28.9.17

Der wichtigste Verbündete des Wolfes: Der besitzlose, naturentfremdete Städter


Vor allem beim Eigentum und der Einstellung zu Selbigem unterscheiden sich Städter und Landmensch entscheidend. Eine mit Graffiti verschmierte S-Bahn in Berlin



Die Populationsdynamik, mit der sich die Wölfe in ganz Deutschland etablieren, erstaunt selbst die Fachleute. Doch wer glaubt, dass sich durch die dadurch steigenden Übergriffe auf Nutztiere die Wolfsbefürworter und Wolfsgegner näher kommen, der irrt. Im Gegenteil: Die Diskussionen über ein Für und Wider der Begrenzung werden in den sozialen Medien mit unverminderter Härte von beiden Seiten geführt. Man hat den Eindruck, beide Seiten haben die völlige Kompromisslosigkeit zur Tugend erklärt.

Untersucht man, wo der Graben verläuft, der die beiden Lager trennt, so wird schnell eine unüberwindbare Schlucht -Graben kann man es nicht mehr nennen- zwischen dem (naturentfremdeten) Städter einerseits und dem tief in der Natur verwurzelten Landmenschen andererseits erkennbar.

Doch was unterscheidet diese beiden Menschen voneinander, dass es ausgerechnet wegen dieses Tieres zu einer solch tiefen Feindschaft kommt?

Ich lebe nun seit 9 Jahren in der tiefen brandenburger Provinz. Davor habe ich einige Jahre in der Stadt gelebt, ich kenne somit beide „Biotope“. Deshalb kann ich auch beide Menschen sehr gut erstehen, was mich dazu veranlasst, die elementaren Unterschiede herauszuarbeiten und hoffe, dass das zur besseren Verständigung beiträgt.

Der Städter lebt, das ist ihm allerdings überhaupt nicht bewusst, fast sein ganzes Leben auf öffentlichem Raum. Der Bürgersteig, der Supermarkt, die U-Bahnstation, die Parkanlage, sind alles Flächen, die der Allgemeinheit uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Selbst seine Wohnung ist gemietet und das Hausrecht nimmt er dort nur vorübergehend wahr. Doch schon im Hausflur laufen oft Menschen herum, die er noch nie gesehen hat. Privateigentum ist für den Städter ein unbedeutender, vernachlässigbarer Begriff und wird fast immer mit einer Firma oder Organisation, aber eher selten mit einer Person in Verbindung gebracht. Das Einzige, was der Städter von dem Eigentümer seiner Mietwohnung kennt, ist dessen Kontonummer. Diese Distanz zum Eigentum geht einher mit fehlender Verantwortung zu Eigentum und wird vor allem an den verschmierten Hauswänden und vermüllten Parkanlagen einiger Großstädte sichtbar.  

Habe ich in meinem fast menschenleeren Oderbruch Besuch aus der nicht weit entfernten Großstadt Berlin, beginnt schon ganz am Anfang meine Arbeit damit, dass ich erklären muss, dass man hier den Hund genauso wenig laufen lassen kann, wie in der Stadt. Doch hier ist es nicht der Straßenverkehr, der den Aktionsradius des Hundes einschränkt, sondern das Eigentum! Alle Wiesenflächen werden vom Landwirt als Weideflächen genutzt, entweder er ist der Eigentümer oder der Landwirt hat sie zur Nutzung gepachtet. Der Nutzer einer Wiese duldet es nicht, dass die Hunde über die Wiesen jagen und dort ihre Haufen machen.

Auch der naturverjüngte Wald wirkt auf den Städter verwahrlost und er hält ihn für "Natur", die jedem zur Nutzung offen steht. Er weiß nicht, dass solch ein Wildwuchs gewollt ist und Teil des Bewirtschaftungskonzeptes der Waldbesitzers ist. Zwar duldet der Waldbesitzer aufgrund des Waldbetretungsrechtes den erholungssuchenden Städter auf den Wegen seines Waldes, aber die gesamte Waldfläche unterliegt – wie auch die Äcker und Wiesen - einer streng wirtschaftlichen Nutzung und steht der Allgemeinheit nicht zur Verfügung.

Wenn ich den Städter dann über Nutzung und Eigentumsrechte auf den Naturflächen aufgeklärt habe, verändert sich schnell seine Vorstellung von der freien Natur. Auf dem Land sind die Eigentumsverhältnisse aufgrund der wirtschaftlichen Nutzung klar umrissen! Die großen Flächen von Gemeinschafteigentum, wie es die Städter gewohnt sind zu nutzen, gibt es auf dem Land nicht. 

Viele Städter sind tatsächlich der Meinung, dass die großen Wald- und Ackerflächen auf dem Land -wie auch in der Stadt- allen zur Nutzung offen stehen! Für den besitzlosen Städter sind  alle diese Flächen auf dem Land, wie er sie vorfindet, „Natur“, und dem Gemeinwohl dienend. Dass einzelne Personen auf großen Nutzungsflächen alleinige Nutzungsansprüche haben, weiß er oft gar nicht. Das man mit der Nutzung dieser Flächen auch noch seinen Lebensunterhalt verdient, ist ihm in der Regel völlig fremd!!!

Das Leben auf dem Land war in Mitteleuropa wegen der 5 monatigen Vegetationspause und großer Temperaturschwankungen im Jahresverlauf seit Menschengedenken ein ständiger Kampf ums Überleben. Bis zur Ernte muss das Wetter mitspielen, die Bevorratung der Ernte und die Sicherung des Viehs forderte hohe Investitionen in Scheunen und Stallungen. Wer sich nicht gegen diese Feinde zu wehren wusste, der musste hungern. Die Sicherung der Nutzung der Flächen war existenziell, weshalb auch heute noch der Landmensch ohne Grund und Boden seinen Krautgarten mit Kaninchen- und Hühnerställen hegt und pflegt.

Es galt schon immer der Grundsatz: 
„Das Dorf gehört den Dörflern, die Stadt gehört den Investoren“

Stellen wir also fest, dass der Landmensch ein völlig anderes Verhältnis zum Eigentum hat, als der Städter, ohne dass das dem einen oder dem anderen bewusst ist.


Eine weitere Entwicklung der letzten 30 Jahre hat das Auseinanderleben von Stadt- und Landbevölkerung verschärft:
Wenn ich als Student in den Semesterferien von Darmstadt in meinen geliebten Odenwald fuhr, fragten mich meine Kommilitonen immer, was ich dort die Ferien über mache. In der Unterhaltung über das Landleben, zu dem ich mich hingezogen fühlte, fielen ihnen dann schnell ein Onkel oder ein Opa ein, der einen Bauernhof besaß, auf dem sie in ihrer Kindheit wundervolle Ferien verbracht hatten. Fast jeder kannte das Landleben durch bäuerliche Verwandtschaft oder Ferienaufenthalte. Durch den flächendeckenden Verlust der kleinbäuerlichen Struktur in Deutschland sind in diese Kontakte der Stadtbevölkerung zum Landleben und somit das Wissen um die Landbevölkerung beim Städter fast völlig verloren gegangen.
Das hat dazu geführt, das in den Städten Millionen von Menschen leben -auch Erwachsene- die noch nie woanders Lebensmittel gekauft haben, als beim Diskounter. Der gelegentliche Besuch eines Bioladens (alles viel zu teuer!) ist da schon ein echter Ausflug in eine andere Welt.

Dass es Menschen gibt, ob Landwirte, Imker, Schäfer, Waldbesitzer oder Fischwirte, die ständig darum Bangen müssen, ob ihnen nicht das Wetter ihre Existenz bedroht oder irgendwelche Fressfeinde ihre Existenz streitig machen, ist für diese von der Natur entwöhnten Stadtmenschen schlichtweg unvorstellbar! Es gibt doch schließlich Lidl, Aldi und Co, da wird der ganze Kram doch tonnenweise zu Discountpreisen verramscht, da braucht man sich doch keinen Kopf über die Herstellung zu machen!

Erinnern wir uns an die Deutsche Revolution von 1848. Eine der wichtigsten Errungenschaft der nachrevolutionären Zeit war die Koppelung des Jagdrechts an Grund und Boden. Die Bauern wollten es nicht länger hinnehmen, dass die vom Adel künstlich herangezüchteten hohen Wildbestände Wildschäden verursachten, die den Bauern die Existenz zerstörte und zu Hungersnöten führte. Damals war die Schadenersatzpflicht für Wildschäden, auf die die Bauern wegen der unkontrollierten Vermehrung des Wildes durch die Überhege des Adels bestanden, nicht geregelt. Auch heute ist es wieder die fehlende Schadenersatzpflicht für Schäden durch den Wolf, die nicht geregelt ist und die Bauern auf die Barrikaden treibt. 

Die Gleichgültigkeit, mit dem sich der Adel über die Existenzängste der Bauern hinwegsetzte, löste am Ende die Revolution von 1848 aus.

Die heutige Situation zeigt große Parallelen zur Revolution von 1848. Auch heute nimmt man in der Stadt die Existenzängste der Landnutzer nicht ernst, bzw. ignoriert sie. Doch es ist diesmal nicht der Adel, der gut versorgt und naturentfremdet in seinen Schlössern saß, sondern es diesmal der durch den Staat gut versorgte, von der Natur völlig entrückte besitzlose Städter, der sich über die Sorgen der Landbevölkerung hinwegsetzt.

Wir brauchen vor allem eine Bildungsoffensive in der Form, dass unseren Kindern gezeigt wird, woher die Millionen von Tonnen Lebensmittel eigentlich kommen und wer sie produziert, die so scheinbar unerschöpflich in den Supermärkten zu Discountpreisen in den Regalen verramscht werden.
Diese massenhafte Naturverblödung ganzer Generationen in den Städten führt dazu, dass sich Städter und Landmensch nicht mehr unterhalten können.

Unser Bildungssystem, das zeigt zumindest die Diskussion beim Thema Wolf, gehört im Bereich Naturbildung auf die Müllhalde der Geschichte.


Waidmannsheil


Euer


Stefan


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tja früher gab es noch Heimatkunde in der Schule. Heute bei Multi-Kulti ist sowas gar nicht mehr möglich. Hier hat die Politik auf ganzer Linie versagt.
Andere Kulturen, andere Religionen, andere Werte. Dies alles sind Indikatoren und weisen auf die Zerrüttung unserer Gesellschaft hin. Aufklärung über den "Landmenschen"
wird in Zukunft (leider) wenn überhaupt nur in Geschichtsbüchern erfolgen. Sollte sich das Landei doch einmal in die Stadt verirren, so wird ihm eine Welt jenseits seiner Vorstellungskraft präsentiert werden. Allahu akbar schreiende Kinder werden ihn begrüßen. Dann wird er sich in einem Basar gleich einen türkisch Mokka einverleiben. Bei der Stadtbesichtigung werden ihm die zwiebelturmartigen Dächer der früheren Kirchen auffallen. Verstehen tut er nichts mehr. Denn spielende Kinder werden ihn in einer Sprache ansprechen die selbst im Radio auf seinem Bauernhof weit abseits der Stadt noch nie gehört hat.

Anonym hat gesagt…

Der verklärten Gutsherren-Romantik muss widersprochen werden.
Die moderne Agrar-Industrie als Hüterin von Natur und Tradition zu verklären, ist schon sehr realitätsfremd.
Auch die feudalen Besitzverhältnisse sind kein Ruhmesblatt, weil die großen Kapitalgesellschaften den herkömmlichen Lanwirt enteignen.
Ja, die Landwirtschaft stellt einen wichtigen Anteil der Lebensmittelversorgung.
Aber hat keinerlei Skrupel, die Landschaft zu vermaisen für pseudo-bio-Energie,
die nur möglich ist , weil das Tierfutter aus Südamerika herangekarrt wird.
So sucht das arme Bäuerlein seinen profitabelsten Weg in der Kooperation mit Chemiegiganten, Monsanto und Windpark-Planern...
Schöne Grüße vom Lande!

Anonym hat gesagt…

Gute Idee, ab jetzt darf nur noch zur Jagd, wer in einem Ort mit weniger als 5000 Einwohnern lebt und eigenen Grundbesitz hat.Keine naturentfremdeten Jäger aus der Stadt mehr in Wald und Flur. Da bin ich voll dafür.