13.1.08

Jagen auf Usedom

Vielen Strandurlaubern ist sie bekannt, die im nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern gelegene Insel Usedom. In den drei mondänen Seebädern Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck ließ es sich der deutsche Kaiser schon gut gehen und heute, fast 19 Jahre nach der Wende, sind fast alle prachtvollen Strandvillen saniert und die Seebäder sind Anziehungspunkt für zahlreiche Touristen.

Dass Usedom aber auch jagdlich viel zu bieten hat, ist weit weniger bekannt. Von meiner Jagdreise auf die wildreiche Insel Usedom hier mein Bericht.

Anreise:

845 km zeigte das Navigationssystem an, als wir - Uli, der DK Rüde Joe und ich - uns morgens vom Rhein-Main-Gebiet aus auf eine Fahrt fast durch ganz Deutschland machten, um an einer zweitägigen Drückjagd auf Usedom teilzunehmen.
Als wir gegen 16.00 Uhr dann bei einbrechender Dämmerung den Berliner Ring Richtung Stettin verliessen, bekamen wir eine ersten Vorgeschmack auf die Landschaft Mecklenburg- Vorpommerns.
Eine hügellose dünnbesiedelte Landschaft, deren landwirtschaftliche Flächen bis zum Horizont reichen. Zahlreiche Sprünge Rehwild und große Ansammlungen von Wildschwänen zeigten, dass hier ein überwiegend von Landwirtschaft und Natur geprägtes Bundesland begann. Zudem hatte man manchmal den Eindruck, ganz alleine eine schnurgerade verlaufende Autobahn zu befahren; als Bewohner des Rhein-Main-Gebietes eine völlig ungewohnte Erscheinung.

Nach fast acht Stunden Fahrt erreichten wir Heringsdorf und wurden in unserem Quartier "Haus auf der Höhe" von Familie von Rochow, sowie Weimaranerhündin Nelke und Rauhaardackel Ammi mit einer verspäteten Kaffeetafel auf das Herzlichste begrüßt.
Danach ging es dann an den Strand, wo DK Rüde Joe noch herum toben konnte, schließlich waren er und sein Bewegungsdrang bei den Pausen auf der Reise deutlich zu kurz gekommen.
Nach einem hervorragenden Fischessen in den Privaträumen der Familie von Rochow ging es dann zeitig ins Bett, schließlich mussten wir um 6:30 Uhr aus den Federn, um nach dem Frühstück pünktlich am Sammelplatz zu erscheinen.


1. Jagdtag:

Der erste Drückjagdtag begann am Zerniensee. Bejagt wurde an diesem Tag das Revier Kamminke des Forstamtes Neu Pudagla. Die Fahrzeugkennzeichen der Jagdgäste zeigten, dass wir nicht als einzige von weit her angereist waren. Aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen waren zahlreiche Gäste gekommen und eine Reisegruppe aus Dänemark nahm an der Jagd teil. Nach einer etwas mühsamen Jagdscheinkontrolle und der Überreichung eines Merkblattes zur Drückjagd wurden alle Jagdgäste vom Forstamtsleiter Norbert Sündermann begrüßt. Das vom Forstamtsleiter aufgeführte zu erwartende Wild ließ auf eine interessante Jagd hoffen. Nicht nur Rehwild und Schwarzwild wurden freigegeben. Das Vorkommen von Rot- und Damwild war zu erwarten, bei dem allerdings letztere Wildart vollständig zu schonen sei.

Das überreichte Merkblatt enthielt einen Zeitplan über den Ablauf der zwei Jagdtage, eine genaue Abschussfreigabe, sowie eine Liste aller anfallenden Jagdbetriebskosten-Beiträge bei Fehlabschüssen. Auch waren alle wichtigen Ansprechpartner, wie Tierarzt und Revierleiter aufgeführt. Schon hier zeigte sich das Bemühen um straffe Organisation der Gesellschaftsjagd.

Nach der Begrüßung ging ging es dann in den zu bejagenden Revierteil, der direkt an die dort verlaufende polnische Grenze stößt. Den Revierteil durchzieht ein breiter verlandete Seitenarm des Zerninsees, der mit mannshohem Schilf bewachsen ist und ansonsten einem sich selbst überlassenen Baumbestand besetzt ist. Der Rest des Reviers besteht überwiegend aus Altholzbeständen mit dichter Naturverjüngung.

Schon wenige Minuten nach dem Beginn des Treibens verliess an meinem Stand eine Rotte Sauen durch die Naturverjüngung unbeschossen das Treiben und wechselte ins angrenzende Schilf. Auch Fuchs, Rehwild und Damwild hatte ich zahlreich in Anblick, ohne jedoch einen sicheren Schuss abgeben zu können. Hier zeigte sich die hohe Anforderung bei der Bejagung eines stark mit Naturverjüngung durchsetzten Waldes.



Dichte Naturverjüngung schränkte das Schussfeld stark ein









Photo: Ulrich Döring




Besonders bekamen dies die Hunde im breiten Bruch des verlandeten Zerninsees zu spüren. Gleich 3 Hunde wurden bei dem Versuch, die Rotten im dichten Schilf zu sprengen, schwer geschlagen. Zum Glück funktionierte der Krankentransport zur dienstbereiten Tierärztin reibungslos, sodass der Forstamtsleiter beim anschließenden Streckeverblasen verkünden konnte, dass es allen 3 Hunden den Umständen entsprechend gut ging.

Auch Joe, der erst einmal nur die Standruhe üben sollte, kam auf seine Kosten. Nach dem Ende des Treibens mussten die 2 erlegten Überläufer von Herrn von Rochow geborgen werden und Joe konnte dabei den beiden Sauen mal ordentlich an der Scharte zupfen.



Joe übt die Standruhe











Photo: Ulrich Döring


Hubertus von Rochow mit seinen 2 erlegten Überläufern









Photo: Ulrich Döring



Bergen des Wildes










Photo: Ulrich Döring



Erst jetzt sind sie wirklich tot:
Tottrinken der 2 Überläufer mit St. Hubertus Tropfen








Photo: Ulrich Döring



Beim Streckelegen am Nachmittag gab es eine stärkende Gulaschsuppe und als nach und nach das Wild am Streckenplatz ankam, konnte sich das Ergebnis sehen lassen:
1 Rothirsch, 19 Sauen, 7 Stück Rehwild und ein Fuchs zierten die bunte Strecke des ersten Jagdtages.

Forstamtsleiter Sündermann war mit der Strecke und dem Ablauf des ersten Jagdtages sichtlich zufrieden und alle Schützen wurden feierlich durch das überreichen der Brüche geehrt.
Eine Jagdhornbläsergruppe aus Usedom verblies anschließend die Strecke ohne auch nur einen Fehlton. Dabei wurde der große Unterschied deutlich, wenn eine gut eingespielte Jagdhornbläsergruppe die Strecke verbläst, anstatt einer zufällig zusammengestellten Gruppe.

Leider gibt es scheinbar immer noch keine klare Regelung, wer für die Tierarztkosten bei geschlagenen Hunden auf Drückjagden aufkommt, weshalb ein Hundführer mit dem Hut bei den Schützen das notwendige Geld einsammeln musste. Doch die Jagdgäste zeigten sich großzügig und so konnten alle Tierarztkosten durch die Spenden gedeckt werden. Trotzdem sollte in Zukunft eine andere Lösung gefunden werden, um den Hundeführern das Sammeln der Gelder zu ersparen.


Ehrung der Schützen durch Forstamtsleiter Norbert Sündermann










Photo: Ulrich Döring


Die Strecke am Ende des ersten Jagdtages













Bei einem hervorragenden Abendessen bei Familie von Rochow mit Bier aus der Usedomer Hausbrauerei ließen wir den ersten Jagdtag ausklingen.


Zweiter Jagdtag:



Forstamt Neu Pudagla bei herrlichem Winterwetter










Photo: Ulrich Döring



Am zweiten Jagdtag versammelte sich die Jagdgesellschaft am Forstamt Neu Pudagla und es ging ins Revier Stagnieß. Mir selbst wurde ein Stand nur 100 Meter vom Ostseestrand zugewiesen und wenn der Wind nicht zu sehr blies, konnte ich das Rauschen der Ostsee hinter dem Deich hören.
Durch den lichten Altholzbestand ohne Naturverjüngung mit vertrocknetem Farn hatte ich durch das weite Schussfeld einen echten Fürstensitz und gespannt erwartete ich den Beginn des Treibens . Doch auch diesmal hatte ich nicht das erhoffte Jagdglück. Zwei Rudel Damwild verliessen nur 20 Meter neben meinem Stand das Treiben. Ansonsten hatte ich das Gefühl, die Jagd ging vollständig an mir vorbei.
Als ich nur 3 Minuten vor dem Ende des Treibens meine Sachen zusammenpackte, lies ich Joe vom Stand aus laufen und kümmerte mich um das Verstauen der Jagdutensilien im Rucksack, als ich unmittelbar hinter mir das Farnkraut rascheln hörte. Ich drehte mich um und ein starker Keiler kam direkt auf mich zu, nahm mich wahr, änderte seine Fluchtrichtung und - Joe nahm dessen Verfolgung auf!
Schon nach wenigen Metern hatte der ausgeruhte Joe den vom Treiben ermüdeten Keiler fast erreicht und verschwand mit ihm im dichten Farnkraut.
Beim Gedanken an die am gestrigen Tage geschlagenen Hunde durchlebte ich die schlimmsten Minuten seit ich Joe kenne!
Ich stand da und wartete auf den sicheren Klagelaut des unerfahrenen Hundes, doch mit jeder Sekunde, die ich nichts hörte, wurde ich ruhiger. Nach wenigen Minuten erschien Joe unversehrt und mit seiner Stummelrute wedelnd am Stand. Wer einmal um seinen Hund bangen musste, weiß, welcher Felsen mir vom Herz fiel, als Joe nach dieser Aktion wieder wohlauf am Stand erscheint.

Vor der Kulisse des Forstamtes wurde dann die Strecke des zweiten Jagdtages gelegt und durch mehrere Nachsuche erfolgte das Verblasen der Strecke und das Ehren der Schützen verspätet.
Doch Forstamtsleiter Sündermann zeigte sich mit den beiden Jagdtagen hochzufrieden. Alle Stücke auf der Strecke waren frei gegeben und kein einziger Fehlabschuss musste gerügt werden. Auch dieser Tag war sehr diszipliniert und ohne besondere Vorkommnisse abgelaufen. Das Ergebnis des zweiten Jagdtages waren: 1 Stück Rotwild, 21 Sauen, 4 Rehe und 2 Füchse.

Es hat sich gezeigt, dass das Verteilen der zwei Treiben auf zwei Jagdtage sehr sinnvoll ist. Viele unvorhersehbare Ereignisse lassen eine Drückjagd nicht minutengenau planen, so dass zwei Treiben an einem Tag mit notwendigen Nachsuchen den Ablauf schnell durcheinander werfen.
Zudem ist es für einen gelungenen Jagdtag viel schöner, wenn das Verblasen der Strecke am Nachmittag erfolgt, also noch bei Tageslicht.



Die Strecke des zweiten Jagdtages










Photo: Ulrich Döring



Gegen 16:00 Uhr fanden sich dann alle Jagdgäste im Deutschen Haus in Ückeritz ein. Bei einem mittelalterliche Rittermahl gab es ein mehrgängiges Essen, das auch den hungrigsten Treiber sättigte.
Umrahmt wurde das Schüsseltreiben mit zahlreichen Darbietungen der "Jagdhornbläser Insel Usedom e.V." und ihren Parforcehornbläsern, die weit über Usedom bekannt sind und bereits zahlreich fordere Plätze bei Bläserwettbewerben belegen konnten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die lange Reise nach Heringsdorf gelohnt hat. Schon die Gastfreundschaft der Familie von Rochow zu genießen, ist eine Reise nach Usedom wert. Wer eine gut organisierte zweitägige Drückjagd mit disziplinierten Schützen und Treibern zu schätzen weiß, ist beim Forstamt Neu Pudagla in guten Händen.

Bleibt am Schluss allen Dank zu sagen, die zum Gelingen dieses Drückjagdwochendes beigetragen haben und die Zusicherung: Wir werden wiederkommen.

waidmannsheil

Euer


stefan

1 Kommentar:

Stefan hat gesagt…

Das Einsammeln der Tierarztkosten am Sammelplatz muss nicht sein.
Die Hunde einer Stöbergruppe sind meistens versichert. Die billigste Versicherung ist die LVM-Versicherung (Landwirtschaftlicher Landesversicherungsverein Münster a.G). Der Jahresbeitrag beträgt € 46,16 pro Jahr. In dieser Versicherung sind alle Tierarztkosten abgedeckt. Der Selbstbehalt beträgt € 50,00. Stirbt der Hund wird ein eine Entschädigung je nach Abschluss der Versicherung gezahlt.

Im übrigen bietet die LVM-Versicherung auch Tagesversicherungsschutz an. Hier liegt der Beitrag bei ca. € 8,00.

Auf vielen großen Jagden wird nachgefragt, ob ein Hund versichert ist oder nicht und die Hunde werden dann entsprechend versichert. Als Mitglied der Stöbergruppe DW-Baden-Württemberg-Süd darf ich meinen DW nur führen wenn ich meinen Hund versichert habe.

Susanne Beck
Schatzmeister der Jägervereinigung Zollernalb