18.9.13

Die öffentliche Jagdpachtausschreibung zur Ermittlung des Jagdwertes


Die Ausschreibungen von Jagdverpachtungen sind immer noch die Ausnahme. 
Intransparenz und Kungelwirtschaft  sind die Folge.




Photo: Johannes Nölke

Was ist eine Jagd wert?
Nur eine Ausschreibung schafft Klarheit

Seit 3 Jahren bundesweite Erfassung der öffentlichen Jagdverpachtungen durch das Jagdblog

Seit nunmehr 3 Jahren erfasst das Jagdblog alle im Internet veröffentlichten Jagdpachtausschreibungen und sammelt diese,  nach Bundesländern sortierten, auf  Dateien. So laufen auch dieses Jahr die aktuellen Jagdpachtausschreibungen unter Jagdverpachtungen 2014, die wir am Ende des Jagdjahres wieder auswerten werden
Durch das Einstellen der regionalen Amtsblätter ins Internet  werden auch Jagdverpachtungen erfasst, die nur regional ausgeschrieben werden. Auch haben viele Kommunen eigene Portale und bieten, zusätzlich zu Anzeigen in den Jagdmagazinen, ihre ausgeschriebenen Jagden auf der eigenen Homepage an.  Die Suchmaschinen sind somit in der Lage, fast alle im Internet veröffentlichten  Jagdpachtausschreibungen zu erfassen.

Immer wieder erreichen mich Anrufe von Jagdpachtinteressierten, die mich fragen, wie hoch der Pachtpreis ist, den man einsetzen muss, um eine Chance zu bekommen, den Zuschlag  zu erhalten. Das ist aber auch mir nach 3 Jahren des Sammelns von Jagdpachtausschreibungen bis heute nicht annähernd möglich. Zum einen, weil die Pachtpreise, zu denen der Zuchlag erteilt wurde, nicht veröffentlicht wird und zum anderen, weil die zur Verpachtung  anstehenden Jagd nur sehr  selten öffentlich ausgeschrieben werden

Bundesweite Jagdverpachtungen Jagdjahr 2012/13 im Überblick
(Zur Vergrößerung auf das Bild klicken)

Gerade einmal 10% der Reviere werden öffentlich ausgeschrieben

Durch eine Zusammenstellung und Auswertung der Jagdverpachtungsangebote aus dem Jagdjahr 2012/13 soll nun  untersucht werden, weshalb es in Deutschland bis heute keine auch nur annähernd brauchbare Jagdwertermittlung, ähnlich dem Mietspiegel bei Mietwohnungen,  gibt.

Zunächst gilt es, den Markt der Jagdreviere zu erfassen.  Dies lässt sich einfach im Internet recherchieren. Hier melden die Jagdverbände  eine Gesamtpachtfläche (jagdbare Fläche) von 32 Mio. Hektar, die sich auf etwa 75% gemeinschaftliche Jagdbezirke (GJB) und 25% Eigenjagdbezirke und Verwaltungsjagdbezirke (EJB) verteilen. Bei 450 ha durchschnittlicher Reviergröße ergibt sich ein Markt von rund 70.000 Revieren bundesweit.
Die Erfassung aller im Internet ausgeschriebenen und im Jagdblog erfassten Reviere ergab eine Anzahl von 601 öffentlich ausgeschriebener  Revieren im Jagdjahr 2012/13. Rechnet man noch 10-15% nicht erfasster  Reviere hinzu, ergeben sich ca. 700 öffentlich ausgeschriebene Reviere/Jahr.
Bei einer Laufzeit von durchschnittlich 10 Jahren  unter Nichtberücksichtigung von außerordentlichen Neuausschreibungen wegen Tod oder Sonderkündigung, ergibt sich eine Ausschreibungsquote bei 70.000 Revieren von ca. 10%.
Bei dieser Quote ist eine klare Aussage über den Jagdwert einer Jagd unmöglich abzugeben. Selbst wenn man die erzielten Pachtpreise  der wenigen ausgeschriebenen Jagdverpachtungen veröffentlichen würde, wären diese Preise nicht repräsentativ, da man bei dieser geringe Quote von keinen transparenten Markt, weder für Anbieter noch für Suchende, sprechen kann. 

Eigenjagdbezirke werden doppelt so häufig ausgeschrieben wie gemeinschaftliche Jagdbezirke

Die vom Jagdblog erfassten 601 bundesweiten öffentlichen  Jagdverpachtungen 2012/13 zeigen aber auch, dass es zwischen EJB Verpächter (Forst, Stadt) und GJB (Jagdgenossenschaften) völlig unterschiedliche Vermarktungsinteressen gibt. Zwar wurden genau 301 GJB und 300 EJB ausgeschrieben, -die Ausschreibungen  erteilen sich genau hälftig auf die ausschreibenden Stellen- , aber die EJB stellen nur 25% der Jagdreviere.
Hieraus ergibt sich seitens der Eigenjagdbezirke ein wesentlich höheres Interesse, eine möglichst hohe Jagdpacht zu erzielen. Im Gegensatz zu den Jagdgenossenschaften unterliegen die Verpächter staatlicher EJB einer strengen Kontrolle durch die Landesrechnungshöfe.  Diese rügen, das haben meine Gespräche mit Stadtkämmerern ergeben,  eine lasche Vergabe streng und fordern  eine angemessene marktorientierte Vermietung von Liegenschaften.  Auch wenn sich die Verpächter bei der Verpachtung das Recht vorbehalten, nicht an den meistbietenden den Zuschlag zu erteilen, dient Ihnen die Ausschreibung zumindest dazu, zu wissen, was der zur Zeit am Markt erzielbare Preis ist. Mit der Ausschreibung wird gegenüber den Kontrollbehörden der Nachweis erbracht, einen angemessenen Preis erzielt zu haben. 

Extreme Unterschiede zwischen den Bundesländern.

Groß sind die Unterschiede zwischenden Bundesländern, sowohl bezüglich der Menge der Ausschreibungen, als auch beim Verhältnis von Auschreibungen von GJB zu EJB. 
In Baden-Württemberg wird das Missverhältnis besonders deutlich. Es  wurden gerade einmal 6 GJB ausgeschrieben, aber 102 EJB. Besonders gravierend ist das Missverhältnis deshalb, weil die baden-württembergischen Landesforsten keinen einzigen EJB ausgeschrieben haben. Alle ausgeschriebenen  EJB sind im Eigentum von  Städten und Gemeinden. In Baden-Württemberg  scheinbar der Druck des Landesrechnungshofes besonders groß.  
Doch bundesweit betrachtet ergibt sich auch nach über 20 Jahren nach der Wiedervereinigung ein deutliches West-Ost-Gefälle.
Ausgerechnet in den waldreichen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg Vorpommern wurden im Jagdjahr 2012/13 gerade mal 14 GJB (!) ausgeschrieben. Immerhin kamen  dort 67 EJB zur Verpachtung, allerdings fast ausschließlich durch die Landesforstbetriebe und den Bundesforst. In Sachsen, wo gerade mal statistisch 0,0038% der GJB ausgeschrieben wurden, kann man getrost davon ausgehen, dass weder Jäger, noch Jagdgenossen überhaupt annähernd wissen, was ihre Jagd, die sie verpachten bzw. pachten, wert ist. 

Bei den Jagdgenossenschaften fehlt die Kontrolle

Diese Kontrolle in Form eines Rechnungshofes, die die öffentliche Ausschreibung der Jagdverpachtung zwingend vorschreibt,  fehlt bei den Jagdgenossenschaften. Ausgeübt wird diese laut Satzung durch die Genosse selbst. Wer aber einmal eine solche Jahreshauptversammlung besucht hat, wird feststellen , das oft nicht einmal 10% der Jagdgenossen erscheinen.  Nur wenige Jagdgenossen zeigen wirkliches Interesse, sich um ihre durch die  Jagdgenossenschaft verwaltete Liegenschaft zu kümmern. Wenn dann über mehrere Jagdpachtperioden keine Ausschreibung statt findet und auch im weiten Umkreis kein Jagdbogen ausgeschrieben wurde, der einen marktüblichen Preis erkennen lässt,  kann man getrost davon ausgehen, dass weder der Jagdvorstand, noch die Jagdgenossen  wissen, was ihre Jagd eigentlich wert.

Wann erfüllt die Nichtausschreibung der Jagdverpachtung den Tatbestand der Untreue?

Jeder, der einmal eine örtliche  Jagdverpachtung miterleben durfte, weiß, dass mit dem Näherrücken der neuen Jagdverpachtung das Gekungel zwischen Jagdvorstand und örtlichen Pachtinteressierten beginnt. Und auch der Jagdvorstand ist verständlicherweise  immer daran interessiert, um den Dorffrieden zu wahren, eine Jagdpachtverlängerung ohne Ausschreibung zu ermöglichen. Zudem  erspart  sich dabei der Jagdvorstand viel Arbeit und vor allem den Unfrieden unter der örtlichen Jägerschaft.  Die örtliche Jägerschaft selbst wiederum scheut die öffentliche Ausschreibung der Jagd wie der Teufel das Weihwasser.
Doch diese Umgehung der öffentlichen Ausschreibung beinhaltet auch ein nicht unerhebliches Streitpotential mit Jagdgenossen. Es ist die Aufgabe des Jagdvorstandes als Vertreter der Jagdgenossen einen angemessenen und somit marktüblichen Preis zu erzielen. Sollte aber ein Jagdgenosse sich durch eine zu niedrige Pacht wegen fehlender  Ausschreibung  übervorteilt fühlen, können bei einer 10 jährigen Laufzeit von Pachtverträgen schnell nicht unerhebliche Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Insbesondere dann, wenn gleichwertige Jagden in unmittelbarer Umgebung durch Ausschreibung  den Nachweis erbracht haben, dass  die angesetzte  Pacht viel zu niedrig angesetzt wurde.  
Schell kann dann aus der Jagdverpachtung, die zur Wahrung des Dorffriedens unter der Hand verpachtet wurde, aus Sicht der Genossen ein Vermögensschaden entstehen, der dann den Tatbestand der Untreue erfüllt.
Die Jagdgenossen sollten zumindest eine Ausschreibung vornehmen, um einen Richtwert zu erhalten, über welchen Jagdwert sie sich mit den örtlichen Jägern unterhalten. Ein Zwang zum Abschluss mit dem meistbietenden wird schließlich schon bei der Ausschreibung explizit ausgeschlossen, da sich die Jagdgenossenschaft bei einer Ausschreibung vorbehält, unter den Bietenden sich einen passenden Pächter aussuchen zu dürfen.

wmh

Euer

Stefan

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