14.3.07

Die extensive Forstbewirtschaftung fordert ein Umdenken in der Bejagung von Waldrevieren
















Rückblick


Forstwirtschaftlich gesehen, gibt es eine Ära vor dem Wirbelsturm Wiebke und eine Ära danach. Als ich vor über 30 Jahren die großen Hochwildreviere kennen lernte, konnte man deren Struktur im wesentlichen in 3 Kategorien einteilen:

  • Monokulturen als Hochwald (Altholzbestand)
  • Monokulturen als Dickungen
  • Kahlschläge
Sowohl die Altholzbestände, als auch die Dickungen boten, da in Bodennähe vegetationslos, keinerlei Nahrung für das Wild. Ausschließlich auf den Kahlschlägen fand das Wild wenige Jahre, bis die Jungpflanzen mannshoch waren, Nahrung in Hülle und Fülle.
Auf diesen wenigen Flächen erfolgte dann auch fast der gesamte Abschuss des Schalenwildes. Glücklich schätzen konnte sich der Jagdpächter, der zusätzlich in seinem Revier über karge Wiesen verfügte, die das Wild aufsuchte.

Der Wirbelsturm Wiebke und die Folgen für die Waldbewirtschaftung

Als der Wirbelsturm Wiebke vor 15 Jahren über Deutschland mit seinen hinlänglich bekannten Schäden hinwegfegte, wurden die Nachteile der industriellen Massenproduktion von Holz offensichtlich. Viele 1.000 ha Windbruch zwangen die Forstwirtschaft zum Umdenken. Doch es war weniger Einsicht, die zu einer Veränderung in der Bewirtschaftung unserer Wälder führte, als schlichtweg die Kapitulation der Forstwirtschaft vor der gigantischen Masse an notwendigen Aufforstungsflächen, die unsere Waldreviere nachhaltig veränderten.
Auf den Flächen, auf denen Wibke gewütet hatte, wurde das Holz zwar geborgen und nach einer Zwischenlagerung auf den Markt gebracht, aber an eine Aufforstung der Windwurfflächen war wegen der immensen Mengen gar nicht zu denken. Binnen weniger Jahre entstanden auf den Windwurfflächen sehr schnell Naturverjüngungen ohne Gatterungen. Von dieser schnellen Regeneration waren selbst einige Förster überrascht.

Nun begann man auch in die Altholzbestände kleine Öffnungen zu schlagen. Diese Lichtkegel ermöglichen der Sonneneinstrahlung bis auf den vegetationslosen Boden der Althölzbestände zu gelangen. Auch hier entstanden nach wenigen Jahren dichte Naturverjüngungen ohne Gatterungen.

Die heutige extensive Waldbewirtschaftung bewahrheitet den alten Spruch der Forstwirtschaft, der da lautet:

Es ist die Devise der Forstpartie,
der Wald der wächst auch ohne sie.

Wenn man heute, 15 Jahre nach dem Wirbelsturm Wiebke, durch unseren Wald läuft, radelt oder auch fährt, fällt dem Beobachter sofort der dichte Bewuchs insbesondere im Bodenbereich auf. Selbst Altholzbestände zeigen dichte Naturverjüngungen und und die großen im Bodenbereich vegetationslosen Monokulturen sind weitestgehend verschwunden.

Die Bejagung extensiv bewirtschafteter Waldflächen

Deshalb liegen die Ursachen des hohen Anstiegs der Schwarzwildbestände nicht nur in der Zunahme der Maisanbauflächen, sondern auch in der extensiven Waldbewirtschaftung. Nicht nur dass der Wald heute mehr Deckung bietet als früher, auch das Nahrungsangebot ist wesentlich reichhaltiger. Dies gilt für Schwarzwild gleichermaßen, wie für das restliche Schalenwild.

Deshalb ist in solchen Wäldern die Bejagung an Schneisen von Hochsitzen aus nur noch wenig erfolgversprechend. Für das Wild gibt es keinen Grund, den deckungs- und vegetationsreichen Wald zu verlassen, um auf Schneisen oder Waldwiesen Nahrung zu suchen.
Hier ist eine völlig andere Art der Bejagung notwendig. Aufwendig zu errichtende Kanzeln müssen durch eine große Menge einfacher Erdsitze und niedriger Ansitzböcke ersetzt werden. Da die Jagd in solchen Revieren überwiegend auf das wechselnde, aber nicht mehr auf das äsungsuchende Wild erfolgt, muss die Jagd ausgeübt werden, wenn das Wild besonders bewegungsaktiv ist.
Zudem muss die Jagd in dieser Zeit in einem Revier von vielen Jägern gleichzeitig erfolgen.
Doch auch diese Umstellung der Bejagung alleine wird es dem Jagdpächter nicht ermöglichen, seinen Abschussplan sicher zu erfüllen.
Diese Revierpächter werden nicht umhin kommen, um die Abschussvorgaben zu erfüllen, Ansitzdrückjagden abzuhalten. Bei diesen Drückjagden wird auch oder gerade Rehwild zum Abschuss freigegeben werden müssen. Das Erfüllen des Abschusses des weiblichen Rehwildes durch die mühsame Ansitzjagd wird in den reinen Waldrevieren nicht mehr den Erfolg bringen, den man sich wünscht.
Auch wenn viele Altjäger sich nun empören, ich persönlich halte den Abschuss des weiblichen Rehwildes auf Drückjagden für richtig.

Mehrere Gründe sprechen dafür:

  • Das Revier wird nur einmal stark, dann aber für den Rest des Winters nie mehr beunruhigt.
  • Stehen hinlänglich Erdsitze und Ansitzböcke für die Schützen bereit, kann der freihändige Schuss unterbleiben und langsam ziehendes Wild kann problemlos erlegt werden.
  • Werden gut angejagte Stöberhunde eingesetzt, kommt das Rehwild fast immer ruhig und nur sehr selten hochflüchtig.
Auch wenn bei vielen Altjägern noch Skepsis bei dieser Art der Rehwildbejagung vorherrscht, die Veränderung der Waldbewirtschaftung macht ein Umdenken in der Rehwildbejagung in reinen Waldrevieren notwendig.


Waidmannsheil


Euer


Stefan

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Herr Fügner,

vordergründig scheint Ihre Argumentation ganz pausibel, ich persönlich sehe auch überhaupt kein Problem mit Ansitzdrückjagden, wenn wie von Ihnen dargestellt durchgeführt und auch hinsichtlich der Hygiene (kein 'gehetztes' Wild, nicht zu lange Treiben ohne Aufbrechpausen). Trotzdem glaube ich, dass es eher die unmittelbaren Sturmfolgen waren und sind, die den Wildbstand anwachsen lassen, als die waldbaulichen Veränderungen. Meine Überzeugung ist dabei einfach aus praktischer Erfahrung hergeleitet. Ich jage nämlich überwiegend in einem reinen Waldrevier. Eines mit den von Ihnen geschilderten Strukturen, sieht man von einem Umstand ab - der jagdlichen Gestaltung. Denn das Revier ist ausgesprochen gut gepflegt, sprich es überlässt das Äsungsangebot für's Rehwild nicht allein den waldbaulichen Gegebenheiten, sondern verfügt über gleichmäßig über's Revier verteilte sehr gepflegte Wildäcker. Meist zwei- bis dreistreifig mit verschiedenen Wildackersaaten angelegt, bieten diese Flächen unabhängig von der Waldvegetation dem Wild, insbesondere dem wählerischen Rehwild, ganzjährig ein besonderes zusätzliches Äsungsangebot über die Waldvegetation hinaus. Deswegen sind diese Flächen konstant sehr gut angenommen - man weiß so, was im Revier los ist, und kann das Wild dadurch auch problemlos unter hegerischen Gesichtspunkten bejagen.

Warum ich das einwende, hat einen ganz einfachen Grund. Mir lag die von Ihnen geschilderte Revierbewirtschaftung mit jagdlichen Einrichtungen zu sehr auf der Art der Ansitze - eine gute wildackerbauliche Struktur gehört aber - gerade unter den von Ihnen genannten Voraussetzungen - mindestens genauso dazu; wenn hier nicht sogar noch die höhere Priorität liegt.

Mit herzlichem Waidmannsheil
Frank Martini