Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter in der deutschen Jägerschaft so sehr , wie die Bezahljagden. Dies gilt für die Standgelder auf Drückjagden ebenso, wie der Verkauf von Einzelabschüssen. Diese Art der Jagd ist in Deutschland verpönt und wird deshalb überwiegend von Auslandsjägern genutzt, wenn sie dann angeboten wird.
Der Begehungsschein - die deutsche Art der Bezahljagd
Verfolgt man die Diskussionen an den Jägerstammtischen, könnte man glauben, dass alle Jäger, die kein Revier haben, in Deutschland kostenlos zur Jagd gehen, weil sie ständig von einem großzügigen Pächter eingeladen werden. Dem ist natürlich nicht so. Der revierlose Jäger in Deutschland muss sich auf dem völlig undurchsichtiger Markt der Begehungsscheine bedienen. Dort werden gegen Handgelder, die in der Regel Hegebeitrag genannt werden, vom Jagdpächter Einnahmen erzielt, um einen Teil der Jagdbetriebskosten zu decken. Geschmückt wird dieser Begehungsschein noch mit Verpflichtungen zur Revierarbeit und/oder der Wildbretübernahme. Hier soll der Eindruck erweckt werden, man leistet ehrenamtliche Arbeit und übt keine Bezahljagd aus.
Das Problem dieser Einnahmen ist es aber, dass sie oft mit dem Jagdpachtvertrag unvereinbar sind und somit Außenstehenden verborgen bleiben müssen. Ein absoluter Tabubruch ist es, diese Art der Jagd dann noch Bezahljagd zu nennen, über die Handgelder und deren Höhe legt man den Mantel des Schweigens.
In diesen völlig undurchsichtigen Markt der oft rechtswidrigen Begehungsscheine müssen sich Jungjäger erst einmal über viel Jahre hineinarbeiten, ist es doch eine zugegebenermaßen urdeutsche Art der Bezahljagd, die vielen unbedarften Jungjägern zeitlebens verschlossen bleibt.
Dabei wundern sie sich, dass sie oft jahrelang keine Jagdeinladung bekommen, ist doch der großzügige Jagdpächter, der zur Jagd einlädt, ein scheinbar ausgestorbenes Wesen. Nach vielen Jahren des Wartens stellt man dann fest, dass dieser Jagdpächter, wenn es ihn dann gibt, nur in der Erinnerung einiger Stammtischjäger existiert.
Jagddienstleistung - eine in Deutschland unbekannte Tätigkeit
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Dass die Bezahljagd überwiegend von Ausländern in Anspruch genommen wird, hat einen einfachen Grund. Die Dienstleistung rund um die Jagd ist in den meisten Ländern eine übliche und anerkannte Dienstleistung. Die Deutschen, das zeigen Vergleiche mit dem Ausland, sind nicht nur Dienstleistungsmuffel. Auch bei der Bezahlung von Dienstleistung sind die Deutschen im internationalen Vergleich äußerst knauserig und sind immer im hinteren Feld zu finden. Bei uns stellt der Dienstleistungssektor die meisten Geringverdiener. Warum soll dies im konservativen Jagdwesen anders sein.
Doch ein Blick über den deutschen Tellerrand hinaus ist von Nöten.
Hier gilt es, Länder mit einem professionellen Jagdmanagement einem Vergleich mit Ländern ohne ein solches zu unterziehen. Hier haben Studien bewiesen, dass dort und nur dort, wo ein professionelles Jagdmanagement betrieben wird, auch der Artenschutz funktioniert und dort das Jagen in der Öffentlichkeit eine breite Zustimmung findet, schließlich liegt die Leitung bei der Ausübung der Jagd durch Hobbyjäger in profesionellen Händen. Die Einnahmen aus der Bezahljagd der Freizeitjäger kommen zudem dem Arten- und Landschaftschutz zugute.
Gesetzliche Veränderungen werden die deutsche Jägerschaft zum Umdenken zwingen
Für viele Jäger unbemerkt haben sich in den letzten Jahren schleichend gesetzliche Veränderungen vollzogen. Es ist nicht mehr nur das Jagdrecht, was den Jäger zu einer waidgerechten Jagd verpflichtet. Der Tierschutz und die Hygienevorschriften haben massiven Einfluß auf die Jagd und den Begriff der oft schwammig auslegbaren Waidgerechtigkeit abgelöst.
Am Beispiel der Statistik der Schwarzwildbejagung zur Wildschadensabwehr im Lehrrevier mit 970 ha soll dies verdeutlicht werden:
Im Jagdjahr 2010/11 wurden neben 35 Stück Rehwild 52 Sauen erlegt. Nur so konnte der Wildschaden nachhaltig eingedämmt werden.
Die erlegten Sauen ergaben ein Gesamtgewicht von 2,1 Tonnen Wildfleisch.
Ohne die Hilfe von Jagdgästen wäre die Strecke nicht erzielt worden, 80 % der Sauen wurden von Jagdgästen erlegt.
Etwa 25 % aller Erlegungen zieht eine aufwendige Bergung mittels Bergehaken über mehrere 100 Meter oder eine mehr oder weniger schwierige Nachsuche nach sich.
Um einerseits dieses Ergebnis zu erzielen, andererseits die gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllen, bedarf es einer professionellen Jagdbewirtschaftung:
Bei Gruppenansitzen, die einen hohen Erfolg garantieren, müssen Hundeführer und Bergefahrzeug in der Bereitstellung stehen. Schon wenige Minuten nach dem Schuss muss der Hundeführer mit Bergefahrzeug am Anschuss sein und bergen und/oder nachsuchen. Das erlegte Stück muss in den kühlen Jahreszeiten binnen 2 Stunden versorgt im vorgekühlten Kühlhaus hängen, längere Zeiträume sind aus Hygienegründen nicht zu verantworten. Im Sommer sollte der Zeitraum maximal 1 Stunde betragen.
Der Hundeführer muss sofort und immer verfügbar sein. Ein Herbeirufen erst dann, wenn nach Untersuchung des Abschusses Schweiß gefunden wird, ist aus Tierschutzgründen in der heutigen Zeit kaum noch vertretbar.
Im Mittel fielen für die Bergung, die eventuelle Nachsuche, die Versorgung am Kühlhaus und die Probenentnahme für Trichinenbeschau bei 52 Sauen 2,5 Stunden Arbeitszeit/erlegte Sau an. Völlig unabhängig von den zusätzlichen Kosten für Fahrzeug und Kühlhaus sind diese Arbeiten unmöglich von einem ehrenamtlichen Jagdhelfer zu erbringen.
Viele Jagdpächter klagen über den hohen Wildschaden durch Schwarzwild, machen sich aber kaum Gedanken, mit welchen Kosten und mit welcher Logistik eine tierschutzgerechte und den Hygienevorschriften entsprechende Jagdausübung verbunden ist.
Auch glauben viele Jagdpächter, mittels zahlenden Begehungsscheininhabern, die in der Regel zusätzlich zur Jagd noch Beruf und Familie haben, den gesetzlichen Verpflichtungen als Jagdpächter gerecht zu werden. Die Jagd ausschließlich mit ehrenamtlichen Helfern so zu erbringen, dass alle Bestimmungen des Jagdrechts, der Hygiene und des Tierschutzes eingehalten werden, stößt an ihre Grenzen. Ein Umdenken in der deutschen Jägerschaft ist dringend notwendig.
Fazit:
Die verschärften Gesetze in der Jagdausübung werden die Jäger früher oder später zum Umdenken zwingen. Eine Jagd, die sich ausschließlich auf ehrenamtliche Helfer stützt, wird den gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr gerecht.
Die Bezahljagd braucht auch in Deutschland ein besseres Image. Bezahljäger sorgen mit ihren Beiträgen dafür, dass die Jagd in Deutschland von hauptberuflichen Jägern professionell organisiert werden kann, damit auch in Zukunft die Jagd in Deutschland sicher und vor allem den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt wird.
Eine Tabuisierung oder gar Dämonisierung der Bezahljagd ist für die Zukunft der Jagd nicht dienlich, sondern versperrt den Blick in die Zukunft.
waidmannsheil
Euer
stefan
12.1.12
Die Bezahljagd- das rote Tuch der deutschen Jägerschaft
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