1.5.08

Joe und sein Kampf mit der grünen Zone

Auch auf seinem Hundeplatz steht Joe, wenn er nicht gerade schläft, ständig unter Spannung.
"Wann geht´s los, was machen wir heute?"








Photo: Volker Schlappner






Schon einige Zeit habe ich nicht mehr von Joe berichtet, was daran lag, dass Joe monoton mehrere Wochen fast das gleiche üben musste, weil aus Joe´s Sicht das Lernen einfachster Dinge eines Deutsch Kurzhaar scheinbar nicht würdig sind.

Jeder, der einen Jagdhund führt, der möchte auch einfach nur mit dem Hund ohne Leine spazieren gehen. Für diesen Fall muss jeder Hund lernen, dass es eine grüne und eine rote Zone gibt. Die grüne Zone definiert sich durch eine Breite, (der Weg einschließlich Grünstreifen) und eine Länge (10-12 Meter vor dem Führer). Alle anderen Bereiche außerhalb dieser grünen Zone gehören zur roten Zone und sind absolut tabu.

Nun muss man wissen, das alle Hunde lernen können, sich mit einem Ohr und einem Auge immer auf den Führer zu konzentrieren, wobei sie in der Endphase auch ohne zurückzublicken spüren, wenn der Führer stehen bleibt, oder die Richtung ändert.
Diese Fähigkeit erfordert aber besonders beim anfänglichen Erlernen vom Hund äußerste Konzentration und dies ist nun wirklich nicht Joe´s Stärke, was wohl auch auf seine Spätentwicklung zurückzuführen ist.
Jede noch so kleine Ablenkung ist willkommen, wenn sie nur dazu dient, sich der Konzentration, die man zum Lernen nun mal braucht, zu entziehen.
Wurde das normale Laufen geübt, so marschierte Joe nach dem Kommando "weiter" im wahrsten Sinne des Wortes weiter und weiter, ohne sich überhaupt einmal umzudrehen.
Ständig musste er beim Überschreiten der 10 Meter gerufen werden. Auch nach Tagen reagierte Joe auf das mein Stehenbleiben überhaupt nicht. Wie ein kleiner "Hans-guck-in -die-Luft" trabte er fröhlich des Weges, neugierig , was sich hinter der nächsten Wegbiegung so zeigt und nahm mich nicht wahr.
Erschwerend kam hinzu, dass sich durch das fortwährende Rufen bei Joe Druck aufbaute, der nur durch Herumrasen abgebaut werden konnte. Da Joe merkte, dass dies unerwünscht war, versuchte er sich dem Druck dadurch zu entziehen, indem er nicht mehr voraus lief, sondern streng Fuß ging und den Kopf an meinen Oberschenkel drückte- er begann am Führer zu kleben.
Man hatte das Gefühl, ständig auf der Bremse zu stehen und diese drohte heiß zu laufen.

Die wieder eingeführte Schleppleine habe ich nach wenigen Tagen wieder weggelegt. Joe wusste um die Reichweite und den Zweck dieses Dressurgerätes und das Einhalten der grünen Zone funktionierte perfekt.

Um ohne Leine zu trainieren, suchte ich als erstes Übungsgelände die Gassen kleiner Weinorte auf. Hier war die Ablenkung am geringsten und die grüne Zone in der Längsseite durch Häuser zwangsweise vorgegeben. Zudem wurde die Länge der grünen Zone auf 7 Meter reduziert.
Nach einigen Tagen ging es in die Weinberge mit Zäunen , die ebenfalls eine zwangsweise Begrenzung der grüne Zone festlegen. Täglich wurde er ruhiger und der notwendige Rückruf wurde seltener. Doch wir brauchten oft eine Stunde für nur 1 km Weg, da ich durch Stehenbleiben das Überschreiten der grünen Zone provozierte. Erst wenn Joe neben mir saß und sich beruhigt hatte, gab es das Kommando "weiter".
Doch es war ein Kampf, den Joe gegen die Ablenkung führte und er tat mir manchmal furchtbar leid. Aber durch das Üben in den Gassen und Weinbergen legte sich der Druck, den das Arbeiten erzeugte und damit hatte ich das wichtigste Ziel erreicht.

Seit einer Woche nun gehen wir stark frequentierte Wanderwege. Kommen Wanderer entgegen, so muss Joe in sitzender Position geduldig die Menschen passieren lassen. Wenn die Wanderer ihn dann noch mit Lob überschütten, genießt Joe dies sichtlich und diese Ruhephasen reduzieren den Druck abermals erheblich.
Zwar muss er immer noch des öfteren gerufen werden und sein Blick:"Du nervst!!!" ist deutlich und unmissverständlich, aber er hat begriffen. Auch zeigt sich hier, dass oft scheinbar einfachste Übungen für einen Hund mit guten Anlagen eine echte Herausforderung sein können.

Doch für den erfahrenen Hundeführer stellt sich nicht die Frage, ob der Hund eine bestimmte Übung erlernen kann, sondern wann er sie erlernt.


waidmannsheil


Euer


stefan

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