freie Informationsbeschaffung des einfachen Bürgers, der sich dadurch aus seiner Unmündigkeit befreien kann.
Nun fragt sich der JagdBlogleser sicherlich , warum ich dies alles schreibe.
Seit 1 1/2 Jahren nun schreibe ich im Jagdblog. Ich mache dies ohne wirtschaftliches Interesse. Natürlich freue ich mich, wenn hübsche Frauen animiert durch die Jagdhundeseiten mit ihren Jagdhunden zu mir kommen und ich ihnen die Grundlagen der Jagdhundeausbildung beibringe. Auch zahlreiche emails, in denen Jägerinnen und Jäger sich über die regelmäßigen Beiträge freuen, ermuntern mich immer wieder, weiter zu schreiben und dies ist mein Lohn.
Aber auch pöbelnde emails von militanten Naturschützern treffen bei mir ein. Nach dem Durchlesen drücke ich schmunzelnd die Löschtaste - und schreibe weiter.
Eine Quote von 135 Besuchern/Tag beweist, dass das JagdBlog zu einem kleinen Teil der Internetmedienlandschaft geworden ist. Als ich nun einige Wochen nichts schrieb und eine schöpferische Pause einlegte, bekam ich sogar eine rührige email, in der sich eine Stammleserin um mein Wohlergehen sorgte.
Als ich letzte Woche eine Rundemail versendet habe, in der ich das Ende meiner schöpferischen Pause ankündigte, bekam ich eine Rückemail, in der das JagdBlog mit juristischen Schritten bedroht wurde. Eigentlich wollte ich sofort auch hier die Löschtaste drücken, doch als Internetpublizist googelte ich den Namen des Adressaten und wurde fündig: Der Absender, der mir mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung drohte, ist Herr Lutz Dolling, Mitglied des Präsidiums des LJV Brandenburg. Lange habe ich überlegt, ob ich die emails des Herrn Lutz Dolling hier im Blog veröffentliche sollte, doch da ich so viele aufmunternde emails bekomme und zudem noch nie mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedroht wurde, veranlaßte mich die email dazu, sie hier ins Blog zu stellen.
Mir stellte sich sofort die Frage, was einen Funktionär eines Jagdverbandes veranlasst, solch schwere Geschütze gegen ein so bedeutungsloses Blog aufzufahren. Es ist wohl auf die Angst unserer Funktionäre zurückzuführen, die durch das unkonrollierbare Internet ihre monopolistischen Machtstrukturen gefährdet sehen. Anders ist die aggressive Bedrohung durch einen Verbandsfunktionär nicht erklärbar.
Ich sehe der strafbewehrten Unterlassungserklärung übrigens mit großer Gelassenheit entgegen. Alle Begründungen der Unterlassungserklärung des Herrn Dolling beziehen sich auf Werbemails, die ich allerdings noch nie versandt habe. Das Blog ist ein Informationsportal, vertreibt keine Produkte oder Dienstleistungen und somit ist dem JagdBlog auch keine Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen. Herrn Dolling habe ich natürlich trotzdem aus meinem Verteiler gelöscht.
Die Aggression, mit der Funktionäre das neue Medium web 2.0 bedrohen, macht einen traurig, haben doch unsere Funktionäre immer noch nicht begriffen, dass das Internet unsere Gesellschaft bereits verändert hat und noch weiter verändern wird. Die Funktionäre unserer Verbände sind, das beweist der Emailverkehr des Herrn Dolling, die größten Besitzstandswahrer unserer Nation und tragen entscheidend zur erstarrten Gesellschaft bei. Ermöglicht aber wird diese Erstarrung durch den unmündigen Bürger, der immer noch treu und brav seine Beiträge an die Verbände überweist.
Deshalb heißt die Devise aller Jägerinnen und Jäger:
Die Profilneurose ewiggestriger Funktionäre ignorieren, und fleißig zur Jagd gehen, solange man es kann!!
waidmannsheil
Euer
stefan
Nachfolgend die stümperhaften Laienschriftsätze des Herrn Lutz Dolling vom LJV Brandenburg
From: lutz dolling
Date: 31.10.2008 15:38
Subject: Re: Finanzkrise und Förster
To: JagdBlog@gmail.com
Herr Fügner,
scheinbar versuchen Sie, meine Geduld zu testen.
Erneut habe ich von Ihnen UNVERLANGT eine E-Mail erhalten.
Ich habe Sie bereits zweimal gemahnt, dieses zu unterlassen.
Alle guten Dinge sind 3. (Jägerbonus!)
Bei der nächsten E-Mail von Ihnen geht der gesamte Schriftverkehr
automatisch zu meinem Anwalt und ich erwirke eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung.
Wir sind inzwischen bei einem Streitwert von 15.000 EUR angelangt.
Lutz Dolling
PS: Gegen die Impressumspflicht (§5, TMG) verstoßen Sie übrigens auch.
Wie sich aus § 55, Rundfunkstaatsvertrag (RStV) ergibt, trifft einen
Anbieter nur dann keine Impressumspflicht, wenn sein Angebot
ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dient.
Ich habe eine Kopie Ihres Blogs gesichert. Wir verhandeln das dann gleich mit.
From: lutz dolling
Date: 21.03.2008 21:53:37
To: JagdBlog@Gmail.com
Subject: Re: JagdBlog - Nachricht bei neuem Beitrag?
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich mache Sie darauf aufmerksam, dass lt. ständiger Rechtssprechung des
Landgerichtes Berlin bereits das einmalige unerwünschte Versenden einer E-Mail
einen strafbewehrten Unterlassungsanspruch bewirken kann. Als
Streitwert werden 5000,00 EUR angesetzt (Aktenzeichen 15 O 995/06)
Weiterhin verweise ich auf das BGH - Urteil vom 11.03.2004 - I ZR 81/01 (E - Mail-
Werbung - Spam)
a) Die Zusendung einer unverlangten E-Mail zu Werbezwecken verstößt grundsätzlich
gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Eine solche Werbung ist nur dann
ausnahmsweise zulässig, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent sein
Einverständnis erklärt hat, E-Mail-Werbung zu erhalten, oder wenn bei der Werbung
gegenüber Gewerbetreibenden aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein
sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann.
b) Ein die Wettbewerbswidrigkeit ausschließendes Einverständnis des Empfängers der
E-Mail hat der Werbende darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
c) Der Werbende hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß es nicht zu
einer fehlerhaften Zusendung einer E-Mail zu Werbezwecken aufgrund des
Schreibversehens eines Dritten kommt.
In der Rechtsprechung ist die unverlangte Zusendung von E-Mails mit Werbung daher
ganz überwiegend unter dem Gesichtspunkt belästigender Werbung zu Recht als
unzulässig angesehen worden (vgl. zu § 1 UWG: LG Traunstein NJW 1998, 1648; LG
Hamburg WRP 1999, 250; LG Ellwangen MMR 1999, 675, 676; vgl. auch KG MMR
2002, 685 = CR 2002, 759; LG Berlin MMR 1999, 43; MMR 2000, 704).
Sollte ich von Ihnen weiterhin in jeglicher Form unverlangte Werbung erhalten, werde
ich die entsprechenden rechtlichen Schritte einleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Dolling
1.11.08
Bedroht das Internet die Allmacht der Jagdverbände?
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4 Kommentare:
hallo stefan, wie ist denn der herr dolling in deinen email-verteiler gekommen? grüße
Durch das DJV KJS Verzeichnis im Internet.
http://www.jagdnetz.de/LJV-BB/Fuerstenwalde/
stefan
Herr Fügner.
Wie ich sehe, müssen wir ein paar Dinge vom Kopf wieder auf die Füße stellen.
Ihren Jagdblog habe ich weder bedroht, noch bin ich aggressiv gegen Veröffentlichungen von Jägern im Netz.
Es ist eher das Gegenteil der Fall und ich begrüße ausdrücklich Veröffentlichungen, die die Jagd ins Tageslicht bringen und damit auch für Nichtjäger sichtbar machen.
Wogegen ich mich aber wehre, ist das unverlangte Zusenden von Werbepost.
Auch wenn Sie scheinbar über den Inhalt Ihrer E-Mail scheinbar anderer Meinung sind, handelt es sich nichtsdestotrotz um solche.
Und hier hat der Gesetzgeber aus gutem Grund die Schranken etwas höher gehängt. Auch wenn ich neben meiner selbstständigen beruflichen Tätigkeit und der Jagd noch sehr zeitintensive Ehrenämter bekleide, heißt das nicht, dass ich auf meine Privatsphäre verzichten muss.
Es sind ja nicht nur Sie, die mir Post ins Haus schicken. Ich erhalte am laufenden Band Werbeanrufe, Werbemails und Werbepost für unterschiedlichste Produkte rund um die Jagd in nicht gerade unerheblicher Anzahl. Im Volksmund auch Spam genannt.
Angefangen bei Apfeltrester zu „Sonderkonditionen“ für die Mitglieder des von mir geleiteten Kreisjagdverbandes, über „exklusive“ Geschenke für die Ehefrauen, bis hin zu Zuchtenten für die Hundeabrichtung.
Hinzu kommen noch die Werbeangebote im Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit.
Ich gehe davon aus, dass auch Sie selbst bestimmen möchten, wer über Ihre Zeit und Ihr Leben verfügen kann.
Gestehen Sie mir bitte das gleiche Recht zu.
Ich stehe dazu, dass ich in meiner Freizeit im Präsidium des LJVB tätig bin. Ich kann aber nicht verstehen, weshalb Sie den Eindruck erwecken, dass ich meine E – Mail mit Lutz Dolling, „Mitglied des Präsidiums des LJV Brandenburg unterschrieben habe“! Ich habe einzig und allein mit meinem Namen unterzeichnet.
Versuchen Sie hier ohne Not Spaltung der Jägerschaft zu betreiben?
Sie kennen mich nicht, versuchen aber, mir durch tendenziöse Schreibweise („monopolistischen Machtstrukturen“, „Profilneurose“) bestimmte Denk- und Verhaltensweisen zu unterstellen. Gleich noch verbunden mit einem Rundumschlag gegen ominöse Funktionäre. Ist hier der Wunsch der Vater des Gedankens?
Wenn Sie Kritik haben, bringen Sie sich bitte im Verband ein und versuchen Sie gemeinsam mit anderen, änderswertes zu verändern. Nicht das Wort, sondern die Tat schafft Entwicklung.
Sie können gern bei mir im Kreisjagdverband Mitglied werden und sich dann auch als gewählter ehrenamtlicher Funktionär für die Jagd engagieren. Wir sind immer dankbar für aktive Mitglieder, die etwas bewegen wollen!
Aber zurück zur Rechtsfrage: Was Sie als „stümperhafte Laienschriftsätze“ bezeichnen, ist ein Text der Verbraucherzentrale.
Wie Sie selbst eingestehen, habe ich mich eben nicht(!) selbst als Leser Ihres Blogs angemeldet. Sie haben sich meine E – Mail aus den Seiten des LJVB geholt und mich ohne Zustimmung in Ihren Verteiler aufgenommen.
Daraufhin erhielt ich am 21.0308, am 29.08.08 und auch am 31.10.2008 unverlangt Post von Ihnen. Bereits nach der ersten E – Mail habe ich Sie darauf aufmerksam gemacht, dass ich keine weitere Post von Ihnen wünsche.
Ebenfalls nach der zweiten E – Mail.
Was muss man Ihrer Meinung nach tun, um sein Recht auf Privatsphäre wahren zu können? Oder habe ich ein solches nicht, nur weil ich freiwillig ehrenamtlich für die Jagd tätig bin?
Es entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen, dass Sie, weil sie keine Gewinnerzielungsabsicht haben, die Grenzen des TMG und des Datenschutzes außer Betracht lassen können.
Ich empfehle Ihnen hier in Ihrem eigenen Interesse eine anwaltliche Beratung. Schon allein deshalb, weil eben nicht alle den Jägern wollgesonnen sind und auch meine Geduld haben. Vielleicht kann Ihnen aber auch schon ein rechtskundiger Leser Ihres Blogs helfen.
Herr Fügner, ich hoffe Sie sind Manns genug, meine Antwort zu veröffentlichen.
Weidmannsheil, Lutz Dolling
Hallo Stefan,
Herr Dolling hat völlig recht (im aller wahrsten Sinne des Wortes), wenn er auf sein Recht auf Privatsphäre besteht und dir verbietet, ihm weitere unaufgeforderte Mails zu schicken.
Zudem verstehe ich beim besten Willen nicht, was das mit monopolistischen Machtstrukturen,einer Profilneurose oder ähnlichem zu tun haben soll.
Hier bist du meiner Meinung nach deutlich übers Ziel geschossen und hast die Bitte des Hern Dolling- auf die Zudendung weiterer Mails zu verzichten- dazu verwendet, deine Aversionen gegen Verbandsstrukturen in schriftlicher Form zu verwursten.
Ich hoffe, wie Herrn Dollinger, dass du Manns genug bist seine Stellungnahme zu veröffentlichen (nicht nur über den Umweg des "Kommentarfeldes").
Viele Grüße
Bodo (vom Lehrprinzseminar)
PS: Ich lese auch recht häufig deinen Blog und freue mich, wenn neue Artikel gepostet werden. Dieser Artikel von dir ging mir allerdings deutlich zu weit.
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