von Volker Wollny
Ein beliebtes (Schein-)Argument der Jagdgabschaffenwoller ist die Behauptung, dass das bei uns übliche Reviersystem mit Verpachtung des Jagdrechtes an einen oder mehrere Jäger eine Rückkehr zur Feudalen Jagd wäre, da dabei das Jagdrecht wiederum von den Grundeigentümern (S.26 ff., S.28 oben) an irgendwelche Geldsäcke übertragen werde. Dabei handelt sich um ein Musterbeispiel einer halben Wahrheit - die ja bekanntlich in der Regel eine ganze Lüge ist - und damit um eine der typischen Methoden, mit denen von Jagdgegner Jagd und Jäger verunglimpft werden.
Das perfide daran ist, dass es für jemanden, der die Funktionsweise unseres Jagdrechts und des Reviersystems nicht kennt, tatsächlich auf den ersten Blick so aussieht, als würde diese Behauptung stimmen. Um nämlich zu erkennen, dass hier ein absolut falscher Eindruck erweckt wird, muss man nämlich wissen, wer wo und warum jagen dufte und darf.
Jagd im Feudalismus: Jagdregal
Das Jagdschloß August des Starken: Schloß Moritzburg bei Dresden
Bei der von den Jagdabschaffenwollern beschworenenen Feudaljagd handelte sich um das bis 1848 gültige so genannet Jagdregal, welches nichts anderes besagte, als dass das Jagrecht in aller Regel beim Adel lag und zwar unabhängig vom Eigentum an Grund und Boden. Ein Bauer durfte also auf seinemeigenen Land nicht jagen, sondern nur die Adligen, die er über sich hatte.
Aus diese Zeit stammt übrigens auch die Unterscheidung zwischen Hoher und Niederer Jagd: Das Hochwild war dasjenige Wild, welches dem hohen Adel vorbehalten war, das Niederwild das, auf welches auch der niedere Adel jagen durfte.
Das größte Problem für die Bauern war dabei, dass sie nichts gegen Wildschäden unternehmen konnten, die dazu oft genug noch durch gnadenlos überhegte Wildbestände erhöht wurden, denn die Herren wollten ja schließlich ordentlich Strecke machen. Selbst das bloße Beunruhigen und Verscheuchen von Wild, welches an den landwirtschaftlichen Kulturen zu Schaden ging, war verboten und wurde drakonisch bestraft. Teilweise ging der Adel so weit, dass sie den Bauern vorschrieben, ihren Hofhunden einen Lauf zu amputieren, damit sie dem Wild nichts tun konnten. Dass die hohen Herren trotz Wildschäden auf den Abgaben bestanden, welche die Bauern zu leisten hatten, versteht sich von selbst.
Die Wende: Die Revolution von 1848
Die Abschaffung dieser Regelung war eine der wenigen positiven Folgen der Revolution von 1848. Das Jagdrecht lag von da an grundsätzlich beim Grundeigentümer. Zunächst durfte also tatsächlich jeder auf seinem eigenen Grund und Boden jagen. Auch wenn das Äckerle oder die Wiese noch so klein war, durfte der Eigentümer auf alles schießen, was darauf seinen Kopf heraus streckte, was natürlich auch fleißig getan wurde.
Die Folge war eine erhebliche Überjagung der Wildbestände; man befürchtete sogar deren komplette Ausrottung. Den Grundeigentümern das Jagdrecht wieder weg zu nehmen, war jedoch politisch nicht durchsetzbar. Es war also eine Lösung gefragt, welche zwar einerseits das Jagdrecht bei den Grundeigentümern beließ, andererseits aber auch eine sinnvolle und nachhaltige Bejagung ermöglichte.
Das Reviersystem: Eine pragmatische Lösung
Diese Anforderungen erfüllte das Reviersystem, welches damals eingeführt wurde und bis heute gültig ist, weil es sich bewährt hat. Man beließ das Jagdrecht beim Grundeigentümer, band aber die Ausübung der Jagd an eine bestimmte bejagbare Fläche: Zusammenhängende land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Flächen mit (heute) mindestens 75 Hektar, die sich im Besitze einer Person befinden, bilden einen so genannten Eigenjagdbezirk. Dessen Eigentümer darf darin jagen (wenn er einen Jagdschein besitzt) um sein Jagdrecht selbst wahrzunehmen, kann Jagdscheininhaber beauftragen für ihn zu jagen, oder er kann das Jagdrecht an einen anderen verpachten.
Kleinere Flächen werden zu so genannten gemeinschaftlichen Jagdbezirken zusammengefasst, wobei die jeweiligen Grundeigentümer die Jagdgenossenschaft bilden, die das Jagdrecht der Jagdgenossen gemeinschaftlich verwaltet. Sie kann dieses Jagdrecht in eigener Regie verwalten, in dem sie z.B. eine oder mehrere Personen mit Jagdschein - aus den eigenen Reihen oder auch Fremde - beauftragt für die Rechnung der Jagdgenossenschaft die Jagd auszuüben. Oder - und das die im allgemeinen praktizierte Möglichkeit - sie verpachtet das Jagdrecht an einen oder mehrere Jäger. Diese gelten die Ansprüche der Jagdgenossenschaft pauschal mit der Jagdpacht ab, die nach der jeweiligen Grundstücksgröße an die Jagdgenossen verteilt wird und jagen auf eigene Rechnung. In jedem Falle aber entscheidet die Jagdgenossenschaft, also die Grundeigentümer, darüber, wer auf ihrem Grund und Boden jagt.
Wenn Grundeigentümer - also Jagdgenossen - jagen wollen
Sollten nun einer oder mehrere der Jagdgenossen Lust haben, selbst in ihrem Jagdbezirk zu jagen, ist auch dies kein Problem, sofern sie im Besitze von gültigen Jagdscheinen sind. Es gibt hier eine ganze Reihe von Möglichkeiten: Der oder die jagende(n) Bauer(n) können den ganzen Jagdbezirk (oder wenn er groß genug ist, um geteilt zu werden einen Teil davon) pachten, wobei es sicher in vielen Fällen von den Jagdgenossen begrüßt wird, wenn jemand aus den eigenen Reihen Jagdpächter wird. Es besteht ferner die Möglichkeit, dass die Jagdscheininhaber den Jagebezirk für Rechnung der Jagdgenossenschaft bejagen oder aber man verpflichtet einen fremden Pächter im Pachtvertrag, die jeweiligen Jagdgegnossen an der Jagd zu beteiligen.
Und der Wildschaden? Grundsätzlich besagt das Jagdgesetz, dass die Wildschäden, die an den einzelnen Grundstücken einer Jagdgenossenschaft durch bestimmte, im Gesetz festgelegte Wildarten entstehen, auf alle Jagdgenossen umgelegt werden, unabhängig davon, wo und in welcher Höhe sie jeweils entstanden sind. So gesehen ist die Jagdgenossenschaft auch eine Versicherung auf Gegenseitigkeit.
Da aber einerseits das Recht auf Vertragsfreiheit besteht und andererseits Jagdreviere knapp und gefragt sind, hat es sich eingebürgert, im Pachtvertrag zu vereinbaren, dass der Pächter die Wildschäden zu tragen hat. Damit sind die Bauern nun in dieser Hinsicht vollkommen aus dem Schneider: Entweder sorgt der Jagdpächter dafür, dass Wildschaden erst gar nicht entsteht, oder er bezahlt ihn.
Wildschaden ist ersatzfähig
Jagd heute: Treiber im Schilfgürtel eines abgelassenen Karpfenteiches
Tatsächlich ist der Wildschadenersatz das für den Bauern eigentlich interessante an der ganzen Sache. Obwohl die jährliche Jagdpacht für ein Revier normalerweise ein erkleckliches Sümmchen darstellt, sind die Anteile der einzelnen Grundeigentümer nicht sehr hoch, da es sich meist um viele recht kleine Grundstücke handelt. Vor allem heute, wo die wenigen verbliebenen Bauern sehr große Flächen bewirtschaften, von denen aber das meiste nur gepachtet ist und den ehemaligen Kollegen gehört, welche ihre eigenen Landwirtschaften aufgegeben haben, wiegt der Anspruch auf Wildschadenersatz wesentlich schwerer als der Pachtschilling.
Gegengerechnet
Ein Rechenbeispiel zeigt dies: Nehmen wir an, ein Bauer bewirtschaftet 100 Hektar, von denen ihm aber nur10 selbst gehören. Wird die Jagd für 3.-€/ha verpachtet, beträgt seine Auskehrung, also sein Anteil an der Jagdpacht ganze 30.-€. Das ist noch nicht einmal ein anständiger Stundenlohn für die Zeit, die er aufwendet, wenn er zu den Sitzungen der Jagdgenossenschaft geht. Entsteht nun aber irgendwo auf dem von ihm bewirtschafteten Land, sei es eigenes oder zugepachtetes, Wildschaden, bekommt er diesen voll und ganz ersetzt, selbst wenn es sich um Tausende von Euros handelt.
Mehr noch: Wenn denn Bauern ein Pächter nicht mehr passt, weil er etwa nicht so jagt wie sie ihren Grund und Boden bejagt haben wollen, Schwierigkeiten bei der Bezahlung des Wildschadens macht oder sich vielleicht unverschämt aufführt, können sie ihn ohne weiteres zur nächsten Pachtperiode loswerden, in dem sie einfach an jemand anders verpachten. In besonders üblen Fällen kann die Jagdgenossenschaft den Pachtvertrag sogar sofort kündigen, denn eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist auch während der laufenden Pachtperiode möglich.
Aus diesen Gründen beklagt sich auch praktisch kein Bauer über unser Reviersystem mit seiner angeblichen "Restauration der feudalen Jagd". Es ist zwar richtig, dass ein Grundeigentümer die Jagd auf seinem Grund und Boden nicht verhindern kann, sofern sich der in einem Bereich befindet, der bejagt wird. Soweit es deswegen Ärger gibt, handelt es sich dabei aber in aller Regel nicht um Bauern, sondern um irgendwelche Leute, welche die Jagd nicht mögen, aber z.B. eine Pferdekoppel oder einen Krautgarten im Außenbereich besitzen, wo die Jagd ausgeübt wird und die keine Problem mit Wildschäden haben.
Horrido
Volker
v.wollny@ibwollny.de
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Des Jägers Ursprung liegt entfernt, dem Paradiese nah,
Da war kein Kaufmann, kein Soldat,
kein Arzt, kein Pfaff noch Advokat,
Doch Jäger waren da...
3.12.08
Die "jagdliche Enteignung" der Landwirte
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1 Kommentar:
Herzlich willkommen im Jahr 2009 Herr Wollny -Ihre Ansichten sich ÜBERHOLT! Sie sind von vorvorgestern!!! Es ist einfach nur peilich, was Sie veröffentlichen. Traurig, dass jemand mit Ihrem IQ wehrlose Tiere Hobbymäßig ermorden darf.
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