3.6.08

Der Begehungsscheininhaber als Jagdaufseher

Dass früher alles besser war ist eine Redensart, die gerne gebraucht wird, wenn sich etwas nicht unbedingt zum Besseren verändert hat. Natürlich wird dann vergessen, dass in der Vergangenheit auch nicht alles zum Besten stand.
Doch was sich in den letzten Jahrzehnten bei der jagdlichen Betreuung unserer Reviere geändert hat, bedarf der Korrektur.

Als ich als Jungjäger vor 30 Jahren die ersten Jagdeinladungen erhielt und andere Reviere kennen lernte, war der Jagdaufseher ein fester Bestandteil der Jagd. Meist im Dorf wohnend oder zumindest aus dem Nachbarort kommend, war er im Gegensatz zum Jagdpächter immer anwesend. Seine Freizeit widmete er der Jagdaufsicht, seinen Urlaub nutzte er zum Hochsitzbau oder um während der Blatt- oder Brunftzeit dem Jagdpächter zur Hand zu gehen. Bei Wildunfällen war er stets für die Einwohner und die Polizei erreichbar. Auch hatte er meist die notwendige Zeit, einen brauchbaren Jagdhund zu halten, der Nachsuchen ermöglichte oder um angefahrenes Wild zur Strecke zu bringen. Natürlich war der Umgang mit dem oft eigenwilligen Jagdpächter nicht einfach, aber die Arbeit im Revier entschädigte ihn für viele Unannehmlichkeiten mit dem Jagdpächter und seinen Jagdgästen. Auch erhielt er für seinen Einsatz eine kleine Entschädigung. 100-200 DM bekam er als Aufwandsentschädigung und 1 bis 2 Rehe, die er anlässlich der Bejagung des weiblichen Rehwildes schoss, durfte er behalten.

Viele dieser treuen Jagdaufseher verrichteten ihren Dienst über Jahrzehnte im gleichen Revier und nicht selten wurden sie vom nachfolgenden Jagdpächter ohne große Ausschreibung erneut übernommen.

Dieser Jagdaufseher, wie er früher die Regel war, ist heute weitestgehend vom zahlenden Begehungsscheininhaber abgelöst worden. Viele Jagdpächter glauben, dass man die Kosten für einen Jagdaufseher sparen kann, indem man stattdessen einen Begehungsschein auslobt, der zusätzlich zum zu zahlenden Jahresbeitrag zu Revierarbeiten verpflichtet.
Nach der Devise: Warum soll ich einen Jagdaufseher bezahlen, wenn der Begehungsscheininhaber bereit ist, nicht nur die notwendigen Revierarbeiten zu erbringen, sondern auch noch dafür zahlt?

Immer wieder berichten mir Jungjäger, die sich auf diese Vereinbarung eingelassen haben, dass die Konstellation nicht lange aufrecht zu halten ist.
Fehlende Reviernähe macht es wegen der Fahrtkosten und der Fahrzeit unmöglich, die notwendigen Revierarbeiten langfristig zu erbringen. Kosten für Unterbringung und fehlende jagdliche Erfahrungen führen früher oder später zur Rückgabe dieses entgeltlichen Begehungsscheins.
Zudem wird es immer schwieriger zu begründen, warum man nicht nur zahlen, sondern auch noch arbeiten soll, um die Jagd ausüben zu dürfen. Fast alle diese Vereinbarungen halten selten länger als 1-2 Jahre. Frustrierte und enttäuschte Jungjäger und Jagdpächter sind das Ergebnis.

Zusammenfassend lässt sich sagen:
Der Versuch, den Jagdaufseher durch zahlende Begehungsscheininhaber zu ersetzen, ist gescheitert. Die Konstellation, einen Jungjäger zu Revierarbeiten zu verpflichten, um dafür auch noch zu bezahlen, hat nachweislich keinen Bestand.

Ein gut geführtes Revier muss von einem erfahrenen Jagdaufseher betreut werden. Dieser Jagdaufseher muss am Ort wohnen oder zumindest nur wenige Kilometer vom Revier seinen Wohnsitz haben, um jederzeit erreichbar zu sein. Auch eine kleine Entschädigung, auch wenn sie nur einen symbolischen Wert darstellt, ist notwendig, um die oft mühsamen Revierarbeiten, Jagdhundausbildung, Nachsuchen und die Rufbereitschaft bei Wildunfällen von der reinen Jaggausübung klar zu trennen.

Der Jungjäger, der im Besitz eines Begehungsscheins ist, sollte unter Aufsicht des Jagdaufsehers die Jagd ausüben können und ist unter dieser Konstellation auch bereit, dafür zu zahlen. Revierarbeiten und Jagdausübung sind aber klar zu trennen. Nur so erfüllen entgeltliche Begehungsscheine langfristig ihren Zweck.

waidmannsheil

Euer

stefan


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6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich gehe einen Schritt weiter und fordere: Nur ortsansässige/ortsnahe Jäger dürfen Hauptpächter eines Revieres werden. Die Bejagung erfolgt nur so nach den örtlichen Notwendigkeiten. Immer wieder habe ich Jagdaufseher (auch hauptberuflich als solche angestellte) erlebt, die schon nach kurzer Zeit das Handtuch warfen, weil die jagdlichen Ansichten des Pächters/Revierinhabers überhaupt nicht mit den Erfodernissen vor Ort vereinbar waren. Was juckt es z.B. den Eigenjagdinhabers (nur Wald), wenn die überhöhten Bestände in seinem Wald den Bauern ringsum Schaden anrichten. Braucht er doch hoche Strecken bei den jährlich nur zweimal durchgeführten Drückjagden - sonst Jagdruhe!

Zum Glück setzt langsam ein Überdenken bei den Jagdgenossenschaften und Forsten ein. Oft findet man in Ausschreibungen für Jagdpachten Zusätze wie "... nur an Jäger im Umkreis von 50km...". Geld allein regiert wohl doch nicht die Welt...

Anonym hat gesagt…

Wenn der "ortsnahe" Jäger nichts oder das Falsche tut, hilft das wohl auch nicht.
Und auch bei der Jagdverpachtung gilt: Gier frisst Gehirn!

Anonym hat gesagt…

Doch, es hilft. In der Regel wissen die "Opfer" dann genau wo die "Täter" wohnen, Du verstehst?

Anonym hat gesagt…

Ein Jagdaufseher kostet Geld. Von einem Begehungsscheininhaber (am besten williger und unerfahrener Jungjäger) lassen sich zB 1500 Euro für folgende Leistung abgreifen:

- Niederwildrevier, Rehwild und Schwarzwild
- Sauen auf dem Feld ganzjährig frei
- Im Winter eine (!) Kirrung für Sauen
- Weibliches Rehwild frei, alle zwei Jahre einen 6er Bock

Der Jungjäger hat noch eine Anfahrt von 60 km, sprich er wird viel Geld für wenig Jagderlebnis zahlen. Ein jeder mag sich darüber ein eigenes Urteil bilden.

Anonym hat gesagt…

"Jagdaufseher" sind doch fast alle die einen Jagdschein und den dazugehörigen Jagdwagen haben.
Das Schild "Jagdschutz" fährt doch fast jeder Grüne Abiturent spazieren.
Oder ist das nur Anmaßung jagdlicher Wichtigtuer?

Anonym hat gesagt…

Jagdschutzberechtigt ist generell nur erst einmal der Pächter/Eigenjagdinhaber und der Förster. Dies Personengruppen haben diese Berechtigung aber ausschliesslich in dessen Revieren. Das Anbringen des Schildes "Jagdschutz" am PKW, welches ja ein besonderes Recht deutlich macht, ist deshalb eigentlich auch nur in den Revieren der Jagdschutzberechtigten erlaubt. Neben diesen Personengruppen kann auch von Amts wegen ein staatlicher Jagdaufseher für ein bestimmtes Gebiet (z.B. Landkreis) bestimmt werden. Dieser ist dann in allen Revieren seines "Gebietes" Jagdschutzberechtigt.

Überdies können Jagdschutzaufgaben ganz oder teilweise (in manchen Bundesländern gibt es da Einschränkungen) auf Begehungsscheininhaber übertragen werden, also auch an alle, die "eben erst ihr grünes Abitur in der Tasche haben".

Inwieweit das Sinn macht, einem unerfahrenen Jäger diesen komplexen und sensiblen Bereich der Jagd zu überlassen, sei dahingestellt.

Auch ist fraglich welchen Sinn solche Schilder an PKW machen, ausser, dass man damit nachts Streife fahrenden Polizeibeamten sofort klar macht, dieses Auto steht hier mitten im Wald nicht ohne Grund.