21.4.07

Die jagdliche Ausbildung des Stöberhundes

Photo: Dr. Dietmar Ochs

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Jagd stark verändert.
Der Rückgang des Niederwildes einerseits und der gleichzeitige Anstieg der Schalenwildstrecken andererseits führten zu einer Zunahme der Drückjagden und zu einer Abnahme der Niederwildjagden.

Dies blieb nicht ohne Auswirkung auf die Arbeit unserer Hunde. Der reine Vorstehhund wurde immer mehr vom Stöberhund als Waldjäger verdrängt.

Dass aber der Stöberer eine völlig andere jagdliche Ausbildung benötigt als der Vorsteher, wird oft nicht gesehen. Schlimmer noch: Bei vielen Jägern herrscht der Glaube vor, dass der eher unführige Stöberer das Stöbern von alleine lernt und einzig der Kauf und Besitz eines Stöberers Garant für Drückjagdeinladung ist. Dass es sich hierbei um einen fatalen Irrglauben handelt, beweisen zahlreiche unbrauchbare Stöberer auf unseren Drückjagden.

Hier die wichtigsten Übungen der Stöberhundausbildung:


1. Grundgehorsam:

Selbstverständlich bedarf es auch beim Stöberer einer gründlichen Ausbildung im Grundgehorsam. Ich behaupte sogar, dass durch den rassebedingten Eigenwillen dieser Hunde das Durcharbeiten des Grundgehorsams besonders konsequent und gründlich zu erfolgen hat.
Schließlich folgert der Stöberhund:"Was nicht explizit verboten ist, ist grundsätzlich erst einmal erlaubt!"

Nach dem Abschluss der Ausbildung in den Gehorsamsfächern sollte das Ablegen ohne Sichtkontakt zum Führer genauso perfekt vom Stöberhund beherrscht werden, wie das geduldige Fußgehen hinter dem Führer beim Pirsch- und Reviergang.

Dieser Grundgehorsam sollte auf jeden Fall mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife bzw. beim Aufkommen des Jagdtriebes vollständig eingearbeitet sein.

Zeigt der Hund deutlich seinen Jagdtrieb, ist mit dem Anjagen des Stöberhundes zu beginnen. Dabei gilt es zu bedenken, dass der Stöberer nur als Solo-Jäger wirklich gute Arbeit leistet. Das so genannte Beischlagen, also sich anderen Hunden anschließen, muss unbedingt unterbunden werden. Deshalb müssen nachfolgende Übungen unbedingt ohne das Beisein anderer Hunde und vor der Teilnahme an den ersten Drückjagden erfolgen.


2. Fährtenübung:

Der Führer lässt den Stöberer an der Feldleine vor sich im offenen Gelände suchen. Hierfür bieten sich gut besetzte Niederwildreviere an. Wer über kein solches Revier verfügt, der melde sich bei der Landesgruppe des Zuchtvereins, um an gute Übungsreviere zu gelangen.

Wenn ein Hase hochgemacht wurde, wird der Hund, der den flüchtenden Hasen auf keinen Fall gesehen haben darf, auf der frischen Fährte angesetzt und geschnallt. Ein Kommando braucht der Führer nicht zu geben, der Hund wird sofort spurlaut an der Fährte zügig arbeiten.

Der Führer bleibt genau an dieser Stelle stehen, an der er den Hund auf die Fährte gesetzt hat, bis der Hund ohne Rufen zurückkommt. Er verlässt die Stelle auf keinen Fall, damit der Hund lernt, wohin er zurück zu kommen hat, wenn er seine Arbeit beendet hat.

Wenn er zurückkommt, wird der Hund ausgiebig gelobt und angeleint. Danach wartet der Führer, bis der Hund sich vollständig beruhigt hat. Der Hund lernt dadurch, dass die Arbeit nun für ihn beendet ist. Erst wenn sich der Hund vollständig beruhigt hat, geht es an der Feldeine langsam über die Felder zum nächsten Hasen. Dabei wird der Hund zum Suchen animiert und - ähnlich zur Quersuche beim Vorstehhund - durch gelegentliches Herbeirufen, auf Abrufbarkeit trainiert.

Je häufiger diese Übung auf der frischen Hasenfährte durchgeführt wird, desto spursicherer wird der Hund und unterlässt das Sichtjagen.


3. Stöberübung:

Zum Trainieren der Stöberarbeit sucht man sich dichtes Gesträuch, Knicks, separate stehende Kastenwälder oder auch allein stehende Dickungskomplexe. Wichtig ist, dass das Gelände, in das der Hund geschickt wird, scheinbar undurchdringlichen Unterwuchs oder dichte Naturverjüngung aufweist. Somit kann der Hund nur stöbern, ohne jemals Sichtkontakt zum Wild zu bekommen.

Der Führer steht mit dem angeleinten Hund am Rand des durchzustöbernden Geländes und schnallt den Hund. Auf das Kommando “such voran” wird der Hund in das Dickicht geschickt. Wenn er auf eine frische Fährte stößt, wird er die Fährte aus dem Gebüsch heraus mit der Nase arbeiten.
Auch hier ist darauf zu achten, den Hund völlig selbständig arbeiten zu lassen und den Stand, an dem der Führer den Hund geschnallt wurde, nicht zu verlassen!

Erscheint der Hund nach der Fährtenarbeit, so ruft der Führer den Hund herbei, gibt das Kommando “Sitz” und lobt den Hund ausgiebig. Auch danach wird wieder solange gewartet, bis der Hund sich beruhigt hat. Danach geht es angeleint zum nächsten Geländebereich, den es zu stöbern gilt. Erst wenn der Führer dort seine seine Position eingenommen hat wird der Hund wieder abgeleint und auf das Kommando “such voran” erneut geschickt.

Die Stöberer lernt schnell, dass man von ihm nur die Nasenarbeit verlangt und wird entsprechend diese Arbeit auch verrichten. Der Stöberer muß darin angelernt werden, seine Nase zu benutzen und er muss Vertrauen in seine Nase bekommen. Dies dauert aber eine Weile und setzt viele solcher obigen Übungen voraus, nur dann wird er auch nicht waidlaut oder ein Hetzer. Auch wird er seinem Naturell folgen und immer alleine jagen und niemals beischlagen.

Schnell wird der Stöberer auch anfangen, beim Kommando “such voran” nicht mehr direkt vom Führer wegzuarbeiten, sondern beginnen, sich seitlich vom Führer zu entfernen und erst einen Bogen zu schlagen, bevor er mit dem Stöbern beginnt. Dadurch kommt das Wild zwischen Hund und Führer und das Wild verlässt den Wald direkt in der Nähe des Führers. Zeigt der Hund nach einiger Zeit des Stöberns das Verhalten, vor dem Beginn der Suche einen Bogen zu schlagen, hat er begriffen, was er zu machen hat und der Hund ist im Stöbern ausgebildet.


4. Wundfährtenarbeit

Diese Stöber- und Suchübungen haben einen großen positiven Nebeneffekt. Beim so eingearbeiteten Stöberer entfällt das mühsame Anlernen der Fährtenarbeit, wie sie beim Vorsteher notwendig ist. Schon nach wenigen Hasen und einigen gestöberten Waldstücken geht der Stöberer wie selbstverständlich an der Schweißleine auf die Wundfährte, als ob er noch nie etwas anderes gemacht hat. Einzig die Ruhe, die er dort noch lernen muss, fehlt ihm.
Diese aber erhält er mit zunehmender Routine.



Ich behaupte, dass die meisten ungewollten Neigungen unserer Stöberhunde, wie waidlautes Jagen, Hetzen von sichtigem Wild oder das Beischlagen auf das Konto falschen Anjagens gehen, aber selten genetisch bedingt sind.



Waidmannsheil

Euer

Stefan

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