21.9.07

Falk´s erstes Stück

Dass Falk Brauer ein begeisterter Jungjäger ist, wissen die meisten Leser des www.wild-web.net schon lange. Besonderes Glück hat ein Jungjäger, wenn er einen gönnerhaften Vater hat, der über eine Hochwildjagd in Sachsen verfügt.

Dass Falk Brauer über Kreativität und Einfallsreichtum verfügt, hat er mit seiner graphischen Darstellung der Erlegung seines ersten Hirsches bewiesen, eine der am häufigsten aufgerufenen Seiten hier im Jagdblog!

Aber auch seine Erzählungen sind immer wieder lesenswert, was nachfolgende Geschichte über sein erstes Stück beweist.

Mir hat er versprochen, einen Bericht über die Hirschbrunft 2007 zu schreiben, um ihn hier einzustellen.
Da dürfen wir gespannt sein, doch erst einmal seine Geschichte über die erste erlegte Sau.


Mein erstes Stück
von Falk Brauer



Der Autor mit seinem 65 kg Keiler














Nun hatte ich meinen ersten Jahresjagdschein reichlich einen Monat in der Tasche und schon zwölf Ansitze ohne Waidmannsheil hinter mir, als ich mich am 16.06.2006 erneut „hinauswagte".

Heute sollte es einem Schmaltier gelten. Den mehrfach gesichteten Jährlingsböcken war ich einfach zu langsam. Die Pächter unseres Revieres hatten da einfach mehr Erfahrung und machten den Plan schon nach vier Wochen zu. Bei den Schmalspießern das Gleiche. Wer weiß für was es gut war, warum ich auf mein erstes Stück noch warten sollte. Vielleicht wartet ja der alte greise Bock oder ein kräftiger Keiler?

Es war ein sommerlich warmer Freitag Abend. Weit über 20 Grad, für die Erzgebirgskammlage doch recht warm. Ein kurzer kräftiger Schauer ließ mich noch eine Weile im Auto warten, bevor ich mich im triefnassen, hüfthohen Gras auf die ca. 400 Meter bis zur Kanzel aufmachte. Gewitter waren angesagt, aber wir hatten ja gelernt, dass nach Regen das Wild gerne zieht.


Zehn vor halb acht. Ich war spät dran, denn beim Durchqueren der Wiese machte ich unmittelbar vor mir drei Ricken hoch, die offenbar bei ihren Kitzen lagen. Gut, der Abend war ja noch lang und für alle Fälle hatte ich den Ansitzsack und ein kleines Frühstück mit Kaffee in der Thermoskanne dabei. Ich könnte also auch bis zum Morgen warten.


„Erstaunlich. So warm und noch keine Mücken.", dachte ich. Manchmal soll man solche Dinge ja nicht beschreien. Aber dazu später.


Ich baumte auf. Ich hatte mich gerade schön eingerichtet, als ein starker sechser Bock keine 30 Meter von mir entfern auf die Fläche zog. Langes Ansprechen mit dem Glas. Alt konnte er noch nicht sein. Vielleicht 3 Jahre. Aber das ist natürlich sehr vage. Kurzer Probeanschlag – ein bisschen Übung muss ja sein. Der Bock zieht weiter. So in 50 Meter Entfernung tut er sich nieder und ist so im hohen Gras verschwunden. Was nun? Natürlich brannte ich auf meinen ersten Jagderfolg, war mir aber nicht sicher. Der junge Jäger der neuen Zeit weiß Rat: Er schickt eine SMS an seinen zur gleichen Zeit in etwa 1 km Entfernung ansitzenden Vater: „Starker sechser Bock. Vielleicht drei Jahre. Schiessen?" Vielleicht wollte ich mich etwas aus der Verantwortung ziehen. Prompt kam eine SMS: „Antwort ist nein." Gut. Hatte sich erledigt. Später hatte mir mein Vater zwar gesagt, dass ich hätte auch schießen können, aber er glaubte, mein erstes Stück solle etwas anderes sein und im Nachhinein betrachtet hatte er Recht.


Der weitere Abend brachte die drei verdrückten Ricken zurück auf die Fläche. Offenbar wollten die Kitze noch gesäugt werden. Ein lustig herumtollender Jährlings-Gabler ließ mich den Finger gerade lassen, er war ja nicht mehr frei. Vielleicht war es auch ein Zweijähriger., aber eben diese „Vielleicht" ließ mich nicht schießen. Ein Fuchs wurde noch von einer Ricke vertrieben, als er sich zu nahe an ihr Kitz wagte. Schon beeindruckend, wie viel Respekt der Rotrock vor den Vorderläufen des Rehes hat.

Dann brach die Dämmerung herein. Was nun? Warten. Am Horizont zog das vorhergesagte Gewitter auf. „Gut, nun bin ich einmal draußen. Nun kann ich auch hierbleiben." Gesagt getan. Ich wartete noch ein Weilchen. Ein Stück Rotwild kam noch vorbei, ein Ansprechen war aber nicht mehr möglich. Gegen halb zwölf bette ich mich im Ansitzsack auf den Fußboden der Kanzel; Beine angezogen, geht doch!


Nun kam das Unwetter! Blitz und Donner um mich herum. Laut und hell wurde es. Eigentlich Wahnsinn: Die Kanzel auf dem Gebirgskamm, mitten auf einen Wassergraben gebaut, mit Drahtseilen nach den Seiten verankert – hier oben stürmt es halt manchmal doch etwas heftiger. Aber ich redete mir ein, dass die Kanzel ja schon sein Ewigkeiten hier steht und noch nie ein Blitz eingeschlagen hat. So kam ich schlecht zum Einschlafen. Zwei, drei Mücken taten ihr Übriges dazu. Aber das Mückendrama sollte erst später kommen.

Auf vier Uhr hatte ich den Weckruf in meinem Handy programmiert, aber schon gegen dreiviertel wachte ich auf. Zuerst schaltete ich mein Handy ab, es sollte ja dann nicht noch mal klingeln. Ein kurzer Blick durch die geschlossenen Fenster zeigte Nebel, Nebel, nichts als Nebel um mich herum. Jetzt wurde erst einmal gefrühstückt. Nach zwei Kaffee war ich doch erstaunlich wach und schlüpfte aus dem Ansitzsack. Das es nun vier Uhr war merkte ich am „Hallali"-Weckruf meines Handys, was es sogar im ausgeschalteten Zustand von sich gab. Das hatte ich nicht gewusst, aber man lernt ja nie aus. Nun begann ein hektisches Suchen nach dem irgendwie verschwundenen Telefon. Der Klingelton wurde immer Lauter, der Tag beginnt ja schon mal gut! Dann auf einmal Ruhe. „Schön", dachte ich, "da Thema hat sich jetzt erledigt." Falsch gedacht! Nach Zehn Minuten das gleiche Spiel. Jetzt war es schon schlimmer, die Fenster waren mittlerweile offen! Nach etwas intensiverem Suchen hatte ich den Störenfried im Ansitzsack entdeckt. Die in diesem Augenblick gehegten Gedanken, wie „Aus dem Fenster werfen und ála Großdobritz hinterherschießen" will ich nicht näher ausführen. Sicher hätte ich auch nicht getroffen.


Nach dem etwas hektischen Tagesbeginn ging es mit Starkregen weiter. „Na das geht heute sicher wieder in die Hose", grübelte ich so vor mich hin.

Der Regen hörte auf und auch der Nebel lichtete sich. Und schon zog eine Ricke zu ihrem Kitz, schleckte es liebevoll ab und gab ihm die Milch, die es verlangte. Ein schöner Anblick, eigentlich hatte sich der ganze Aufwand in diesem Moment gelohnt.


Eine Weile schaute ich dem Treiben zu, während ich immer wieder leise knackende Geräusche vernahm, denen ich aber keine Beachtung schenkte, schon zu oft hatte ich mich durch sich im Wind wiegende Bäume veralbern lassen.


Doch was ist das! Ein dunkler Batzen zieht fünf Meter neben meiner Kanzel aus dem Stangenholz über den Wassergraben auf die Fläche! Es ist 5:15 Uhr, taghell. Ein erster Blick hinter das Wildschwein. Keine Frischlinge. Wie denn auch, bei den Waffen und den Steinen zwischen den Hinterläufen. Ein Keiler. Vielleicht ein starker Überläuferkeiler, ich schätzte ihn auf 40 Kilogramm. Was nun? Er zog spitz von mir weg. Vorsicht, der Wind bläst meine Witterung direkt auf die Fläche, bald würde er mich mitbekommen. Die Bockbüchsflinte im Anschlag wartete ich auf den passenden Moment. Da, in etwa 15 Metern Entfernung dreht er links und steht breit vor mir. Jetzt oder nie! In der Hektik vergesse ich sogar die zur Mückenabwehr angezogenen Handschuhe auszuziehen. Ich versuche einzustechen. Irgendwie geht das nicht. Die Aufregung? Aber eigentlich ist es ja auch Nonsens, auf diese Entfernung. Also zielen und fliegen lassen!


Was dann passiert entsetzt mich extrem. Der Keiler geht raketenartig ab auf die Fläche. Nach etwa vierzig Fluchten dreht er leicht rechts ab und ist auf einmal im hohen Gras verschwunden.

Erstaunlich. Den Knall habe ich so gut wie nicht vernommen, von Rückstoß keine Spur. Aber die Aufregung ist auch erst einmal weg.

Ich hatte meinem Vater versprochen, ihn sofort anzurufen, falls ich einen Schuss abgebe. Das tat ich dann auch gleich. Um 5.17 Uhr war er wie hellwach. Er schien am Telefon geschlafen zu haben. Ich schilderte ihm die Situation. Er sagte sofort: „Das liegt! Geh zum Anschuß und ihm hinterher!". Ich baumte ab, vorher lud ich eine 7 x 65 R nach. Sicher ist sicher! Da ich nun nicht mehr genau sagen konnte, wo der Anschuß liegt , ging ich zum Graben zu der Stelle wo das Wildschwein ausgewechselt war. Ich folgte der Fährte. Und da! Da war der Anschuß. Zwei winzige Tropfen dunklen Schweißes, mehr nicht. Ich ging weiter, die Waffe in beiden Händen. Da! Noch ein kleiner Tropfen, aber es wurde nicht mehr. Nach ca. vierzig Metern lag es dann da. Mausetot. Nun begann ich zu begreifen, was eben passiert war. Ich begann aber auch zu begreifen, in was für eine Mückenhölle ich mich begeben hatte. Die Aufregung der kurzen „Nachsuche" hatte mich die Millionen von Mücken die sich über mich hermachten nicht bemerkten lassen. Mein Gesicht schwoll schon an. Aber das nahm ich in Kauf. Ich genoss den Ablick meiner ersten Strecke noch solange, bis mein Vater nebst geweckter Mutter bei mir eintrafen. Nach der obligatorischen Bruchübergabe und dem letzten Bissen für das Schwein begann ich mit der roten Arbeit, natürlich unter den helfenden Blicken meines Vaters. Den Kampf gegen die Mücken hatte ich in dem Moment verloren, als ich meine Jacke schonen wollend, diese auszog und meine Arme nebst Rücken dem Heer von Stechtieren preisgab. Es war ein Kampf mit den Mücken und dem Aufbrechen zugleich. Irgendwann war es dann geschafft und beim Verladen des Keilers in das Auto meines Vaters merkten wir schon, dass das nicht nur vierzig Kilo waren.

Beim Heimfahren schauten uns noch ein Alttier nebst Kalb (das erste gesichtete in diesem Jahr in unserem Revier) und zwei Schmaltiere (auf die ich eigentlich gewartet hatte) hinterher.


Die Wage in der Wildkammer zeigte dann 65 Kilogramm an. Ein Keiler, wie er schon seit ein, zwei Jahren in unserem Revier hier nicht mehr erlegt wurde. Im Vergleich zu anderen Revieren sicher nicht viel, den strengen Winter und die hiesigen Äsungsverhältnisse einbezogen aber sicher nicht schlecht. Anhand der Waffen und der gelernten Formel kamen wir auf einen ca. 3 Jahre alten Keiler, gestreckt direkt am Rande eines Birkwild-Schutzgebietes, die Naturschützer wird's freuen. Der Schuss saß gut, kurz hinterm Blatt; Kein Wildpret-Verlust, auf diese Entfernung aber vielleicht keine Kunst. Interessant war nur, dass trotz geringer Entfernung, 7 x 65 R, 11,2-Geschoß und spitzem Winkel kein Ausschuss vorhanden war. Das Herz war getroffen, ebenso die Leber. Der Keiler hatte vermutlich schon das Zeitliche gesegnet, als er seine Flucht begann.

Natürlich freue ich mich auf die kommenden Ansitze, die künftigen Erlebnisse und die erhoffte Strecke, aber ich denke, dieses Ereignis werde ich mein Leben lang nicht vergessen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Kann nur ich die Bilder nicht sehen?

MZ