Bei einem Reviergang am Morgen mit DD Rüde Ajax wollte ich prüfen, ob die Sauen die in diesem Jahr reichlich tragenden Pflaumenbäumen auch am Ortsrand angenommen haben.
Zwar war nicht erkennbar, dass sie da waren, aber die sumpfigen Wiesen zwischen Dorfrand und Oder-Havel Kanal wiesen zahlreiche, mit dem Wurf geschaffene Löcher auf. Überall waren kleine Gruben in der Grasnarbe und die tiefschwarze Erde der Oderbruchwiesen wurde sichtbar.
Hier wollte ich mich am Abend ansetzen, schließlich war Vollmond und am gestrigen Tage hatte mir eine Regenfront just zu Beginn des Mondscheins den Ansitz verdorben.
Nach einem Wolkenbruch am späten Nachmittag riss der Himmel auf und bei einer herrlichem Spätsommersonne bezog ich eine offene Kanzel am Rande eines langgezogenen Bruchwaldes, der 200 Meter breit vom Ufer des Oder-Havel-Kanals in die sumpfigen Wiesen Richtung Ortsrand hineinragt.
Da der Boden der Kanzel nur 2 Meter hoch ist, konnte Ajax, der sonst immer am unteren Ende der Leiter liegt, mit auf die Kanzel.
Bis zum Sonnenuntergang tat sich nichts, kein Reh trat aus, kein Fuchs ließ sich blicken. Dies war ein gutes Zeichen, denn dann sind die Sauen oft in dem Bruchwäldchen.
Orangerot erhob sich der Mond im Osten und nur einige kleine Wölkchen bedeckten den Himmel. Als die Sonne untergegangen war und er seine Strahlkraft voll entfaltet hatte, war der Rand des Bruchwaldes hell ausgeleuchtet. War da nicht ein Quieken rechts hinter mir zu hören? Schnell setzte ich mich rittlings auf das Sitzbrett und legte die Waffe entsichtert auf die rechte Brüstung der Kanzel. Der Wind wehte heute konstant direkt vom Schiffshebewerk und wenn die Weiden nicht im Wind rauschten, konnte man die Musik vom dortigen Fest hören.
Tatsächlich. Wenn der Wind nachliess, konnte ich das Grunzen, Blasen und Quieken, die so typische Geräusche einer Rotte Sauen im Gebrech vernehmen. Sie kommen näher. Ich spürte meinen ansteigenden Puls und wartete auf ihr Erscheinen auf der Wiese. Doch anstatt am Waldrand zu erscheinen, brach die Rotte im Bruchwald und kam bis auf wenige Meter von hinten an den Sitz heran. Auch Ajax begann heftig die Witterung einzusaugen und beim Herausblasen seiner eingeatmeten Witterung befürchtete ich, dass dies uns verraten würde. Nun konnte auch ich den unverkennbaren Maggigeruch einatmen!
Doch der urwaldähnliche Bewuchs aus Ackerwinden, Weiden und Schilf des dunklen Bruchwaldes gab keinen Blick auf die Sauen frei, obwohl ich glaubte, sie fassen zu können, so deutlich vernahm ich die Sauen hinter mir.
Fast eine Stunde verging unter höchster Anspannung, ohne dass sich auch nur ein einziges Schwein auf der hell erleuchteten Wiese zeigte.
Dann irgendwann war nichts mehr zu hören außer der Festmusik vom Schiffshebewerk.
Die Bruchwiesen lagen vom Vollmond hell erleuchtet vor mir, die Gewehrläufe der Bockbüchsflinte blinkten in dem ungewöhnlichen hellen weißlichen Mondlicht. Ansonsten Totenstille.
"Die sind bestimmt auf der anderen Seite des Bruchwäldchens und brechen in der Wiese", ging es mir durch den Kopf. Der Wind war gut und dann ging mir der "Schweinepapst Max Götzfried" durch den Kopf.
"Was der kann, das kann ich auch" schoss es mir durch den Kopf.
Also ganz langsam herunter vom Hochsitz und mit Rucksack, Gewehr Schießstock und Ajax erst einmal weg vom Sitz auf die offene Wiese , um die Spitze des Bruchwäldchens zu umschlagen.
Auf der weichen Wiese komme ich gut voran, vor allem aber geräuschlos. An der Spitze des Bruchwäldchens schließt sich ein mit hohem Schilf gewachsener Entwässerungsgraben an, der mir beste Deckung bietet. Diesen muss ich bis zum Ende mit sicherer Entfernung entlang gehen, um dort über einen Feldweg auf die andere Seite zu gelangen. Leider versperrt mir das hohe Schilf jede Sicht auf die dahinter liegende Wiese.
Auf halber Strecke entlang des Grabens auf offener Wiese fängt Ajax an, wie zuvor auf dem Hochsitz, die Witterung vom Graben her wie in kocksender Junkie mehrmals tief einzusaugen. Wenn der Hund mir bloß sagen könnte, was er riecht! Ich verweile, in der Hoffnung, wenn ich schon nicht riechen kann, wenigstens etwas zu hören.
Und tatsächlich : Ich höre ein kurzes, aber eindeutiges Grunzen von der Wiese hinter dem Graben! Die Sauen sind direkt auf der anderen Seite des Grabens! Nichts wie zum Feldweg, um die andere Seite des Grabens einsehen zu können! Zügig marschiere ich zum Feldweg.
Dort bin ich fast angekommen, als die Leine ruckt. Ich will Ajax schon anmaulen, warum er nun gerade jetzt sein Geschäft verrichten muss, wo ich es doch so eilig habe, als ich sehe , dass Ajax den Blick nach hinten gewendet hat. Ich verlängere seinen Blick und traue meinen Augen nicht. Ich sehe im Mondlicht auf 70 Meter drei dicke Schwarze Klumpen genau zwischen der Kanzel, auf der ich saß und meinem jetzigen Standort. Die Sauen ziehen vom Graben in die Wiese.
"Wärst Du doch sitzen geblieben, Du Idiot, dann könntest Du in aller Ruhe eine Sau erlegen, aber nein, wolltest den Schweinepapst nacheifern", schimpfe ich gedanklich über mich selbst.
Wenn sie noch 50 Meter weiter in die Wiese ziehen, kommen sie auf meine Fährte und der Spuk ist vorbei!
"High noon" würde Max Götzfried sagen und bei dem Gedanken an diesen Ausdruck ramme den Schießstock in den weichen Wiesenboden des Oderbruchs, lege die Waffe auf und will Ajax ins Platz befehlen. Doch beim Blick zu Ajax liegt dieser bereits. "Waffe auf Schießstock" heißt "Platz", das kennt er mittlerweile. Der Hund macht in liegender Haltung einen Hals wie eine Giraffe und zittert am ganzen Körper. "Schön Platz bleiben" flüstere ich.
Wenigstens ziehen die Sauen nun nicht mehr weiter in die Wiese und kommen meiner Fährte nicht mehr näher. Doch als ich versuche, mit dem Zielfernrohr eine Sau zu fassen zu bekommen, sehe ich nur dicke Klumpen. Ist denn keine schwache Sau dabei? Doch dann kommen auf einen Schlag etwa 10 weitere Sauen durch den Graben auf die Wiese und beginnen sofort damit, die Grasnarbe am Grabenrand nach fressbarem abzusuchen. Einen schwächeren kleinen Überläufer direkt am Graben habe ich sofort im Zielfernrohr. Doch die Schießstockneigung ist noch nicht optimal. Noch einen kleinen Schritt zurück und nun sind Schulter, Schießstockgabel und Sau genau eine Linie. Ich bin mal wieder erstaunt, welch ruhige Zielerfassung bei dieser optimalen Austarierung der Linie Wildkörper-Schießstockgabel-Schulter möglich ist. Ohne die Sau aus dem Zielstachel zu verlieren, entsichere ich, steche ein und lasse fliegen. Die Sau sackt ohne noch einen Meter zu flüchten in sich zusammen und der Rest der Rotte stürmt, nachdem sie kurz orientierungslos herumwirbelt, Richtung Schilfgürtel des Oder-Havel Kanals. Nachdem ich die Waffe erneut geladen habe und Ajax für seine vorbildliche Standruhe gelobt habe, suche ich meine Sau. Doch ich sehe einfach nichts mehr. Ein Blick zum Himmel liefert mir den Grund: Eine dicke Wolke hat sich vor den Mond geschoben. Als ich bei dem schwachem Licht, das der Mond noch durch die Wolken spendet, an der Überläuferbache stehe, fallen einige Regentropfen. Zufrieden schaue ich zum Himmel. Der Mond wird für die nächsten Stunden oder womöglich die ganze Nacht keine Helligkeit mehr spenden.
Glück gehört zum Jagderfolg einfach dazu, oder um im Sprachgebrauch des Schweinepapstes zu bleiben:
Gestern bei Vollmond war High noon im Oderbruch.
DD Rüde Ajax mit der Überläuferbache am nächsten Tag auf dem Lieper Vorwerk
waidmannsheil
Euer
stefan
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6.9.09
Saupirsch bei Vollmond- High noon im Oderbruch
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1 Kommentar:
Ein-, zweimal weniger den Begriff "Schweinepapst" und Deine Geschichte bekommt 5 Sterne. Schön geschrieben!
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