5.3.07

Große Biogasanlagen - geht der Schuß nach hinten los?



Seit einiger Zeit geistert ein Wort durch die Medien der Jäger und Landwirte:

Biogasanlagen.

(zur Vergrößerung auf die Skizze klicken)

Das Jammern hat in Deutschland seit einigen Jahren in allen Berufsgruppen Kultstatus, obwohl Unzufriedenheit jahrzehntelang ein Monopol der Handwerker und Bauern war.
Doch nun löst das Wort "Biogasanlage" ausgerechnet bei einigen Landwirten eine bisher unbekannte Euphorie aus. Echte Goldgräberstimmung macht sich breit und bei einigen Landwirten hat man den Eindruck, sie wähnen sich bei steigenden Energiepreisen schon mit Wladimir Putin (Gas) und den Scheichs vom Golf (Öl) auf Augenhöhe und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann sie mit diesen Herren am Tisch sitzen dürfen, um die Weltenergiepreise abzusprechen.

Doch bitte liebe Landwirte, üben sie sich sie Geduld, bis dahin ist es noch ein weiter steiniger Weg!

Mit nachfolgendem Bericht möchte ich ein wenig Licht ins Dunkel des neuen Energieträgers Biogas bringen.


Was ist Biogas?

Biogas entsteht in großen Mengen beim Vergären von Grünpflanzen (Mais) mit Fäkalien (Gülle). Ein Fermenter (Reaktor), in dem dieser Prozess abläuft, fängt dies Gas ab und der hohe Energiegehalt macht es möglich, diese Gase in einem umgerüsteten Dieselmoter (Blockheizkraftwerk) zu verbrennen und über einen angetriebenen Generator (Dynamo) als Kraftstrom für Licht und Kraftanlagen zu verwenden.

Zudem nutzt man die Abwärme des Motors , die normalerweise ungenutzt an die Umwelt abgegeben wird, zur Einspeisung in das Heizungs- und heiße Brauchwassernetz.

Grünpflanzensilage und Gülle, über die die Landwirtschaft verfügt, sind Basis der Versorgung der Biogasanlage, weshalb der Landwirtschaft hier eine Schlüsselrolle zukommt.


Dezentrale Energieversorgung von Immobilien durch Biogasanlagen.

Ein kleiner Nebenerwerbsbetrieb mit 50-100 Rindern kann sich mit einer zusätzlich anzubauenden Ackerfläche von 5-10 ha Mais von der Energieversorgung unabhängig machen.

Das Umrüsten der Güllegrube, die Investition ins Blockheizkraftwerkes (BHKW) mit ca. 15 kW Leistung übersteigt kaum die Investitionskosten einer neuen Heizungsanlage, zudem verfügen diese Landwirte über eine hohe handwerkliche Fähigkeit und viele lohnintensiven Arbeiten werden durch Eigenleistung erbracht. Lediglich der zusätzliche Mais, der mit bestehenden Landmaschinen bearbeitet wird, machen die zukünftigen laufenden Kosten aus.

Dadurch kann der Kraftstrom, der Lichtstrom und auch die durch das Nutzen der Abwärme gesparten Heizkosten die Landwirtschaftliche Immobilie vollständig dezentral, autark und somit von Gas und Heizöl unabhängig, betrieben werden. Auch kann ein zweites Anwesen (Altenteil) problemlos mitversorgt werden.

Diese Anlagen sind ökologisch UND ökonomisch sinnvoll.


Große Biogasanlagen - Ein Machtinstrument der Politik und Bauernverbände

Das Ende einer jeden guten Idee ist immer dann gekommen, wenn sie zum Spielball von Politik und Verbänden wird.

Als die Politik im Erneuerbare Energiengesetz Abnahmepreise für Biogas aus bäuerlichen Betrieben festschrieb, weckte dies sofort die Gier subventionsverwöhnter Großlandwirte. Mit subventionierten Darlehen für Biogasanlagen wird nun eine Spirale in Gang gesetzt, bei dem scheinbar jedes normale Denken ausgeschaltet wird, schließlich werden die überhöhten Energiekosten des eingespeisten Stroms auf den Stromverbraucher abgewälzt und gehen deshalb nicht zu Lasten der Bauern- und Politikfunktionäre.

Glaubt man den Landwirten, so ist eine Biogasanlage ab einer Leistung von 1000 kW interessant zu betreiben.
Größer wäre natürlich noch besser.

Die Viehgroßbetriebe mit mehreren hundert Stück Vieh hoffen nun, Einnahmeausfälle bei Milch- und Fleischerlösen durch gesetzlich garantierte Einnahmen aus der Stromeinspeisung ins zentrale Energienetz auszugleichen. Zwar fällt genügend Gülle an, alleine es fehlt das notwendige Grünzeug, das nun durch gigantische Maisfelder erzeugt werden soll.

Wieviel Hektar Mais ein 1.000 kW Blockheizkraftwerk benötigt, darüber schweigen sich die Anbieter von Biogasanlagen aus. Nur der Hinweis, dass dies von der Ertragskraft der Böden abhängig ist, findet sich auf ihren Internetseiten.

Glaubt man aber den Landwirten, so braucht man pro 1 kW BHKW-Leistung einen Hektar Mais. Dies ist zur Zeit die Faustformel, mit der unter Landwirten gerechnet wird.


Auswirkungen auf die Jagdverpachtung, Wildschadenregulierung und Wildschadenverhinderung

Welche Auswirkungen diese riesigen Maisschläge für die Natur und für uns Jäger hat, scheint in der Euphorie des zu erwartenden Subventionensregens keiner der Politiker und Bauernfunktionäre sehen zu wollen.

Jagden, deren bejagbare Fläche fast ausschließlich aus Mais besteht, wird niemand mehr pachten wollen, schließlich sind die auf die Jäger abgewälzten Wildschäden kaum noch kalkulierbar und der Abschuß kann kaum erfüllt werden.
Zudem laufen Jagdpachtverträge über 9-12 Jahre und bei der Frage nach Ausstiegsklauseln bei Inbetriebnahme von Biogasanlagen in der Nähe des Jagdbogens während der Pachtdauer herrscht zu Zeit bei den Jagdgenossenschaften noch betretenes Schweigen.
Auch Klauseln, die die Befreiung von der Haftung aus Wildschaden auf Kulturen der Biomaisanlagen vorsehen, sind meines Wissens in den Jagdpachtverträgen zur Zeit nicht vorgesehen.

Bei einer Jagdpachtfläche von ca. 250 ha /Jagdbogen gehen somit Jagdpachteinnahmen von 4 und mehr Jagdbögen verloren.
Die Ausübung der Jagd würde bei Nichtverpachtung durch einen fehlenden Jagdpachtvertrag auf die Jagdgenossenschaften zurückfallen und die müssten sich um die Bejagung der massenhaft in die Maisschläge einfallenden Sauen kümmern, schließlich haften sie nun bei Nichtverpachtung der Jagd auch für den anfallenden Wildschaden am Mais der Biogasanlagen.

Nur einen unbedarften Jungjäger kann man dazu überreden, sich nächtelang auf Schneisen in den Maisfeldern zu setzen um den Bestand zu dezimieren. Auch er wird schnell merken, dass die Sau, die auf der Schneise verweilt, um sich dort erlegen zu lassen, noch gefrischt werden muss.

Um diesem Problem zu begegnen, sehe ich schon, wie sich viele hundert Kilometer Maisgatter zur Wildschadenverhütung durch Schwarzwild - und somit zur Sicherung unserer Energieversorgung - durch unsere Landschaft ziehen, subventioniert durch EU Gelder, und somit erneut bezahlt durch den Steuerzahler.

Begründet wird es dann damit, dass die Jäger die Jagdpachtpreise nicht mehr zahlen und ihren jagdlichen Abschussverpflichtungen nicht mehr nachkommen, und deshalb durch die Nichtbejagung der Maisschädlinge die Energieversorgung Deutschlands gefährdet ist.


Auswirkungen auf die Natur bei langfristiger Betrachtung

Der Mais braucht, wie keine andere Frucht, um in 4 Monaten 2,50 Meter zu wachsen, immense Mengen Kunstdünger. Da nicht vorgesehen ist, im 2. - spätestens aber im 3. - Jahr den Acker zur Regenerierung brach liegen zu lassen, wird der Düngebedarf jährlich steigen, um so den Bedarf an Biomais zu sichern. Der Boden wird über die Jahre immer mehr auslaugen. Der jährlich zunehmende Bedarf an Kunstdünger, ebenfalls subventioniert, wird von den Politikern scheinbar nicht gesehen.

Fazit:

Am Beispiel Biogasanlagen zeigt sich erneut, welch einen Schaden eine Mischung aus fehlender Aufklärung über eine innovative Umwelttechnik, allgemeiner Verunsicherung und das Machtstreben zentralistisch denkender Funktionäre anrichtet.

Es wird Zeit, dass auch wir Jäger die Öffentlichkeit sachlich und objektiv über die innovative Technik Biogasanlagen aufklären und das Feld nicht wieder profilierungssüchtigen Funktionären überlassen.


Waidmannsheil

Euer


Stefan


Zu den aktuellen Jagdverpachtungen

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Fügner,

tja, so war das auch schon in der Finanzbranche: Gier frisst Hirn.

Aber sehen wir es mal positiv: wenn wir einst alte Säcke mit Hartz12er Einheitsrente sein werden, können wir uns die durch das Zubrot Jagd hübsch aufstocken..

Oder glauben Sie allen Ernstes, dass sich für solche Flächen noch Pächter finden. Die JGn haben doch jetzt schon Probleme, Jagden zu verpachten und rudern beim Wildschaden kräftig Richtung gesetzlicher Regelung zurück - weil sie nach ein, zwei 'Brachjahren' bemerkt haben, das auch bei ihnen BJG und Abschussplanpflicht weiter gelten.

Ganz abgesehen davon ist nach meiner Kenntnis noch gar nicht geklärt, ob solche Flächen nicht unter 'Sonderkulturen' fallen...aber, wer da entsprechende Verträge mit Wildschadensübernahme noch unterschreibt, dem ist eh' nicht mehr zu helfen...

Beste Grüße

Frank Martini

Anonym hat gesagt…

Eigentlich schade drum, aber deine polemik ist nur durch den fehlenden landwirtschaftlichen sachverstand zu entschuldigen.

Anonym hat gesagt…

Als Dipl.agr.Ing. freut es mich, daß der landwirtschaftliche Laie Fügner die Probleme rascher erfaßt als die Experten. Die hervorragende Idee der Biogasanlage hat bei der Abfallbeseitigung, Gülleaufwertung und Restverwertung ihren zukunftsträchtigen Platz. Schon der Gedanke der industriemäßigen Produktion von Biogas ist absurd. Allein durch die Eigenheit der Photosynthese ist die Wirkung auf die Energieversorgungsprobleme unserer Gesellschaft minimal. Die Photosynthese wandelt maximal 1% des einfallenden Sonnenlichts in chemische Energie um. Jede billige Solarzelle ist um ein vielfaches besser. Wir sollen aber Volksvermögen(incl. Steuergelder)hier in eine Sackgasse investieren. Außerdem wird das wertvollste Gut unserer Gesellschaft (der fruchtbare Mutterboden)mit Beschlag belegt und fehlverwendet. Wer kann da wohl ein Interesse daran haben???

Anonym hat gesagt…

Hey ihr super-experten, von welchem planet kommt ihr? Ihr verpasst hier was: "In einer mehr­stün­digen Debatte über die Antwort auf den Kli­mawan­del beim EU-Gip­fel in Brüssel sprach sich die große Mehr­heit der Regierungschefs für einen ver­bind­lichen Ausbau der Ener­gie­erzeu­gung aus Wind, Wasser, Sonne und Bio­masse auf 20 Prozent im Jahr 2020 aus." Dann träumt mal schön weiter...

Anonym hat gesagt…

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