29.1.08

Jagd- und Jagdhundverbände nehmen zum "Fall Ißleib" Stellung

Eigentlich war ich froh, dass sich der Wirbel um den Abschuss des Wachelhundes gelegt hatte.

Viele Tage hatte mein Telefon nicht still gestanden und ich hoffte, mich nun wieder anderen Themen zuwenden zu können.

Doch der Protest fand bei den Verbänden nun doch Gehör und dort entschloss man sich nun - aus meiner Sicht viel zu spät - zu einer Stellungnahme.

Obwohl sich durch Internetveröffentlichungen und Forendiskussionen bereits eine Meinung in der Öffentlichkeit gebildet hat, stelle ich die gemeinschaftliche Stellungnahme des DJV und des JGHV, sowie den offenen Brief des Herrn Busch in seiner Funktion als Mitglied des Deutschen Wachtelhundverbandes hier ein.


waidmannsheil

Euer


stefan


Offenes Schreiben von Dirk Busch, VDW Landesgruppe Brandenburg vom 18.Januar 2008 an den leitenden Oberstaatsanwalt Franz Trost , Staatsanwaltschaft Erfurt

Herrn
Leitenden Oberstaatsanwalt
Franz Trost
Rudolfstrasse 46
99092 Erfurt


Sehr geehrter Herr Leitender Oberstaatsanwalt,

ich wende mich heute in einer Angelegenheit an Sie, die mich und viele Eigentümer Deutscher Wachtelhunde und anderer Jagdhundrassen tief berührt und beunruhigt.

Mit Schreiben vom 08.01.2008 ; AZ 513 Js 38193/07 (in der Anlage als Kopie beigefügt) teilt Herr Staatsanwalt von Wagner mit, daß ein Verfahren wegen Tötung eines Jagdhundes eingestellt ist, Rechtsmittel werden ausgeschlossen.

Da ich gelegentlich mit meinen Hunden auch auf Jagden in Thüringen im Einsatz bin, bitte ich um dienstaufsichtliche Prüfung und Klarstellung der Rechtssicht der Thüringer Staatsanwaltschaft. Beim Lesen der Begründung ist mir als Forstmann, Jäger, Hundeführer und Funktionär im Verein für Deutsche Wachtelhunde unwohl.

Die Begründung hat jagdfachliche Fehler, ist gekennzeichnet von Unkenntnis hinsichtlich Jagdpraxis und Jagdhundewesen und trägt leider gelegentlich leicht zynische Züge. Aussagen des Beschuldigten werden als wahr angenommen und auch nicht hinterfragt, die des Zeugen Savov grundsätzlich in Frage gestellt oder mit aus dem Zusammenhang gerissenen Hintergrundbetrachtungen abgetan.

Die Bewertung des Ereignisses wird in unbegreiflicher Weise vollkommen auf den Kopf gestellt.

Das alles läßt ein Gefühl sehr einseitiger Sichtweise oder gar Voreingenommenheit aufkommen. Da ich beruflich gelegentlich auch Rechtsgutachten, Kommentare und Urteile für meine dienstliche Tätigkeit zu würdigen habe, gestatten Sie mir die Bemerkung, dass ich nicht glauben kann, daß diese Begründung die in Thüringen übliche staatsanwaltliche Rechtsauffassung zu Tierschutz-, Jagd- und Waffenrecht darstellt.

Zu einzelnen Aspekten:

Die Jagd vom 17.11.2007 im staatlichen Forstrevier war mit den jagdlichen Nachbarn abgestimmt, auch mit dem Beschuldigten. Da eine Stöberjagd angekündigt war, ist allen jagdlichen Anrainern klar gewesen, daß Stöberhunde frei laufend zum Einsatz kommen und unter Umständen gelegentlich ungewollt auch Jagdgrenzen überschreiten könnten. Kein Jagdnachbar hat sich dagegen ausgesprochen, auch nicht der Beschuldigte, im Gegenteil hat er durch einen gleichzeitigen Ansitz in Grenznähe ebenso jagdlichen Erfolg gesucht !

Jeder Jäger muß in der Jagdprüfung die Kenntnis der Jagdhundrassen nachweisen. Hinzu kommt, daß in der Familie des Beschuldigten selbst Deutsche Wachtelhunde gezüchtet wurden, und er die Rasse des vor ihm auf Nahdistanz erschienenen Hundes hat erkennen und mit der stattfindenden Jagd in Verbindung bringen müssen. Zumindest Zweifel hätten angebracht und so eine Schußabgabe sich verbieten müssen. Die jagdliche Grundregel, „was Du nicht kennst beschieße nicht“ ist gröblichst verletzt worden, Annahmen oder Vermutungen sind keine Rechtfertigung.

Die Erlegung von Hunden beim erstmaligen Antreffen ist nicht durch die Tötungs-befugnis nach Jagdgesetz / Tierschutzgesetz legitimiert, Hunde können sich von der Leine reißen oder sich sonst wie der Einwirkung der Führer gelegentlich kurz entziehen, das ist keine Wilderei. Erst nach mehrfachem eindeutigen in Bezug bringen, und ausreichend Versuchen anderweitig Abhilfe zu schaffen (einfangen, Halterermittlung, Beratung/Belehrung, Anzeige beim Ordnungsamt ) kann diese Annahme gerechtfertigt sein. Schießertum und „loser Finger“ sind keine Tugenden pflichtbewußter Jagdausübung.

Das Töten eines Jagdhundes ist schon gar nicht erlaubt, explizit sind Dienst- und Jagdhunde von der Tötungsbefugnis ausgenommen.Wenn also nicht mit absoluter Sicherheit ein Nichtjagdhund festzustellen ist, darf nicht geschossen werden, unter den gegebenen Umständen der nachbarlichen Stöberjagd verbietet es sich geradezu. Unter den gegebenen Umständen (Kenntnisse des Beschuldigten, Jagd im Nachbarrevier) konnte ein wildernder Hund nicht mit Sicherheit angenommen werden.

Ob der Hund zum Zeitpunkt des Zusammentreffens mit dem Beschuldigten eine Markierung trug oder nicht ist dabei nicht maßgebend, unabhängig eventuell bestehender Verpflichtung. Markierungen können unterschiedlich sein und auch abhanden kommen. Die Markierung dient nicht dazu, dem Wild den Hund kenntlich zu machen, Wild sieht keine Signalfarben, sondern lediglich Konturenunterschiede und Bewegungen.

Die Jagdhundrasse Deutscher Wachtelhund ist in Deutschland neben Cockerspaniel die einzige Stöberhundrasse. Er ist, wie Diensthunde auch, ein Hund mit Beruf, gezüchtet, aufgezogen, ausgebildet, geprüft und eingesetzt für das Suchen und in Bewegung bringen von Wild.

Dabei wird darauf geachtet, dass die körperlichen Eigenschaften des Hundes so ausgebildet sind, daß er gesundes Wild nicht fangen kann. Der Einsatz erfolgt also nicht zum Fangen von Wild, sondern Aufgabe ist das Auffinden und Anjagen zum Herbeiführen eines Zusammentreffens von Wild und Jäger. Der Deutsche Wachtelhund sucht nicht sichtig, sondern spurlaut, mit der Nase die Fährte verfolgend, und kündigt sich damit dem Wild an. Durch diese Arbeitsweise ist der Hund wesentlich langsamer als jede in Deutschland vorkommende Schalenwildart. Das Wild stellt seine Fluchtdistanz darauf ein, zieht ohne erheblichen Streß vor dem lauten Hund her. Gerade deshalb entspricht diese Jagdart auch keinesfalls der verbotenen Hetzjagd. Gelegentliches sichtiges Folgen des Hundes kommt selten vor, wenn z.B. Wild zufällig aufgestoßen wird, nach kurzer Zeit entsteht jedoch wieder eine so große Distanz, dass der Hund auf Spurarbeit mit tiefer Nase übergehen muß.

Wildern heißt, vorsätzlich in einem fremden Revier Beute machen und diese sich aneignen wollen. Das steht nach meinem Dafürhalten hier weder für den Anzeigenerstatter (Hundeführer) noch seinen Hund zur Debatte. Der Hundeführer mit Hund war Gast im staatlichen Jagdrevier, hatte dort einen zugewiesenen Stand, der Hund sollte dort Wild aufbringen und der Hundeführer dort Beute machen.

Hierfür werden die Hunde, wie vergleichsweise auch Diensthunde der Polizei oder des Zoll, etwa 3 Jahre ausgebildet, legen Prüfungen ab und erlangen damit die„jagdliche Brauchbarkeit“ nach dem Bundes- und den Landesjagdgesetzen sowie dazu erlassenen Verordnungen und Richtlinien. Das dieses sach- und fachgerecht geschieht ist unter anderem auch Sinn und Interesse der Arbeit des Verein für Deutsche Wachtelhunde e.V mit Deutschlandweit über 4000 Mitgliedern. Diese Abrichtung der Hunde ist sehr zeitaufwendig und auch teuer ( Anschaffung, Impfungen, Tierarztatteste, Prüfungsbebühren, Ausrüstung, Reviermieten, Übungsmaterialien, Fahraufwand ...) – deshalb auch der besondere Schutz für Dienst- und Jagdhunde in den Jagdgesetzen. Eine Schußabgabe ohne Abwägung der Umstände, Tatsachen und Interessen im vorliegenden Fall ist nach meiner Meinung Vorsatz, zumindest jedoch grobe Fahrlässigkeit, und damit strafrechtlich relevant im Sinne des Tierschutzes, des Jagd – und Waffenrechtes.

Mit der Ausbildung als Jäger und der Erteilung eines Jagdscheines muß vorausgesetzt werden können, dass ein Jagdhund als solcher erkannt wird, im Zweifel darf Unvermögen nicht herangezogen werden um Töten zu begründen, es ist dann untersagt.

Das Jagdprivileg des Tierschutzgesetzes ist ein hohes Gut und stellt an den Jäger zurecht hohe Anforderungen und Erwartungen. Mit dem nach Jagdgesetz nicht zulässigen Töten eines Jagdhundes entfällt die Tötungsbefugnis als vernünftiger Grund nach Tierschutzgesetz.

Der Beschuldigte ist mit dem tierschutzwidrigen Töten eines Säugetieres nicht mehr zuverlässig im Sinne des Jagd- und Waffenrechtes. Es wäre erfreulich, wenn meine Informationen zu einer Prüfung und Änderung der Sichtweise zu diesem Fall beitragen könnten. Ich stehe für Fragen gern zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

Dirk Busch


Stellungnahme des DJV und des JGHV zum Stöberhundabschuss

Stöberhund-Abschuss bei Jagd aufs Schärfste verurteilt

DJV und JGHV:

Klärung des Vorfalls und Rechtssicherheit für Jäger und Hundeführer

DJV und der Jagdgebrauchshundeverband (JGHV) verurteilen den Abschuss eines Wachtelhundes während einer Bewegungsjagd nahe der thüringischen Stadt Ilmenau aufs Schärfste. Ein Jagdpächter aus dem Nachbarrevier hatte den überjagenden Stöberhund als vermeintlich wildernd erschossen. Die vom Forstamt Frauenwald ausgerichtete Bewegungsjagd war dem Jagdpächter zuvor angekündigt worden. DJV und JGHV haben kein Verständnis für die Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft und fordern eine eindeutige Klärung der Rechtslage. Deshalb befürworten beide Verbände eine Initiative des LJV Thüringen, der den betroffenen Hundeführer bei Einleitung weiterer juristischer Schritte unterstützen will. Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens hat nach Auffassung von DJV und JGHV zu einer Rechtsunsicherheit bei Hundeführern und Jägern geführt, die es zu beseitigen gilt. Zudem seien durch den Jagdpächter die ungeschriebenen Gesetze der Waidgerechtigkeit verletzt worden und das Ansehen der Jägerschaft in der Öffentlichkeit habe Schaden genommen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bin ich blind?
Oder findet man diese Stellungnahme weder auf der Seite des DJV noch der des JGHV?

MZ

Stefan hat gesagt…

Die Stllunghahme findet sich unter "News" auf der linken Linkliste bei www.jagdnetz.de
Hier der Link:
http://www.jagdnetz.de/Aktuelles/News/Detail/index.cfm?Datensatz=7324

waidmannsheil

stefan