22.11.13

Die Stadt Warstein am Scheideweg - Hohe Jagdpachteinnahmen oder naturnaher Waldumbau


In kaum einer anderen Stadt wird die Diskussion um die zur Zeit anstehenden Jagdneuverpachtungen derart emotional geführt, wie die  in der Stadt Warstein. Dies hat einen einzigen Grund:
Es geht um sehr viel Geld!

Die Besonderheiten der Stadt Warstein

Jagdlich gesehen hat die Stadt Warstein etwas ganz besonderes zu bieten: Mit 5.000 ha städtischen Forstflächen ist die Stadt Warstein einer der größten Kommunalwaldbesitzer Deutschlands. Doch eine weiteren Besonderheit sorgt dafür, dass man mittlerweile getrost bei den Jagdverpachtungen von der "Causa Jagdverpachtung Warstein" sprechen kann: Die Jagdreviere der Stadt liegen vor den Toren der nordrhein-westfälischen Ballungsgebiete Köln/Bonn und dem Ruhrgebiet  mit einer zahlreich vorhandenen, zahlungskräftigen Jägerschaft. Bei diesen sind die überwiegend von der Stadt Warstein ausgeschriebenen Stadtreviere hochbegehrt. Zudem ist im Stadtwald das in Deutschland eher selten vorkommende Sikawild beheimatet. Nun wissen nicht nur ortsansässige Jäger, dass solche verkehrsgünstig gelegenen Hochwildreviere Begehrlichkeiten wecken, die die Jagdpachtpreise in für viele Jäger unerschwingliche Höhen treibt. Und obwohl die Jagdpachtpreise kaum in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, weiß jeder, dass Pachtpreise jenseits der 20 Euro/ha bezahlt werden. Daraus ergeben sich für das Stadtsäckel der Stadt hochlukrative jährliche Einnahmen im sechsstelligen Bereich, auf sie man nicht verzichten will. Bei "Kunden", die solche Pachtpreise zahlen, muss auch eine Stadt Zugetändnisse machen. Diese Zugeständnisse werden insbesondere in der Form gemacht, dass man dem Jagdpächter bei der Festsetzung des Schalenwildbestandes weitestgehend freie Hand läßt. Wer eine Hohe Jagdpacht zahlt, der fordert das Recht, die Angemessenheit der Schalenwilddichte selbst zu bestimmen. Dies ging viele Jahrzehnte gut, jedoch setzte der Wibelsturm "Kyrill" diesem gentlemen agreement "Hohe Wildbestände gegen hohe Pacht" abrupt ein Ende.

Die Folgen von Kyrill auf die Jagdverpachtungen und der naturnahe Waldumbau

Nun ist es mittlerweile Stand der Wissenschaft, dass Monokulturen besonders anfällig gegen Sturmschäden sind. Fehlende Naturverjüngung im unteren Bereich der Baumkronen alter Bäume geben dem Sturm Angriffsfläche und es kommt, wie man im Sauerland besonders deutlich nach dem Sturm Kyrill sehen konnte, zu gewaltigen Stumschäden insbesondere an den Altholzbeständen. 


Sturmschäden nach Kyrill im Stadtforst Warstein 
Deutlich sichtbar ist die fehlende Naturverjüngung, hervorgerufen durch überhöhte Schalenwildbestände
Photo: www.strassenweb.de.

7 Jahre nach den Aufräumungsarbeiten nach dem Sturm Kyrill ergibt  sich für den Stadtforst Warstein aber ein gewaltiges Problem: Die für eine hohe Jagdpacht geduldeten hohen Schalenwildbestände lassen eine natürliche Verjüngung der Stumschadensfläche nicht zu. Nur kostenintensive Aufforstungs- und Gatterungsmaßnahmen ermöglichen eine Wiederaufforstung der Sturmschadensflächen. Doch diese Aufforstungsmaßnahmen, die sich schnell auf 5.000 bis 10.000 Euro/ha belaufen können, will und kann die Stadt nicht ausgeben.

Bei den immensen Schadflächen, die der Sturm Kyrill im Stadtforst von Warstein angerichtet hat, wird auch schnell erkennbar, dass mit Jagdpachteinnahmen, selbst wenn sie jährlich 50 Euro/ha betragen würden, diese Gatter- und Aufforstungskosten niemals  kompensiert werden können.

Die Lehre aus Kyrill: Naturkatastrophen zwingen zum nachhaltigen Wirtschaften

Die immensen Zerstörung, die der Sturm Kyrill in den Monokulturen des Stadtforstes in Warstein angerichtet hat, haben etwas Gutes bewirkt: Dem kurzfristigen Wirtschaften (hohe Pachteinnahmen) stehen nun immense Aufforstungskosten gegenüber. Hohe Wildbestände, die zur Erzielung einer hohen Jagdpacht geduldet wurden, machen eine Aufforstung der Schadflächen nur mit einem hohen, aber unvertretbaren Aufwand möglich.

Der Stadtforst von Warstein steht exemplarisch für den Wandel weg vom kurzfristigen Profitdenken hin zum nachhaltigem Wirtschaften. Auch die Jägerschaft muss einsehen, dass sie sich diesem Grundsatz beugen muss und ihre Vorstellungen der bisherigen Jagdbewirtschaftung überdenken muss. Tut sie es nicht, droht weiteres Ungemach:

Die Alternative zur Jagdverpachtung heißt Regiejagd.


waidmannsheil

Euer

stefan

Pressestimmen zur Neuverpachtung vs. Regiejagd im Stadtforstes Warstein:

4.6.2013 Forstausschuss hält an Jagdpacht fest

27.6.2013 Jagd unter Aufsicht als richtiger Weg

28.10.2013 Jagdverpachtung: Die Diskussion geht weiter

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