29.4.07

"Ich würde ja gerne den Jagdschein machen, aber...

... ohne sichere Jagdmöglichkeit im Anschluss an die Jägerprüfung habe ich bisher davon abgesehen, die Prüfung zu machen."

Dies ist mittlerweile die häufigste Begründung von Jagdinteressierten auf die Frage, weshalb sie noch keinen Jagdschein haben. Dabei haben sie großes Interesse an der Natur.

Erstaunlich selten hört man dagegen das Argument des hohen Lern- und Arbeitsaufwandes. Auch ist allen die hohe Verantwortung bewusst, die ein Jäger für Natur und Umwelt trägt. Dass mit dem Abschluss der Jägerprüfung das eigentliche Lernen beginnt, ist ebenfalls allen Jagdinteressierten bewusst.

Wenn junge Menschen, bei denen das Geld oft knapp ist, sich entscheiden, viel Geld für den Jagdkurs und anschließendem Waffen- und Jagdutensilienkauf auszugeben, prüfen sie heute vor der Entscheidung sehr genau, welche Jagdmöglichkeiten sich im Anschluss an die bestandene Jägerprüfung im örtlichen oder familiären Umfeld ergeben. Ist eine Jagdmöglichkeit nicht in Sicht, so fällt die Entscheidung dagegen.

Die - aus meiner Sicht mittlerweile beängstigende - Überalterung der Jägerschaft ist zum größten Teil ein Problem der Jägerschaft selbst und nur bedingt auf zu wenig junge Menschen in unserer Gesellschaft zurückzuführen. Dies wirkt sich lediglich verschärfend auf das Problem Jägernachwuchs aus.

Deshalb kam der Aufruf des Vorsitzenden der Kreisjägerschaft Lauenburg, Herr Hubert Meyer Loos einem Tabubruch gleich, als er auf der Jahreshauptversammlung die Jagdpächter dazu aufrief, ihre Reviere für Jungjäger zu öffnen.

Dieser Aufruf ist aber nötiger denn je, schließlich steht die Existenz der gesamten Jägerschaft auf dem Spiel.

Dass es jungen Jägern immer schwerer fällt, neben der beruflich notwendigen Flexibilität, wenig finanziellen Spielräumen und Familie auch noch eine Jagd zu pachten, hat sich mittlerweile herumgesprochen.

Dies wiederum hat dazu geführt, dass es Hegeringe in Deutschland gibt, bei denen kein einziger Pächter mehr jünger als 60 Jahre alt ist.

In vielen dieser Reviere, die sich in den Händen von alten Jägern befinden, wird der Abschuss nicht mehr erfüllt, es kommt zur Überhege. Zudem kommt es zur Verwahrlosung der Reviereinrichtungen. In einem Revier, das ich regelmäßig durchlaufe und dessen Pächter fast 80 Jahre alt ist, befanden sich im letzten Winter 3 Sprünge Rehwild von zusammen über 70 Stück auf einer Revierfläche von ca. 150 ha. Der Anteil schwacher, dringend zu schießender Stücke war beachtlich. Sein Jagdaufseher allerdings, der für die Bestandsregulierung zuständig wäre, ist auch schon über 70 Jahre.
Die überalterten Hochsitze, die der letzte Sturm umwarf, liegen noch heute - die Landschaft verschandelnd - herum.

Dem Forst muss man in diesem Punkt recht geben, wenn er von hoffnungsloser Überhege vieler Jagdbögen spricht. Allerdings hat der gerne verwandte Begriff der Förster für den das Wild schonenden "Sonntagsjäger" lange ausgedient, richtigerweise muss der für die Überhege verantwortliche Jäger heute "Seniorenjäger" heißen.

Auf die Kreisjägerschaften kommt hier eine Mammutaufgabe zu, wollen sie nicht wegen des fehlenden Nachwuchses ihre Selbstauflösung beschließen müssen, wie es unlängst die Kreisjägerschaft Zeulenroda tat.

Viele Jungjäger erzählen mir von Gummiwänden, gegen die sie laufen, wenn sie sich um eine Jagdmöglichkeit bemühen. Wenn ich nach Unterstützung durch die Kreisjägerschaft frage, wird oft nur abgewunken.

Doch es geht auch anders!

In einem Jagdforum zeigte unlängst ein Jungjäger aus dem Niederösterreichischen St. Marien auf, wie die Jägerschaft in seiner Heimat aktive Nachwuchswerbung betreibt:

Alle Revierinhaber haben innerhalb der örtlichen Jägerschaft eine Selbstverpflichtung abgegeben, allen Jungjägern innerhalb des Hegerings eine kleine Jagdmöglichkeit zu garantieren. Nach Aussage des Jungjägers fahren alle sehr gut mit dieser Lösung. Nicht nur alle Jungjäger haben eine Jagdnmöglichkeit, sondern alle Reviereinrichtungen sind in einem tadellosen Zustand.

Deshalb mein Aufruf an die Kreisjägerschaften:

Organisiert innerhalb der Hegeringe die Jagdmöglichkeiten für Jungjäger.
Fordert von den Revierpächtern die notwendige Unterstützung dabei, denn ohne sie geht es nicht.

Es geht schließlich um unser aller Jägernachwuchs.

Einen Generationenkonflikt, wie er in vielen Gesellschaftsbereichen schon herrscht, können wir Jäger uns nicht leisten.
Jagen verbindet nicht nur alle Gesellschaftsschichten, sondern verbindet auch Generation, die Jäger können hier Vorbild für die gesamte Gesellschaft sein.

Die Kreisjägerschaften müssen in Zukunft bei der Besetzung ihres Vorsitzes darauf achten, Jäger zu finden, die dieses Generationen übergreifende Problem lösen können. Die alte Rolle des Vorsitzenden, zwischen Jägern und Öffentlichkeit zu vermitteln, wird durch das Vermitteln zwischen den Generation ersetzt bzw. darum erweitert.

Bleibt zu hoffen, dass dem Aufruf des Herrn Hubert Meyer-Loss von der Kreisjägerschaft Lauenburg in den anderen Kreisjägerschaften Taten folgen, denn es ist aus meiner Sicht schon später als 5 Minuten vor 12.

waidmannsheil

Euer

stefan

1 Kommentar:

Frank Westmann hat gesagt…

Der Beitrag ist zwar schon alt, aber ich möchte dennoch etwas dazu anmerken.

Ich habe mit diesem Thema "wie kommt man an eine Jagdmöglichkeit" auch meine schwierigen Erfahrungen gemacht und führe das zum Teil darauf zurück, daß die Jägerschaft nicht nur an Lebensjahren überaltert ist.

Unter Jungjägern findet man heute wesentlich verschiedenere Charaktere als früher. Es sind naturbewußtere Leute dabei, zum Teil zurückhaltender jagend, es sind viele Frauen dazugekommen, viele die nicht mit Jagd aufgewachsen sind usw. Alle diese "abweichenden" Charaktere haben es manchmal schwer in einer Jägerschaft die immer noch überwiegend durch männliche, wohlhabende und/oder aus Grundbesitzerfamilien stammende "Herrscher über die Natur" dominiert ist, die sehr feste Vorstellungen darüber haben was Weidwerk ist und wie man es zu begreifen hat.

Als meine Frau und ich einen Begehungsschein suchten gab es teilweise wirklich Leute die nicht an Frauen abgeben wollten. Eine Mitkursistin von mir erwies sich als lesbisch, was im Ort bekannt war, sie hat lange suchen müssen bis sie einen weltoffenen Jagdverein gefunden hat in dem sie sich wohl fühlt.

Auch kommen manche der Altvorderen nicht gut mit (selbst)kritischen Betrachtungen zum Thema Jagd zurecht.

Und zuguterletzt ist es auch einfach eine Verteilungsfrage. Jagd ist ganz stark geprägt durch Land- oder Forstbesitz. Wer zu doof oder faul war um in die richtige Familie geboren zu sein hat keine Wahl als sich einzukaufen, was wiederum viele Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen ausschließt.

Fazit ist, es ist für manchen wirklich nicht so leicht mit dem Jagen in Gang zu kommen weil die Strukturen frisches Blut nicht gerade begünstigen.