1.8.07

"Heute bedeutet Falknerei neben der Jagd vor allem auch Artenschutz."

Falkner Ralf Schubach
Photo: Greifenwarte am Rennsteig

Dies sagt Falkner Ralf Schubach in einem Interview mit dem Onlinemagazin der Südtüringer Zeitung.
Seit Oktober vergangenen Jahres ist er der Leiter der Greifenwarte am Rennsteig.
Besonders bemerkenswert finde ich, dass die Falknerei keinerlei staatliche Zuschüsse erhält und auf private Sponsoren und Spenden angewiesen ist.

Eindrucksvoll schildert der Artikel die Arbeit des Falkners und die Eindrücke der Besucher auf der noch jungen Greifvogelwarte in Thüringen. Mit der Arbeit eines Falkners lässt sich auf beeindruckende Weise einem breiten Publikum die Jagd auf eine Art näher, wie wir es als "einfache Jäger" kaum könnten. Der gut recherchierte Bericht in der Onlineausgabe der Südthüringer Zeitung beweist dies.

Diesem ausführlichen und öffentlichkeitswirksamen Artikel über die Jagd mit dem Greifvogel ist nichts mehr hinzuzufügen, außer der noch jungen Greifenwarte „Falknerei am Rennsteig" viel Erfolg für die Zukunft und vor allem viele neugierige Besucher zu wünschen.


waidmannsheil


Euer

stefan


Falkners Faustspiel um Vertrauen


Ralf Schubach aus Ruhla lässt täglich Greifvögel fliegen – und sie kommen immer wieder zurück

VON ULRICKE BISCHOFF

„Man kann einen Greifvogel nicht erziehen wie einen Hund oder ein Pferd.“ Aber man kann sein Vertrauen gewinnen. Mit Wissen, mit Geduld und mit Erfahrung. Dann kommen die Sinnbilder der Freiheit zu dem zurück, der ihrer Faszination erlegen ist. Der Falkner Ralf Schubach aus Ruhla ist einer von ihnen.


RUHLA – Ralf Schubach beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit der Falknerei. Sein Hobby ist Beruf geworden. Am 1. Oktober vergangenen Jahres hat er die Greifvogelwarte am Rennsteig – neben der Ruhlaer Skihütte – eröffnet und ist seither auch meistens dort zu finden. Bis zu zwölf Stunden am Tag, sagt er, erfordert die Arbeit bei und mit den Tieren.

Die Faszination hat ihn früh gepackt. Als Achtjähriger hatte er versucht, einen am Flügel verletzten Bussard gesund zu pflegen. Wusste nicht so recht, wie – der Bussard starb. Später erfuhr er, dass er das Tier falsch ernährt hatte.

Später – das war bald darauf. Ralf Schubach las über Greifvögel, was er bekommen konnte. „Ich wollte es wissen."

Heute erzählt er den Besuchern seiner Greifvogelwarte unter anderem von den Anfängen der Falknerei vor etwa 4000 Jahren, als vermutlich asiatische Steppenvölker aus der Not heraus Vögel in ihren Dienst stellten. Greifvögel konnten Beutetiere noch erreichen, wenn die damaligen primitiven Waffen der Menschen nicht mehr ausreichten. Im Mittelalter bis in die Neuzeit hinein war die Jagd mit Falken, die Beizjagd, ein beliebtes gesellschaftliches Vergnügen. Die Herrschenden haben sich damals den Zugriff auf die Greifvögel vorbehalten, gelegentlich eignete sich ein Falke auch als diplomatisch wirksames Geschenk.

Später wurden die als Raubvögel bezeichneten Greife als Jagdkonkurrenten gesehen, wurden selbst bejagt und aus vielen ehemals heimischen Revieren getilgt. Umweltgifte taten das ihrige, brachten manche Art an den Rand des Aussterbens. Erst in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden Greifvögel unter Schutz gestellt.

Heute, sagt Ralf Schubach, bedeute Falknerei neben der Jagd vor allem auch Artenschutz. „Nebenbei" betreibe er eine Quarantänestation für Greifvögel in Ruhla. Er nimmt verletzte oder aus dem Horst gefallene Jungvögel auf, pflegt sie und wildert sie wieder aus. Turmfalken gehörten schon dazu, Mauersegler, Waldkäuzchen und ein Mäusebussard. Sie sollen sich nach der Pflege in die Lüfte schwingen, wieder frei sein, in ihre Biotope zurückkehren.

Greifvögel, die ein Falkner trainiert, sollten wiederkommen. Grundlage für das Verhältnis zwischen Mensch und Greifvogel ist das Vertrauen. „Das Tier muss lernen, dass der Mensch nicht nur Feind ist." Der wichtigste Schritt des Trainings ist das „Abtragen". Ein Training auch für den tragenden Arm des Falkners. Er setzt das Tier „auf die Faust", geht mit ihm im Dunkeln spazieren. Eine Zeit, in der das Tier „nur positive Eindrücke" mitnehmen und am Erfolg lernen sollte. Erfolge belohnt der Falkner mit Futter. Und geht weiter. Mit einem mehrere Kilo schweren Greifvogel auf der Faust. Nach den nächtlichen Touren – „im Dunkeln sind alle Greifvögel ruhig" – kommen erste Versuche in der Dämmerung, erste Begegnungen mit anderen Menschen, einem Auto, unbekannten Geräuschen. Acht bis zwölf Wochen dauert das Abtragen, „je nach Charakter", immer wieder belohnt mit einem Eintagsküken.

Dann der erste Freiflug. Von einem Pfahl zurück auf die Faust, gelockt mit Futter, belohnt mit Futter.

Jeden Morgen wiegt Falkner Schubach seine Tiere. „Um den Futterbedarf zu ermitteln." Ein überfütterter Greifvogel fliegt nicht. „Warum sollte er auch? In der Natur fliegt er auch nicht spazieren." Hat sich etwa ein Habicht im Training mit einem 50-Meter-Freiflug zurück zum Falkner angefreundet, „kann man ihn langsam an Beuteattrappen gewöhnen". Dann bindet der Falkner die Futter-Belohnung auf den Balg – bei Falken simuliert das Federspiel den Fasan – zuckelt an ihm, zieht ihn weg, schwingt das Federspiel. Die Greifvögel lernen so das Schlagen, trainieren ihre Muskulatur und Geschicklichkeit. Mancher Anflug geht an der Beute vorbei – wie im natürlichen Leben, wenn das hungrige Tier zehn, 15-mal zum Jagdflug ansetzt.

Steht ein Greifvogel „ordentlich auf der Faust", gewöhnt er sich an die Transportkiste, zieht er auf der Faust einen Fang nach oben oder schläft dort gar ein, hat der Falkner es geschafft – hat aus dem Wildtier einen Vertrauten gemacht. Ein Steinadler, der aus mehreren hundert Metern Höhe im Sturzflug zum Falkner zurückkommt, „das ist so mit das Faszinierendste, was man erleben kann", sagt Ralf Schu
bach.

Die Flugschau in der Greifenwarte am Rennsteig bestreiten ausnahmslos nachgezüchtete Tiere. „Keines wurde aus dem Wildbestand gefangen." Nach „ein bisschen Geschichte" zur Falknerei erlebt der Zuschauer elf Greife. Da fliegen die Luggerfalken Faustappelle und jagen dem Federspiel nach, die schwer abzutragenden Schnee-Eulen – Kindern bestens aus „Harry Potter" bekannt – präsentieren sich, das Adlerbussard-Weib steigt, „wenn sie's macht", zum Thermikflug auf, der Rotschwanzbussard zeigt einen Beuteflug und Gänsegeier „Merry" setzt sich nach dem Gleitflug auch mal gerne zum Publikum. Dessen Liebling, das vierjährige Weißkopfseeadlerweib „Meggi" mit einer Spannweite von 2,50 Metern, fischt und fängt Beute aus der Luft – zumindest bald wieder. Sie mausert sich, die neuen Schwungfedern sind noch weich und dem Falkner die Vorführungen zu riskant. Eine verletzte Feder würde „Meggi" drei Jahre Probleme bereiten. Geduld verlangt auch der „König der Lüfte", in der Greifenwarte am Rennsteig durch eine Königin vertreten: „Babsi", das Steinadlerweib, hat gerade das Flegelalter hinter sich und wird nun wieder trainiert.

Vor einer Flugschau versucht Falkner Schubach, das Publikum einzuschätzen. Nicht jeder mag es, wenn ihm ein Greifvogel knapp über den Kopf schwirrt – und nicht immer empfiehlt sich das. Wie bei jenem Bussard, der einmal, als Schubach noch angestellter Falkner war, einer Dame die Pelzmütze vom Kopf schnappte und genüsslich auf einem Ast zerlegte. Die Dame bekam Schadensersatz, „sie verließ die Falknerei glücklich". Später wussten die Falkner warum: der vermeintliche Balg bestand aus billigem Kunstpelz.



FLIEGEN SIE AUS

Die Greifenwarte „Falknerei am Rennsteig" ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Montag ist Ruhetag, außer an Feiertagen. An allen Öffnungstagen findet um 15 Uhr eine Flugvorführung statt, für größere Gruppen nach Anmeldung auch um 10.30 Uhr. Kontakt über Familie Schubach, 036929/74310, Infos: www.rennsteigfalknerei.de

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