23.4.08

Explodieren die Schwarzwildbestände?

Auch für dieses Jagdjahr ist mit großen Schwarzwildstrecken zu rechnen









Photo: Ulrich Döring





Der April ist traditionell der Monat der Jahreshauptversammlungen der Kreisjägerschaften und Landesjägertage.
Die Mitteilungen über den Ablauf der Tagungen erscheinen dann überall in der lokalen Presse.
Auch wenn es nichts Sensationelles zu berichten gibt, so zieht sich ein Aufruf durch alle Meldungen:

Die Schwarzwildbejagung muss intensiviert werden!

Der Schwarzwildstrecken sind im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen, teilweise haben sie sich verdoppelt und der Schwarzwildbestand ist unvermittelt hoch. Es ergeht der dringende Aufruf, die Bejagung zu verschärfen.

Doch auch die Bevölkerung hat den starken Anstieg der Schwarzwildbestände wahrgenommen. Längst ist das Phänomen, dass Scharzwild in die stadtnahen Siedlungen eindringt, nicht mehr auf Berlin beschränkt.
Bad Schwalbachs Kurpark sieht sehr zum Ärger der Bürger aus wie ein Sturzacker und selbst bisher verschonte Friedhöfe, Kleingarten- und Parkanlagen werden bei den nächtlichen Streifzügen der Sauen aufgesucht.

Doch noch größere Sorge sollte uns der geänderte Tagesablauf machen. Lagen noch im Winter genug Eicheln und Bucheckern im Wald, waren die Sauen erst in der Nacht aktiv. Seit einigen Wochen aber erscheinen sie schon zeitig bei schwindendem Licht an den Kirrungen. Auch ein erhöhtes Aggressionspotential durch Futterneid ist unter den Rottenmitgliedern erkennbar. Waren Kirrungen nach der Erlegung eines Stückes oft tagelang verwaist, kann man schon am nächsten Tag wieder mit Anblick rechnen. Das lässt nur einen Schluss zu:

Das Nahrungsangebot im Wald reicht für die großen Schwarzwildbestände nicht mehr aus und die Rotten treibt der Hunger auf die Flächen, die sie bisher gemieden haben!

Dies lässt schlimmes erahnen, wenn die Frischlinge in einigen Wochen nicht mehr alleine von der Milch der Bache ernährt werden können und selbst mit der Futtersuche beginnen.

Auch wenn es für viele Jäger noch ungewohnt ist, die "Sommersau" zu schießen, der Eingriff in die völlig überhöhten Bestände sollte schon jetzt im Frühjahr beginnen. Natürlich gilt der Abschuss ausschließlich den Überläufern, aber sie begleiten oft die Bache mit ihren Frischlingen und Überläufer sind auch für den Jungjäger leicht ansprechbar, wenn man die ganze Familie vor sich hat.

In den letzten Wochen wurden die Kartoffeln gesetzt. Große Flächen Mais werden für die Biogasanlagen in den nächsten Wochen gesät. Wenn wir nicht jetzt schon die Bejagung massiv verstärken, werden einige Jagdpächter im Sommer und Herbst eine böse Überraschung erleben.
Auch wenn der starke Abschuss des Schwarzwildes auf einige Jäger wie Schädlingbekämpfung wirkt, es bleibt uns Jägern zur Regulierung der momentanen Überpopulation keine Wahl.


waidmannsheil

Euer

stefan

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Guten Morgen Stefan,

es bleibt fraglich ob es sich um eine "Explosion" der Schwarzwildbestände oder ein besonders gutes Sauenjahr in der Variabilität stark schwankender Schwarzwildbestände handelt.

In Summe wissen wir selber, daß die beiden letzten milden Winter gepaart mit zwei Vollmasten die Vermehrung unserer Sauen sehr begünstigten und gleichzeitig den Jäger benachteiligten. Denn ohne Schnee sind es weniger Ansitzabende an den ohnehin schlechter besuchten Kirrungen. Auch das Kreisen und Drücken fiel oftmals aus.

Ich warne daher immer gerne vor allzu großen Erwartungen oder gar Panikausbrüchen.

Zweifelsfrei sollten wir aber intensiv jagen und das Schwarzwild schießen wo und wann wir es bekommen. Dabei gilt aber immer noch erhöhte Vorsicht bei allen Stücken außerhalb der Frischlingsklasse.

Nachdenklich stimmt mich grundsätzlich die "Landflucht" der wildlebenden Tiere. Woran mag es liegen, daß Fuchs, Waschbär und Sau so gerne in die dicht besiedelten Stadtgebiete auswandern? Ist es vielleicht die Erkenntnis, daß dort nicht (oder fast nicht) gejagt wird? Haben wir Jäger damit, überspitzt formuliert, selbst das Wild aus unseren Revieren vertrieben?

Oder ist es verstärkter Populationsdruck aufgrund steigender Besätze/Bestände in der freien Landschaft oder ein besseres Nahrungsangebot?

Wer weiß genaueres?

Waidmannsheil
Heiko