18.8.17

Der Weg von der klassischen Jagdgebrauchshundeausbildung zum banalen Hundesport


Foto: Johannes Nölke


Immer wieder bin ich erstaunt, welche „Kommentarquoten“ eine Facebookdiskussion zum Thema Jagdhundesausbildung erreicht!

Wenn dann noch die Pöbeleien ein Ausmaß annehmen, dass man sich als Jäger schämen muss, ist es an der Zeit, zur Jagdhundeausbildung einige grundsätzliche Anmerkungen niederzuschreiben.

Es stellt sich die Frage: Warum sind Menschen beim Thema Jagdhundeausbildung so streitbar?

Die Ursache liegt vor allem darin begründet, dass die heutige Ausbildung des Jagdhundes nur noch sehr wenig mit der praktische Jagd zu tun hat. Unsere Vorstehunde werden zwar als „Niederwildhunde“ im Vorstehen, Apportieren und in der Verlorensuche ausgebildet, werden aber in der Regel niemals an einer Jagd, wo diese Fähigkeiten gebraucht werden, teilnehmen.

Dies führt wiederum dazu, dass unsere Jagdhunde zwar viel für Prüfungen ausgebildet werden, aber fast alle danach ein Leben lang arbeitslos bleiben.
Dadurch verkommt die Jagdhundeausbildung zum reinen Hundesport, der ausschließlich dem Ego des Halters dient, aber weniger dem eigentlichen Zweck, nämlich der aktiven Jagd.

Als es noch große Niederwildreviere gab, in denen ausreichend Niederwild für unsere Jagdhunde gejagt wurde, kam es vor, dass ein Hundeführer mit einem Vorsteher von Anfang November bis in den Januar ohne Pause jedes Wochenende unterwegs war, oft war er an 2 Jagdtagen an einem Wochenende im Einsatz.
In dieser Zeit der hohen Niederwildstrecken diskutierte niemand über Prüfungen, weil man vollständig mit der Jagd beschäftigt war. Sie waren notwendiges Übel, mehr nicht.
Über die letzten Jahrzehnte ist die klassische Niederwildjagd völlig bedeutungslos geworden. Stattdessen nahm der Bedarf an Stöberhunden und Schweißhunden durch die explodierenden Hochwildbestände rasant zu.

Prüfungsvorbereitungen auf dem Niveau des klassischen Hundesports

Die einzigen, die das noch nicht mitbekommen haben bzw. davor die Augen verschließen, sind die Jagdgebrauchshundezuchterbände und deren Mitglieder der Vorstehhundtruppe, die mit ihren jungen Hunden den Prüfungszirkus aufrecht erhalten. Jagdlich gesehen, machen diese Jagdhundeprüfungen keinerlei Sinn.
Ich bin mir sicher, dass es Bundesländer gibt, in denen mehrere hundert Vorsteher ihre Brauchbarkeitsprüfung ablegen, obwohl in diesem Bundesland schon seit Jahren keine einzige Niederwildjagd mehr statt findet! Rein rechnerisch werden deshalb 95% der geprüften Vorstehunde nie an einer Niederwildjagd teilnehmen können.


Wie man unter diesen Voraussetzungen den Wert eines Jagdhundes daran misst, ob er eine Prüfung besteht, in der Fähigkeiten verlangt werden, die keiner braucht, werde ich nie verstehen.

Die Diskussionen in den sozialen Medien, bei denen um die richtige Ausbildung des Vorstehers gestritten wird, werden vor allem deshalb so hochemotional geführt, weil die Ausbildung des Vorstehhundes zum reinen Hundesport verkommen ist.  Aber mit der Jagd, wie wir sie heute in der Regel ausüben, hat diese Jagdhundeausbildung rein gar nichts zu tun.

Die Hunde werden mit allen Mitteln dazu gezwungen und gequält, eine Prüfung abzulegen, bei der Fähigkeiten von ihnen gefordert werden, die heute keiner mehr braucht. Das gesamte Wohl des Führers wird am Erfolg der Prüfung festgemacht. Mir tun bei diesen vom Ehrgeiz zerfressenen Jagdhundeführern die Hunde immer unendlich leid.

Liebe Jagdhundehalter,
unsere Jagdhunde sind heute in erster Linie Sozialpartner, die jagdlichen Fähigkeiten sind eher zweitrangig. Wer eine emotionale enge Bindung zu seinem Hund aufbaut, die allerdings viel Zeit und Geduld erfordert, hat auch immer einen fähigen brauchbaren Jagdhund an seiner Seite, der seinen Job auf der Jagd macht, dazu bedarf es keiner Prüfung.
Wer seinen Hund über die Prüfung führt, sollte immer bedenken:

Es ist der gleichen Hund, mit dem ihr von der Prüfung nach Hause fahrt, wie der Hund, mit dem ihr zur Prüfung gefahren seid!



Waidmannsheil
Euer



Stefan