17.1.07

Jeder Tag ist ein Jagdtag, aber nicht jeder Tag ist ein Beutetag

Wenn es Ende Januar für Jäger und Jagdhund wieder heißt "Hahn in Ruh´" stellt sich für den Hundeführer immer wieder die Frage der Auslastung seiner Hunde außerhalb der Jagdzeiten.

Als vor einigen Wochen diese Frage im Jagdhundehalterforum gestellt wurde, schrieb ich spontan nachfolgende kleinen Geschichte.

Auch ein wenig wehmütig gedachte ich meiner Wachtelhündin Dixi, die ich kurz zuvor einschläfern lassen musste, nachdem sie mich über 12 Jahre auf allen meinen Wegen begleitet hatte.


Jeder Tag ist ein Jagdtag, aber nicht jeder Tag ist ein Beutetag

Seit Stunden sitze ich ununterbrochen am Computer und schreibe mal wieder einen dieser Berichte für eine Internetveröffentlichung und habe dabei völlig die Zeit vergessen. Brav liegt meine Wachtel unter dem Schreibtisch und nimmt das unbequeme liegen auf dem Kabelsalat und den Steckerleisten in Kauf, schließlich ist der direkte Platz unter Herrchen niemals der bequemste, aber immer der schönste! Irgendwann steht sie auf und stößt mit dem Fang gegen meine Hand, ich merke es nur nebenbei, streichele sie kurz und schreibe weiter.

Sie verlässt das Büro und trollt sich. "Prima, da kann ich ja weiterschreiben", denke ich noch, als ohrenbetäubender Lärm ihre Rückkehr ankündigt. Die sperrige Plastikgießkanne, das einzige was ihr als Spielzeug geblieben ist, bei dem ich niemals "Aus" brülle, wird beutelnd gegen die Möbel geschlagen, unter den Schreibtisch gezerrt und dort malträtiert.

"Du hast es mal wieder geschafft und mich überzeugt" denke ich, speichere den geschrieben Text ab, schalte den Computer aus und will mich ankleiden. Sofort ist die Gießkanne vergessen, dafür macht helles unerträgliches Bellen das Ankleiden unerträglich. Seit 2 Tagen winterliches Regenwetter und immer nur eine kleine Runde, jetzt fordert sie endlich ihre Beschäftigung.

"Die sollst Du haben!" denke ich und hole das 3 kg Apportel. Doch anstatt sich etwas zu beruhigen, ist meine Wachtel nun völlig außer Rand und Band, schließlich weiß sie jetzt, dass es zum Rheinufer geht!

Zitternd vor lauter Gier sitzt sie im Auto auf dem Weg zum Rhein und der Weg dorthin im Berufsverkehr scheint auch ihr wie eine Ewigkeit vorzukommen. Einige 100 Meter vor dem Ufer wird das Auto abgestellt und meine Wachtel wartet geduldig, bis alle Türen verschlossen sind und ich alles am Mann habe. Doch dann ist sie nicht mehr zu bremsen! Im Schweinsgalopp geht es zur steilen Uferböschung des Rheins, wo sie geduldig auf mich und das Apportel wartet. Der wartende, brav dasitzende Hund ohne Herrchen zieht erste neugierige Blicke von Promenadenbesuchern auf sich. Als auch ich die Uferböschung erreiche tänzelt sie in ihrer ungeduldiger Sitzhaltung.

Ich prüfe die steile Uferböschung mit ihren groben Flusssteinen, die die Zerstörung durch die Strömung des Rheins verhindern sollen und suche eine Stelle, wo ich das Apportel möglichst weit in den Rhein werfen kann. Viel Zeit habe ich nicht, da ein helles Bellen des Hundes die Ungeduld verkündet. Ich gehe etwas zurück, um Anlauf zu nehmen. Dann werfe ich das Apportel und es landet weit im Rhein. Einen Augenblick noch warte ich, bis die Strömung das Apportel abgetreiben hat und dann heißt es "Apport".

Als Hund und Apportel von der Strömung mitgerissen werden, sehe ich die entsetzten Blicke der Promenadenbesucher und in ihrem Blick lese ich nur ein Wort: "Tierquäler!", sage aber nichts.

200 Meter stromabwärts hat meine Wachtel das Apportel eingeholt, greift es, kehrt um und erreicht weitere 200m weiter flussabwärts für mich kaum noch sichtbar das Ufer. Mit dem schweren Apportel erklimmt sie die Uferböschung, jagt in schnellem Schritt an Land wieder rheinaufwärts zu mir und setzt sich mit dem Aportel brav vor mich. Auf das Kommando "Aus" erhalte ich das Apportel und sie setzt sich wieder erwartungsvoll neben mich.

"Der Hund macht das ja gerne!" stellt ein Promenadenbesucher erstaunt fest. "Klar, deshalb sind wir ja hier!" antworte ich, werde aber sofort durch ein ungeduldiges Bellen meiner Wachtel an einer weiteren Konversation gehindert. Sofort werfe ich das Apportel wieder in den Rhein, schließlich ist der Wunsch meines Hundes mir Befehl!

Eine immer größere Menschenmenge bildet sich und verfolgt teils ängstlich und teils erstaunt, wie der Hund beim Apportieren gegen die Strömung im eiskalten Wasser ankämpft, um wieder zum Ufer zu gelangen. Nachdem ich unseren "Kampfapport" etwa 10 mal wiederholt habe, kommt eine zögerliche Frage eines Spektanten: "Wie oft macht der Hund das denn?" Ich antworte: "Im Zweifelsfalle bis er tot umfällt oder ertrinkt. Aufhören kennt er nicht, es ist ein Jagdhund!" Kopfschüttelnd wendet sich der Fragende ab.

Irgendwann, nach über einem Dutzend Apportiervorgängen, merke ich, dass die Kräfte meiner Wachtel nachlassen und als sie wieder bellend das Wegwerfen fordert, sage ich "Aus". Aber sie ignoriert den Befehl und setzt ihren Bettelblick auf, der da lautet: "Bitte, bitte nur noch ein einziges mal!" Ich lasse mich erweichen und das Apportel landet letztmalig, allerdings etwas näher zum Ufer, erneut im Rhein.

Zufrieden laufen wir zum Auto. Kaum habe ich den Parkplatz verlassen, fällt mein Wachtel in einen tiefen Schlaf. Zuhause gibt es das stärkende Futter und danach geht es wieder unter Herrchens Schreibtisch zum Schlafen. Jetzt kann Herrchen sich wieder mit diesem schwachsinnigen Computer beschäftigen, egal, wichtig ist nur, dass Herrchen nie vergisst, was für Hund und Jäger gleichermaßen gilt:

"Jeder Tag ist ein Jagdtag, aber nicht jeder Tag ist ein Beutetag"

Waidmannsheil


Euer




stefan

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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Heute wird der Begriff Jagdtag wohl fälschlischerweise verstanden. Ich schliesse mich Stefan an, der eindrücklich schildert wie die Beziehung Jagdtag-Beutetag zu verstehen ist.
Viele meiner jagdlichen Bekannten, die auch Hunde führen, werden nach dem "Hahn in Ruh" sehr faul was die Betreuung des Hundes angeht. Wegsperren in den Zwinger, oder einfach nicht mehr aktiv mit dem Hund unternehmen.
Aber ist es nicht so, daß ein Hund, ein Jagdhund immer ein Hund ist ? Oder kennt der Jagdhund den Tag, wo Hahn in Ruh ist ? Stellt er dann seine Nase ab, oder was macht er ?
Die Arbeit mit dem Hund sollte doch selbstverständlich sein. Auch ich gehe mit meinem Hund natürlich auch in diesen Zeiten raus,um seiner Passion nachzugehen. Apportieren, Verweisen, und vieles mehr. Der Hund geniesst dies, weil er einfach ein Jagdhund ist, und nicht weil irgendwelche Gesetze ihn zur Ruhe zwingen.
Leider wird dies heute nicht mehr erkannt und man hofft, das der Hund wieder rechtzeitig Hochleistung zur Bockzeit bringt. Was er dazwischen macht, ???? Ich verstehe in dem Fall die Hundeführer nicht.
viele Grüsse,
Jagermo