12.11.08

Wenn altgediente Jäger in Rente gehen

Als Verkehrsteilnehmer kennt man es: Beim Fahren durch die Stadt fällt einem ein extrem langsam und unsicher fahrendes Fahrzeug auf. Beim Überholen erkennt man einen schon in die Jahre gekommenen Fahrzeugführer oder -führerin. Auch bei Treibjagden trifft man immer wieder hochbetagte Waidmänner, bei denen man Zweifel bekommt, ob sie noch sicher einen gezielten Schuß abgeben können.
Schnell kommt der Gedanke, Führerschein oder Jagdschein einer Altersbegrenzung zu unterwerfen. Doch wo will man die Grenze ziehen? Viele der weit über 80 Jahre alten Jäger und Autofahrer sind oft noch fit und zudem ist die Bürokratie in Deutschland nun wirklich nicht unterentwickelt, um ihr hier ein neues Betätigungsfeld einzuräumen. Auch ist es dem mündigen Bürger wohl insbesondere im Alter zuzumuten, über den Schritt zur Abgabe des Führerscheins oder Jagdscheins selbst zu entscheiden, weshalb man der immer wieder aufkommenden Forderung einer Altersbegrenzung bei Führer- und Jagdschein eine klare Absage erteilen soll.

Natürlich fällt der Schritt nicht leicht, aber wenn dann der Weg in die jagdliche Rente feierlich begangen wird, bekommt das Ganze dann noch eine ganz besondere Note. Hier bietet sich eine Treibjagd an, an deren Ende beim Schüsseltreiben der "Jägerruhestand" feierlich eingeläutet wird.
Von der gelungenen feierlichen Verabschiedung zweier westfälischer Urgesteine in den jagdlichen Ruhestand berichten die Westfälischen Nachrichten aus Dülmen:



Alte Hasen geben ihre Flinten ab
Von Ludger Kötters

Dülmen.

Zwei in Jägerkreisen als "alte Hasen" hoch geschätzte Grünröcke haben ihre Flinten zwar nicht ins sprichwörtliche Korn geworfen, die Waffen aber aus persönlicher Verantwortung für immer abgegeben: Heiner Püttmann und Rudolf Düppe, beide Jahrgang 1927 und mithin deutlich über 80, entschlossen sich nach einem erfüllten Jägerleben aus Altersgründen zu dem respektablen Schritt. Wie gelegentlich verantwortungsvolle Autofahrer das auch mit ihrem Führerschein handhaben, wenn sie sich nicht mehr so sicher fühlen.

Mit mehr als 30 anderen Schützen waren sie zum letzten Mal aktiv bei einer Treibjagd dabei. In ihr Revier Kirchspiel I hatten Antonius Preun, Werner Rüskamp und Otto Christian (Ocki) Specht dazu nach Welte eingeladen. Mit der Strecke waren sie bestens zufrieden, und die Grünröcke ließen den gelungenen Jagdtag mit einem fröhlichen Schüsseltreiben bei Wildschwein und Wildkaninchen ausklingen.

Jagen ist weit mehr als schießen, sagt Gastwirt Tönne Preun die Pflege und Bedeutung jagdlichen Brauchtums. Und so verabschiedete die brauchtumstreue Jagdgesellschaft zünftig und feierlich den vielen als "Fiete" bekannten Rudolf Düppe und Heiner Püttmann, die indes als jagdliche Beobachter zeitlebens eingeladen und willkommen bleiben.

Heinz Ludger Püttmann ist Amtsgerichtsdirektor i.R. und Vater von Bürgermeister Jan Dirk Püttmann, der ebenfalls aktiver Jäger ist und mit von der Jagdpartie war. Und wenn der gelegentlich seinen Jagdhund mit ins Rathaus-Büro nimmt, könnte das so etwas wie eine Erblast sein: Schon Heiner Püttmann brachte in seiner aktiven Richter-Zeit häufig(er) seinen Jagdhund mit.

Angehende Jäger aus Dülmen haben Heiner Püttmann ohnehin von seiner juristischen Seite kennen gelernt. In den Kursen für Jägerprüfungen unterrichtete er bis vor einigen Jahren Jagdrecht. So rühmen sich viele sogar stolz damit, dem schlauen Richter buchstäblich durch die Finger gegangen zu sein. Und nicht vergessen mögen sie die beliebten und legendären Fünf-Minuten-Püttmann-Pausen für "ein Wasser und einen Wacholder".

Heute, sprach der weise Senior nicht ohne Wehmut zu den Kameraden, lebe er selbst mehr von den Erinnerungen als von der Gegenwart. Oft hätten sie gesaubeutelt, bereut der Bekennende nichts. Aber schön war es doch, "und für fünf Pils und Wacholder sind wir immer noch gut", schloss er unter zustimmendem Zuspruch der versammelten Jägerschaft seinen alten Freund Fiete Düppe ins künftige Jägerruhestandsleben ein. Der war bei aller Leidenschaft "Spätberufener" und trotzdem lange im Jagdgeschehen aktiv. Als ehemaliger Lehrer hatte der bodenständige Rudolf Düppe schon seinen heutigen Mitgastgeber Antonius Preun unterrichtet, als der Bengel von damals noch Grundschüler war.

Unter dem Leitwort "alles zu seiner Zeit" blickte Fiete Düppe jetzt in einem kurzen Streifzug durch seine Lebensgeschichte auf eine wunderschöne Vergangenheit als Jäger zurück und fand ebenfalls ungeteilte Zustimmung für die wichtige Entscheidung, aus Alters- und Gesundheitsgründen nie wieder eine Flinte führen zu wollen.

Wohl aber seine Video-Kamera. Rudolf Düppe - wie sein Freund Heinz Ludger Püttmann auch seit Jahrzehnten eingeschriebener Bürgerschütze und als 50jähriger dort König - hat nicht nur zahlreiche Jagden aufgenommen, sondern als filmender Chronist "schon ewig" auch die Bürgerschützenfeste begleitet.

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