20.1.07

Können die Jäger von den Golfern lernen?

Das heikle Thema Jägernachwuchs


Wenn ich nach der Arbeit mit den Hunden und den Hundeführern zur Nachbesprechung im Sommer eine ruhige Gastwirtschaft aufsuche, ist dies oft auch das Restaurant eines nahen Golfklubs.

Eine modernes Anwesen mit einem Restaurantbetrieb, zu dem auch eine großzügige Terrasse gehört, die einen Blick über das hügelige Gelände der Golfanlage ermöglicht ist genauso beeindruckend, wie die Stille, die man dort abseits des hektischen Alltags genießen kann.

Doch bei der genaueren Betrachtung der dort sich aufhaltenden Golfer fällt einem als Jäger etwas besonders auf:

Ein überdurchschnittlich hoher Anteil junger Klubmitglieder!

Ist auf unseren Treibjagden der Anblick junger Gesichter eher die Ausnahme, so sind es auf dem Golfklub eher die Jungen, die das Bild der Mitglieder prägen.

Hier wirft sich die Frage auf:
Können wir Jäger bei Fragen der Nachwuchswerbung von den Golfern lernen?

Betrachtet man die Stellplätze des Golfklubs und die dort abgestellten Fahrzeuge, so ist leicht erkennbar, dass es sich bei den Mitgliedern eines Golfklubs überwiegend um Mitglieder der wohlhabenden Mittelschicht handelt.

Wenn dann die brav daliegenden Hunde die Aufmerksamkeit der Golfklubbesucher auf sich ziehen, kommt man schnell ins Gespräch und erfährt, welche Prioritäten junge, beruflich erfolgreiche Menschen setzen müssen und man erkennt, dass die erfolgreiche Nachwuchswerbung der Golfer auf 2 Säulen ruht.

1. Berücksichtigung der hohen Flexibilität der Glubmitglieder!

Wer heute zur Angestelltenelite zählt, die das nötige Geld verdient, um sich ein teures Hobby zu leisten, muss im Arbeitsvertrag unter dem Punkt "Verfügbarkeit" das Wort "weltweit" oder zumindest "europaweit" akzeptieren.
Diese Bereitschaft setzt einen streng getakteten Tages-, Wochen- und Monatsablauf und eine genaue Planung -auch in der Freizeit- voraus!

Auf die Frage, wie ein Jungmanager die Revierarbeiten, die wir Jäger von ihm verlangen, verrichten soll, der in der Woche in Europa seine Geschäften nachgeht, haben wir Jäger keine Antwort.

Man stelle sich folgende Situation vor:
Am Montag erfährt der Jungmanager von seinem Chef, am nächsten Tag müsse er kurzfristig bis Freitag ins Ausland, um einen erkrankten Kollegen zu vertreten. Am Freitag dann kommt er nach mehreren Tagen der Abwesenheit wieder nach Hause und erklärt seiner Frau, dass er jetzt in den Wald fährt, um Hochsitze zu bauen.

Jeder Jäger weiß, wie schwer es ist, der Ehefrau das Jagen zu erklären und viele Ehen sind an der ständigen Abwesenheit des Jägers schon gescheitert, aber dieser Spagat, den wir als Jäger vom Jungjäger verlangen, ist mit den heutigen Anforderungen an den modernen jungen Menschen absolut unvereinbar!

2. Servicedenken

Der gestresste Jungmanager sucht, wie wir Jäger auch, in der Abgeschiedenheit der Golfanlage Ruhe und Erholung. In dem golfklubeigenen Restauration bietet man ihm nicht nur die notwendige Verköstigung, sondern hier ergeben sich auch Möglichkeiten der Kommunikation weit über das Golfen hinaus. Hier werden neue Geschäftskontakte aufgebaut und die alten Kontakte gepflegt.
Die oft üppigen Mitgliedsbeiträge werden dazu verwandt, die Anlage im bestmöglichen Zustand zu halten und die notwendige Infrastruktur dieser elitären Freizeitgestaltung zu finanzieren.
Das Mitglied des Golfklubs kann sich dadurch ganz auf das Wesentliche konzentrieren:

Golfen in geselliger Runde.

Wir Jäger hingegen fordern von den Jungjägern nach dem Bestehen der Jägerprüfung erst einmal den unentgeltlichen Arbeitseinsatz im Revier. Dies ist dann mit der vagen Hoffnung, -jedoch nicht mit dem Recht (!) - auf Ausübung der Jagd verbunden. Es werden mühsame, stundenlange unentgeltliche Revierarbeiten verlangt, von jungen Menschen, die oft keinerlei handwerkliche Fähigkeiten besitzen und auch gar nicht verstehen können, warum sie eine Arbeitsleistung erbringen sollen, ohne einen verbindlichen Anspruch auf Gegenleistung zu erhalten.

Man stelle sich einmal vor, der Golfklub verlangt von seinen Junggolfern erst einmal mehrere Jahre den Einsatz, den Rasen zu mähen, Bunker zu harken oder Altgolfern die Golfkarre hinterher zu ziehen, ohne jedoch einen verbrieften Anspruch der späteren Mitgliedschaft!

Kein einziger Golfklub hätte es geschafft, mit diesen Einstiegskriterien eine Golfanlage auf die Beine zu stellen!


Das hohe Anspruchsdenken der Jägerschaft an die junge Jägergeneration, verbunden mit der fehlenden Bereitschaft, die völlig veränderte Arbeitswelt junger Menschen zu akzeptieren, hat dazu geführt, dass wir Jäger in den letzten Jahrzehnten es nicht geschafft haben, ausreichenden Nachwuchs zu generieren, den wir aber dringend zur Sicherung der Zukunft benötigen.

Die Einstiegskriterien, insbesondere junger Menschen ohne familiären Kontakt zur Jägerschaft, sich für die Freizeitgestaltung durch das Jagen zu entscheiden, gilt es zu senken.

Erst wenn wir Jäger es schaffen, die Jagdausübung auch jungen beruflich hochflexiblen Jungjägern zu ermöglichen, ohne daß diese vor der eigentlichen Ausübung der Jagd ihre wertvolle Freizeit sinnlosen Hilfsdiensten opfern müssen, werden wir es schaffen, wieder mehr junge Menschen für die Jagd zu gewinnen.

Waidmannsheil


Euer

Stefan

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der Gedanke bei der Nachwuchswerbung auch über den eigenen Tellerrand einmal hinweg zu sehen ist gut und richtig! Auch die jeweiligen Interessengruppen haben durchaus Gemeinsamkeiten, so wie Äpfel und Birnen eben auch auf Bäumen wachsen und gut schmecken!
JEDOCH: Während der Golfer nur für seine Ausrüstung und eigenes handicap verantwortlich ist, wird vom Jäger deutlich mehr verlangt: Verantwortung für Natur und Umwelt und das in BESTÄNDIGKEIT. Und gerade dies ist es, was sich viele junge Leute nicht zutrauen.
Aber doch können wir Jäger von den Golfern lernen: Offener werden, kommunikativer, auch im Wald! z.B Junge Leute (m+w) ansprechen, in den Wald mitnehmen, Natur zeigen und erklären. In der Öffentlichkeit nicht verstecken, sondern Gelegenheiten suchen, mit der Flamme, die in uns brennt, "anzustecken"!

Anonym hat gesagt…

Ich schliesse mich beiden Vorredner an.
Es ist vielleicht der Unterschied bezüglich der Verantwortung.
Aber da sollte doch genau die Kommunikation greifen. Die Jungen Leute sollten doch an dieses Thema herangeführt werden, aber wie, wenn sich die Jägerschaft verschliesst und jeden neuen Jäger sofort als Konkurrent und Widersacher betrachtet ?
Gehen Sie heute zu einem Jägerstammtisch und beachten Sie dort die Kommunikation oder gehen Sie in einen Golfclub.
Ich möchte klarstellen, ich bin und werde kein Golfer, aber lernen im Sinne von Selbstvermarktung können wir auf jeden Fall.
Gruss,
Jagermo