28.10.07

Straßenbauruine als idealer Standort für eine hohe Rebhuhnpopulation

Brachflächen haben für das Rebhuhn eine doppelte Bedeutung. Sie sind Nahrungsquelle und sie bieten Schutz vor Beutegreifern.






Photo: Klaus Reinke, veröffentlicht unter www.nabu.de/m01/m01_02/

Der Bau der Ortsumgehungen der B44 von Groß-Gerau nach Mannheim durch das hessische Ried ziehen sich nun schon mehrere Jahrzehnte hin und immer werden nur Teilstücke erstellt. Seitdem aber Verkehrswegeplanung ausschließlich nach Kassenlage erfolgt, kommt es immer wieder zu Straßenbauruinen, halbfertige Trassen warten viele Jahre auf ihre Fertigstellung.

Als ich mit dem Hund am gestrigen Abend die geschotterte Trassierung einer dieser unfertigen Ortsumgehungen mehr aus Verlegenheit wegen der vorgerückten Dämmerung als Spazierweg benutzte, machte ich eine erstaunliche Entdeckung.

Kaum war ich 100 Meter auf der breiten Schotterpiste gelaufen, stieg eine Kette Rebhühner aus dem bereits ausgekofferten Straßengraben auf und fiel schnell wieder unweit in den noch unbepflanzten Ausgleichflächen ein.

Diese großflächigen Ausgleichsflächen, oft direkt neben der Fahrbahn gelegen, werden scheinbar sofort nach dem Ankauf durch das Land von der Landwirtschaft aufgegeben und sind dann sich selbst überlassen. Auf dem kargen sandigen Boden des hessischen Rieds keimen sofort über ein Meter hohe Kräuter, wie das Franzosenkraut. Auch die Schafgarbe und andere anspruchslose, aber hochwachsende Wildkräuter gedeihen hier scheinbar schon nach wenigen Jahren dicht und prächtig.

Meine Neugier war geweckt und ich lief weiter am Rand der breit geschotterten Piste der unfertigen Umgehungsstraße, ohne diese aber zu verlassen. Zur Eigenheimsiedlung sind es kaum 100 Meter und auch die Eisenbahntrasse Mainz-Mannheim, auf der im Minutentakt Schnellzüge vorbeirasen, verläuft direkt neben dieser Straßenbauruine.
Schon wenige Meter nach der Stelle, an der ich die erste Kette Hühner hochgemacht hatte, stieg abermals eine Kette Hühner auf, die aber deutlich über 10 Hühner stark war.

Nach 300 Metern verließ ich die Schotterpiste auf einem mittlerweile wegen der Trassierung überflüssig gewordenen Feldweg, der die Ausgleichsflächen durchschnitt und am Rand der Ausgleichsflächen an einem Zuckerrübenacker vorbeiführte. Kaum hatte ich den Zuckerrübenacker erreicht, stiegen an dessen Grasrand 3 Hühner auf, um nur wenige Meter wieder in den Ausgleichsflächen einzufallen.
Ohne auch nur ein einziges mal die Schotterpiste oder den Feldweg zu verlassen hatte ich auf weniger als 5 Hektar über 15 Rebhühner hochgemacht, die direkt daneben nach Nahrung suchten. Nach nur wenigen Metern Flug aber fanden sie wieder sichere Deckung in den verunkrauteten Ausgleichsflächen.

Der Menge der Beutegreifer wird auf den wenigen Hektar Ausgleichsflächen nicht geringer sein, als in der nahen Umgebung der unfertigen Umgehungsstraße. Befährt man das hessische Ried, so fallen einem immer wieder die großen Mengen an Krähen auf, die auf den großflächigen und deckungslosen Feldern nach Nahrung suchen. Diese landwirtschaftlichen Monokulturen, sind genauso wertlos für den Artenreichtum, wie asphaltierte Flächen, und sie sind die Ursache für das Fehlen unseres Niederwildes. Einzig der deckungs- und gleichzeitig nahrungsreiche Kräuterbewuchs der Ausgleichsflächen ermöglicht den Rebhühnern eine hohe Population auf dieser kleinen Fläche.

Diese Ausgleichsflächen für neu versiegelte Flächen müssen , wenn nicht in der Menge wie beim Straßenbau, auch als Ausgleich für landwirtschaftliche Monokulturen geschaffen werden. Die Bejagung von Raubwild und Raubzeug braucht dann nicht mehr mit der Konsequenz verfolgt werden, wie es zur Zeit praktiziert wird, um die Population des Rebhuhns zu erhöhen. Die wenigen Hektar verunkrautete Brachflächen der Straßenbauruine mit diesem hohem Rebhuhnbesatz auf kleinstem Raum beweisen dies.

waidmannsheil

Euer

stefan

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