14.1.14

"Wer nicht schießt, muss zahlen" - ein Gastkommentar zum Artikel in der Märkischen Oderzeitung von Axel Plümacher



 
          Wild in einem sich selbst verjüngenden Wald - bis dahin ist es noch ein weiter Weg


Der Artikel "Wer nicht schießt, muss zahlen" in der Märkischen Oderzeitung hat viele Leser motiviert,  Kommentare im Anschluss an den Beitrag einzustellen. Der Gastkommentator des Jagdblogs, Axel Plümacher, nimmt zu den Kommentaren Stellung:

Es fehlt eine sachliche Diskussionskultur     

Ich habe mir aber die Kommentare in der Odermärkischen Zeitung durchgelesen. Es ist grausam. Warum? Vieles  nur Geschwafel, Stammtischgerede und der Versuch, die eigene Meinung zu diesem Thema  mit Argumenten aus dem großen Vorratstopf zu belegen. Was hilfreich sein könnte, wird erwähnt, was der eigenen Meinung widerspricht, wird weggelassen.  Es gibt nur wenige gute Kommentare. Ich finde die Verallgemeinerung unerträglich, wie

Der Wähler
Der Förster
Der brandenburgische Wald
Der Jäger
Der Bauer usw.

um nur einige zu nennen. 

Mit der Benutzung solcher Begriffe ist eine sachliche Argumentation und Diskussion nicht möglich.
Was feststeht ist, dass wir Jäger keine eigenen, wissenschaftlich nachgewiesenen Argumente zu vielen Themen ins Spiel bringen können. Wir sind immer auf die Erkenntnisse anderer Stellen angewiesen und tun uns somit schwer, wenn keine Studien, die an irgendwelchen Hochschulen  oder in Forschungsgruppen erstellt wurden, vorliegen. 

Der DJV hat die Entwicklung verschlafen

Ursache hierfür ist ein nach traditionellen Vereinsstrukturen organisierter DJV, der es verpennt hat, sich dem total veränderten Weg der allgemeinen Meinungsbildung anzupassen.
Als Beispiel sei nur erwähnt, dass der DJV aus dem deutschen Naturschutzring ausgetreten ist, weil der damalige Präsident sich von irgend so einer grünen Tussie beleidigt gefühlt hat und meinte die deutsche reiterliche Vereinigung oder der Organisation der Waldbesitzer ( da sind ja viele adelige Kumpels drin ) könnten die Interessen der Jäger in dieser Institution wahrnehmen. Oder: Um wieviel schwächer wäre Position des DJV, wenn des keinen Prof. Pohlmeier an der Uni Hannover gäbe.

Bei uns in Niedersachsen hat die Landesjägerschaft eine Halbtagsstelle für eine Biologin geschaffen, als Wolfsbeauftragte. Als Resultat  ist bislang zu mindestens dabei herausgekommen, dass es einen Vertrag zwischen dem Landesjagdverband Niedersachsen und der Landesregierung gibt, dessen Inhalt in Kürze ist:
“ In Sachen Wolfsmanagment vertraut die Landesregierung auf die Sachkompetenz der Landesjägerschaft“ und damit haben wir gegenüber anderen Landesjägerschaften schon mal etwas zum Vorzeigen.

Es bedurfte nicht mal eines Institutes, oder einer Forschungsgesellschaft, oder eines gesponserten Lehrstuhls, nein es reichte eine Halbtagsstelle für irgendeine junge Biologin! Das irgendeine ist nicht negativ gemeint.


Ich besitze selber Wald, und beobachte das was darin geschieht seit nun ca. 45 Jahren, das ist immerhin ein Zeitraum, der kaum einem Förster zur Beurteilung seiner Arbeit zur Verfügung  steht, vor allem in der heutigen Zeit, wo eine Forstreform die nächste jagt. Ich gehe seit ca. 1992 auf Drückjagden beim Staatsforst und komme so immerhin etwas rum und schaue mir in Hinblick auf Waldstruktur und Wilddichte an, was da so passiert.

Das einzige, was feststeht ist: Es gibt nicht “den Wald“ !!!!


Jeder Wald ist anders.
Es gibt nicht den Wildbestand. 

Manchmal sieht man die Folgen eines ehemals überhöhten Wildbestandes und heute lebt da kaum noch ein Tier.
Ob in dem ein oder anderen Wald die Wilddichte zu hoch, angepasst  oder zu gering ist, das wird die Zukunft zeigen aber heute entscheiden darüber auf Umwegen und durch Mittelsmänner Politiker einer bestimmten Richtung, und das ist das, was falsch ist.

Die Gegner langfristigen Denkens: Politische Karrieristen und grüne Ideologen
An die gut bezahlten Stellen kommt man nur, wenn man den Politikern nach dem Maul redet und handelt, und leider werden die Landwirtschafts- oder Umweltministerien oft von den Grünen geführt, die mehrheitlich ein, salopp gesagt, gestörtes Verhältnis zu Jägern Tieren und Waffen haben und vor allem bei  einer großen Gruppe von Wählern, den NABU und BUND Mitgliedern, Stimmen einheimsen wollen.
Immer wieder wird als Argument ins Spiel gebracht, wie hoch der Schaden ist, den das Wild durch den Verbiss anrichtet. Das rechnet jedes Forstkompetenzzentrum so aus, wie es ideologisch geprägt ist! Und darüber entscheiden dann Politiker, bzw. deren Handlanger in den Führungsetagen der Ministerien.

Schäden, die in keiner Statstik auftauchen
 
Wie hoch ist denn der Schaden, der dadurch entsteht, dass völlig zugewachsene Buchennaturverjüngungen oder noch schlimmer Anpflanzungen gelichtet werden müssen, damit die sich weiterentwickeln können, bzw. beim Fällen der reifen Bäume zerschlagen werden? Ein paar Bäume weniger und man könnte sich das Freischneiden sparen. 

Wieviel Geld wird vernichtet, wenn die dichten Kiefernwälder gelichtet werden, in denen man Buchen oder Eichen drunter gepflanzt hat, von der Qualität dieser Bäume mal ganz abgesehen?  Überwiegend nicht maschinengerechtes Brennholz für die Handaufarbeitung, kaum jemals wertvolles Holz für Möbel oder Furnier. Das kann man vielerorts jetzt nach ca. 20 Jahren ideologisch geprägter Forstwirtschaft schon erkennen.

Wie hoch ist der Schaden beim Verbraucher der dadurch entsteht, das Nadelholz knapp und damit teuer wird?

Wie hoch ist der Umweltschaden, der durch die daraus resultierenden elendig langen Transportwege entsteht?

Wie hoch ist der Umweltschaden dadurch, dass das aus Osteuropa eingeführte Holz um die Mengenlücke zu schließen und überwiegend nicht aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt?

Wie hoch ist denn der Schaden, den der Kleinwaldbauer tragen muß, weil seine 3 Fichten, 4 Birken, 5 Buchen und eine Eiche und  dazu noch von unterschiedlicher Qualität nur unter einem Abzug  vom Verkaufspreis abgeholt werden? Die Industrie braucht volle LKW gleicher Güte.

Wie hoch ist denn der Schaden, der den Bauern und Waldbesitzern entsteht, weil Großrudelbildung beim Rotwild durch bereits heute lokal überhöhte Wolfsbesätze Schälshäden verursacht?

Wie hoch ist denn der Schaden der durch das Wild in den wenigen verbliebenen Ruhezohnen entsteht, weil jeder Honsel zu jeder Tages-und Nachtzeit mit oder ohne angeleintem Hund, mit oder ohne Blinklichter am Körper durch den Wald rauschen darf?  

Wie hoch ist der Schaden, weil niemand mehr zu den Jagden kommt, weil kein Wild, kein Anblick, kein Jagderfolg mehr da ist? Noch funktioniert‘s, dank der Holländer und Dänen, was ist wenn selbst die nicht mehr kommen? Da wird manch einem Waldbesitzer richtig Geld in der Kasse fehlen, Jahr für Jahr. 
Mir hat mal ein Bundesforstamtsleiter gesagt, er würde 2500 Jagdgäste im Jahr an der Jagd (Abschusserfüllung) beteiligen, das sind ca. € 500.000 + Trophäenentgeld + Wildpreterlös. Dafür kann man viele Kilometer Zaun bauen, wenn  man dann wirklich muß. All diese Schäden werden ignoriert, es zählt nur, was verbissen wird.

Bei der ganzen Diskussion um überhöhte Wildbestände geht es doch vielfach  gar nicht um die Bestände. Die Überlegungen und Versuche einiger Gruppierungen gehen doch immer in die gleiche Richtung. Auf welchem Umweg auch immer, wie z. B.Totalschonung der Prädatoren, Verschärfung der Wildschadenshaftung, Verbot der Fallenjagd, Verkürzung der Jagdzeiten, Verschärfung des Waffenrechtes, Verteuerung des Waffenbesitzes, den Jägern das Jagen zu versauern, um sie auf diesem Wege zur Aufgabe der Jagdausübung zu bewegen, weil man aus welchen Gründen auch immer grundsätzlich gegen die Jagd ist.

Wann ist ein Wildschaden ein Wildschaden?

Bevor wir über das Bezahlen Wildschäden reden, müssen wir erst einmal klären, wieviel “ Schaden“ eigentlich zu tolerieren ist. Denn alle, wirklich alle Organisationen sagen, dass das Wild unabdingbarer Bestandteil unserer Kultur-oder Naturlandschaft ist und bleiben soll. Da wird es immer einen sogenannten “Schaden“  geben. Das fehlt in der gesamten Diskussion völlig. Wenn die Politik sagt, autorisiert durch demokratische Wahlen, wir wollen Wild, dann gibt es keinen einzigen Grund einen einzelnen abgebissenen Baum,  1m² umgebrochene Wiese oder 1 Zentner Ernteausfall zu bezahlen. Das hat der Grundbesitzer zu tolerieren. 

Tolerierbare Schäden und Wildichten müssen durch unabhängige Institute festgelegt werden

Die Grenze, ab wann bezahlt werden muss, muss festgelegt werden. Hier müssen von der Politik unabhängige  Institute und Universitäten ermitteln, welcher nachhaltige Schaden in der Forstwirtschaft und aktueller Schaden in der Landwirtschaft  durch den notwendigen Bestand zur nachhaltigen Aufrechterhaltung der  Arten verursacht wird, und somit zu tolerieren ist. Vor allem auchwelcher  Lebensraum dem Wild zur Verfügung zu stellen ist, sprich was hat ein Grundbesitzer zu tun, damit das Wild eine ausreichende Lebensgrundlage hat. ( Eigentum verpflichtet ).  Es kann nicht sein, dass Schaden, der durch wildunverträgliche Wirtschaftsformen bei notwendiger Bestandsdichte entsteht, bezahlt werden muß. Es kann nicht sein, dass es einer Forst-oder Landwirtschaft erlaubt ist, dem Wild die Lebensgrundlage zu entziehen. Wir sind doch schließlich nicht die amerikanischen Siedler, Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer. Wir prangern Wirtschaftsformen z.B. in Südamerika an, verhalten uns aber eigentlich genauso.

Die Jägerschaft muss sich in diesem Prozess einbringen

An diesem Prozess muss sich die Jägerschaft beteiligen, dazu braucht man gute Leute, dazu braucht‘s Ideen. Erfolge und Erkenntnisse müssen kommuniziert werden, es wird Geld kosten, das kann man den Mitgliedern abverlangen, die maulen zwar, aber die meisten bleiben in der Organisation ( zumindest bei uns im Hegering haben die zwei ausgetretenen Geld für die Öffentlichkeitsarbeit gespendet )
Wenn das alles geschehen ist, dann kann jeder, der das Jagdausübungsrecht ausübt, für sich selbst entscheiden, wie er mit seinem Wildbestand umgeht, ob er lieber zahlt, schießt, wildgerechten Wald oder Landwirtschaft fördert oder zu Hause bleibt.
Die Zeiten von Megastrecken werden dann zwar überwiegend vorbei sein. Aber jeder Jäger wird mit einem für sich selbst festgelegtem, kalkulierbaren Einsatz an finanziellen Mitteln zum einen seiner Passion nachgehen können, und zum anderen Teil und Mitwirkender an der Aufrechterhaltung einer artenreichen Tierwelt in Deutschland sein können. Eine Aufgabe, ein Umstand, eine Möglichkeit seine Spuren für die Nachwelt zu hinterlassen. 

In diese Forschung muss die Jägerschaft sich einbringen!

Mit Waidmannsheil und freundlichen Grüßen

Axel Plümacher





1 Kommentar:

Manfred Nolting hat gesagt…

Ich habe mir die Kommentare in der MOZ mal durchgelesen; einige sind wirklich grenzwertig. Wie immer liegt die Wahrheit wohl in der Mitte. Der Kommentar hier auf dem Blog von Axel Plümacher gefällt mir da schon eher; hier wird versucht, die Sache qualifiziert, d. h. nicht nur mit Totschlag- „Argumenten“, von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Eines ist Fakt: Es liegt einiges im Argen, und zwar auch auf Seiten der Forstwirtschaft. Aber auch auf Seiten der Jägerschaft. Ich habe mir auf meinem Blog beispielweise mal die Freiheit genommen, nur für die Rehwildbejagung die Sache aus der Statistik hier in NRW zu entwickeln. Kommentare: 0. Die Verbände gehen auf Tauschstation, statt mal wirklich in die Diskussion einzusteigen. Dabei zeigen die seit Jahren selbst veröffentlichten Zahlen, wie brisant das Thema eigentlich ist!


Auszug:

Die Statistik

In den Streckenstatistiken des LJV NRW der letzten 7 Jahre ist durchgehend zu lesen, dass in unserem Bundesland jährlich rund 90.000 Rehe zur Strecke kommen. Diese Zahlen basieren, wie gesagt, auf den Meldungen der Revierinhaber. Gemeldet wird mit schöner Regelmäßigkeit und entwaffnender Offenheit aber auch, dass ca. 30 %!! der gemeldeten Rehwild- Gesamtstrecke Fallwild ist, wobei klargestellt wird, dass es sich dabei zu fast 100 % um Opfer des Straßenverkehrs handelt. Dass dagegen über die ganzen Jahre hinweg der Fallwildanteil am übrigen Schalenwild (Schwarz-, Rot-, Dam-, Sikawild und Mufflons) nur bei tolerierbaren, weil wohl nicht zu vermeidenden rund 5 % der jeweiligen Gesamtstrecke liegt, diese Diskrepanz scheint über die Jahre hinweg noch niemandem aufgefallen zu sein.

Die einzig dafür in Frage kommende Ursache, nämlich viel zu hohe Rehwildbestände, wird ausdauernd und lebhaft dementiert, mit den altbekannten, stereotypen Begründungen: „Wir haben kein Rehwild mehr. Wir sehen nämlich keines. Können wir auch gar nicht, weil die ja alle vor die Autos rennen.“ Eine typische Ursache- Wirkungs- Konfusion also. Das Schlimme daran ist: Wenn man den Dingen auf den Grund geht, mal einen Schritt weiterdenkt, ist die tatsächliche Situation sogar noch viel entmutigender als man vordergründig aus den sowieso schon tristen Zahlen herleiten kann. Zwei Dinge nämlich kann man dabei als gesichert annehmen:

1. dass der gemeldete Abschuss an weiblichem Rehwild, dem Zuwachsträger also, üblicherweise ca. 50 % der Gesamtstrecke, schlicht falsch ist (von ganz wenigen Revieren abgesehen). Das heißt, der vorgegebene Abschuss ist meist bei weitem nicht erfüllt, wurde aber in voller Höhe als getätigt gemeldet, oder, anders herum ausgedrückt, der tatsächliche Abschuss an Rehwild ist deutlich niedriger als gemeldet;

2. dass die gemeldeten Zahlen fürs Fallwild dagegen den Tatsachen entsprechen. Das Paradoxe: Bei vielen Jägern, die ich kenne, kann man fast so etwas wie Erleichterung darüber erkennen, dass die Straße für sie Abschuss erledigt. Sie stellen das, meist ein bisschen verlegen, kurzerhand als Grund dafür dar, dass sie so wenig weibliches Rehwild und Kitze schießen (s. Ursache-Wirkungs-Konfusion).

Das bedeutet weiter, logisch, dass der prozentuale Anteil des (korrekt gemeldeten) Fallwildes an der tatsächlichen Rehwild- Gesamtstrecke deutlich höher liegt als sich aus den getürkten Streckenmeldungen errechnen lässt, bei 40, vielleicht 45 %! Ich denke, man muss kein Prophet sein, wenn man unterstellt, dass sich das mehr oder weniger auch auf alle anderen Bundesländer übertragen lässt.

Quelle: http://www.ein-jagdmensch.de/jagd-revier/36-rehe-druecken-aber-richtig


So weit das Zitat. Ich sehe, wer was ändern will, muss noch viele dicke Bretter bohren! Aber als Jäger ist man ja Realist mit einem gewissen Hang zum Optimismus, wie ich immer sage.


Weidmannsheil,

Manfred Nolting
Ein Jagdmensch