28.12.09

Jagdpächter in Nordbaden gehen auf die Barrikaden

In der Region des nordbadischen Landkreises Neckar-Odenwald-Kreis geht es überwiegend beschaulich zu. Insbesondere jagdlich sorgt die Gegend für wenig Schlagzeilen. Zwar verfügt man über gute Rehwildreviere, aber die Region verfügt über wenig wirklich attraktive Hochwildreviere.
Deshalb werden die Reviere auch überwiegend an ortsansässige Jäger verpachtet. Zudem verpflichen sich die Jagdpächter dazu, revierlosen Jägern und Jungjägern eine Heimat zu bieten. Eine enge Bindung der Jägerschaft zu den örtlichen Vereinen sorgte für ein harmonisches Miteinander.
Kurzum: Hier war bis vor kurzem die jagdliche Welt noch in Ordnung.
Doch der Bau von Biogasanlagen, vermehrte Schwarzwildvorkommen in der eher vom Schwarzwild verschonten Gegend und die damit verbundenen Wildschäden, sowie Verbissgutachten der Forstämter haben die Harmonie jetzt nachhaltig gestört.
Die oft über viele Jagdpachtperioden beibehaltenen Jagdpachtverträge wurden insbesondere im Bereich der Wildschadensregulierung mit zahlreichen kaum verständlichen Paragraphen erweitert. Die Jägerschaft sieht in den Zusatzparagraphen eine Jagdpachterhöhung durch die Hintertür.
Zudem empfinden viele Jagdpächter die beharrliche Weigerung des Landrates, die Jagdsteuer anzuschaffen, ungerecht, zumal viele Landkreise in Baden-Württemberg die Jagdsteuer bereits abgeschafft haben.
Doch nun gehen die Jagdpächter im Hegering Hardheim auf die Barrikaden. Nachdem ihnen eine Aussprache verweigert wurde, beschlossen alle 21 Jagdpächter des Hegerings dazu, zum Submissionstermin am 18.Januar 2010 kein Angebot abzugeben.

Bleibt abzuwarten, ob sich alle Jagdpächter daran halten werden und wenn ja, ob sie die Gemeinde zum Einlenken bewegen werden.

Über eine turbulente Hegeringversammlung berichtet das Onlinemagazin der Fränkischen Nachrichten:


waidmannsheil

Euer

stefan





Hegeringversammlung: Kein Angebot der derzeitigen Jagdpachtinhaber
Jäger finden harte Worte gegenüber der Gemeinde
Hardheim.

So grün waren sich die Jäger von
Hardheim am Ende ihrer Hegeringversammlung am vergangenen Montag in Bretzingen schon lange nicht mehr. Grund hierfür war nach Ansicht der Jäger das Verhalten der Gemeinde und des Gemeinderats im Zusammenhang mit der anstehenden Jagdverpachtung. So zeigten sich die Jäger, nahezu alle Pächter waren anwesend, verärgert und enttäuscht, wie derzeit von Seiten der Gemeinde mit ihnen umgegangen wird.

J
agdsteuer ein Relikt

Nach der Begrüßung durch Hegeringleiter Albrecht
Reichert ging es um die Entscheidung des Kreistages zur Beibehaltung der Jagdsteuer. Während bereits die Hälfte aller Landkreise in Baden-Württemberg das Relikt der Jagdsteuer in Beachtung und Anerkennung der Arbeit der Jäger abgeschafft habe, wolle man im Neckar-Odenwald-Kreis nicht auf die Einnahmen verzichten, so Reichert. Die Pächter werden daher in Zukunft das Fallwild auf den öffentlichen Straßen nicht mehr entsorgen, was sie im Falle der Abschaffung der Jagdsteuer zugesagt hatten. Letztendlich werde das Fallwild nun auf Kosten der Kreiskasse entsorgt. Hauptpunkt der Versammlung war die anstehende Verpachtung der Jagdflächen auf dem Gemeindegebiet von Hardheim. Während man in anderen Gemeinden auf ein gutes Miteinander mit den Jägern setze, das gute Verhältnis mit den Landwirten und das Engagement vieler Jäger im Vereinsleben und der Öffentlichkeit schätze, scheine dies in Hardheim nicht der Fall zu sein, so die Anwesenden. Während jahrzehntelang der Kompromiss mit der heimischen Jägerschaft gesucht und auch gefunden worden sei, scheinen nun finanzielle Gründe, forstliche Einflüsse und die Hoffnung auf ein Hauen und Stechen innerhalb der Jägerschaft die Vergabepraxis und das Vertragswerk zu bestimmen.

"Unwahrheiten"


Neben der Art der Ausschreibung, sei schon das Anschreiben an die bisherigen Pächter mit "Unwahrheiten geschmückt" worden. So sei das vom Hegering für die Verhandlungen mit der Gemeinde bestimmte Gremium permanent abgewiesen worden und habe nur schriftlich seine Anregungen und Änderungswünsche aus der
Jägerschaft vortragen können. Zahlreiche Wortmeldungen zeigten die Verärgerung und die Enttäuschung der Jäger über dieses Verhalten. Auch der Pachtvertrag selbst sei eine Zumutung. Hinter dem Begriff der "Wildschadensverhütungspauschale", die selbst anfalle, wenn es gar nicht zu verhüten gebe, verstecke sich für viele der angebotenen Revier ein gewaltige Pachtpreiserhöhung und auch eine Wildschadensausgleichspauschale scheine nur von der Idee her angebracht, vom Zahlungsmodus und der Abrechnung aber absolut inakzeptabel.

Gängelung
durch Vertragswerk

Mehr aber noch als über die finanziellen Vorstellungen und Ideen der Gemeindeverwaltung sind die Jäger über die Gängelung durch das Vertragswerk entrüstet. Nahezu rechtlos sei man, ohne genau benannte Möglichkeiten einer Kündigung von Pächterseite. Dazu kämen 15 weitere, teils haarsträubende Regelungen. So müssten sich die künftigen Pächter ihren Platz für die Hochsitze, Pirschwege oder Salzlecken genehmigen lassen, während die Vollernte-Maschinen in den Wäldern metertiefe Gräben hinterlassen dürften. Nach unzähligen Wortmeldungen und Diskussionsbeiträgen ging es dann um die weitere Vorgehensweise. Dabei wurde deutlich, dass nahezu alle bisherigen Pächter sehr gerne wieder auf dem Gemeindegebiet der Jagd nachgehen möchten und alles daran setzen, sich im Vorfeld auf eine Verteilung der Reviere zu einigen.

Erhöhung nicht gerechtfertigt

Der verstärkte Anbau von Industriemais, steigende Wildschweinbestände, fallende
Wildpretpreise und auch die zunehmende Revierbeunruhigungen rechtfertigten in keiner Weise eine Erhöhung der Jagdpacht. Das Vertragswerk mit seinen Gängelungen, unzähligen Pflichten und keinerlei Rechten sei absolut inakzeptabel, so der einstimmige Tenor der Versammlung. Man hoffe auf Einsicht und Änderung. Alle anwesenden 21 Pächter werden bis zum 18. Januar kein Angebot abgeben, um der Gemeinde zu zeigen, dass dies nicht der richtige Weg für ein vernünftiges Miteinander ist. Zudem will man sich nicht durch höhere Angebote als dem Mindestgebot, das im Moment ohnehin zu Diskussion steht, auseinander dividieren lassen.

Nach drei Stunden Diskussion, Beratung und Aussprache sah man dies als einzige Möglichkeit, die Gemeinde und den Gemeinderat zu einem Einlenken zu bewegen. Zudem setzt man darauf, dass auch bei einer überörtlichen Ausschreibung sich die Pachtinteressenten Gedanken machen, warum die heimische Jägerschaft zu den derzeitigen Kondition nicht pachtbereit ist.

Lobbyarbeit bei Gemeinderäten

Bei den Gemeinderatsmitgliedern wollen die Jäger diesen Sachverhaltung ansprechen und auch das mit den Verhandlungen beauftragte Gremium des Hegeringes werde einen weiteren Anlauf unternehmen, um mit der Gemeinde als Jagdvorstand ins Gespräch zu kommen.

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