18.11.14

Deutschland hat kein Schwarzwildproblem, die Jäger haben ein Kommunikationsproblem

Fazit des Schwarzwildsymposiums in Nossen: Die Jäger reden zuviel übereinander und zuwenig miteinander
Photo: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

Bis auf den letzten Platz war der Hörsaal im sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Nossen belegt und keiner der Anwesenden sollte vom dichtgefüllten Vortragsprogramm des sächsischen Schwarzwildsymposiums enttäuscht werden.

Ohne auf jeden einzelnen Vortrag einzugehen, möchte ich kurz einige Vorträge hervorheben, weil diese doch für alle Jäger von Bedeutung sind. Alle Vorträge, so wurde mir versichert, werden in den nächsten Tagen online gestellt. Das vollständige Programm des Symposiums kann man hier nachlesen.

Nach der obligatorischen Begrüßung durch das Staatsministerium eröffnete Professor Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel den Vortragsreigen. Mit seiner bekannt humorvollen Art räumte er erneut mit zahlreichen, sich innerhalb der Jägerschaft beharrlich haltenden, falschen Erkenntnissen zum Thema Schwarzwild auf. Doch es sind nicht nur die wildbiologisch nachgewiesenen Falschbehauptungen, wie beispielsweise die Synchronrausche, die Professor Pfannenstiel rügt. Es ist vielmehr das Verharrungsvermögen vieler Jäger und die fehlende Lernbereitschaft der Jäger gegenüber den Erkenntnissen der Wildbiologie, die Pfannenstiel zu denken gibt.

Im Anschluss an den Vortrag von Professor Pfannenstiel referierte Dr. Oliver Keuling über eine mehrjährige telemetrische Untersuchung, die die Wanderbewegung von Schwarzwildrotten untersucht hat. Seine Erkenntnis nach vielen Jahren der telemetrische Erfassung kann mit dem Satz: "Schwarzwild ist standorttreuer als viele Jäger behaupten" zusammengefasst werden. Durch die vielen graphischen Darstellungen, die die Wanderbewegungen aufzeigten,  konnte auch Dr. Keuling mit vielen Vorurteilen bezüglich des Wanderverhaltens von Schwarzwild aufgeräumen,

Ein besonders sensibles Thema wurde vom Referenten Niels Hahn angesprochen: Die Bejagung des Schwarzwildes mittels Nachtjagdgeräten. Auch hier war es sehr interessant, die Auswertung der Erfahrungen von 149 Jägern zu sehen, die in einem vom Landtag in Bayern genehmigten Versuch, die Schwarzwildbejagung mittels Nachtjagdgeräten über einen festgelegten Zeitraum erprobt hatten.

Am Nachmittag ging es dann hauptsächlich um das Thema praktische Bejagung des Schwarzwildes in Sachsen. Einen sehr humorvollen Vortrag hielt Dirk Thomas von der Jägerschaft Zwickau, in dem er über die ersten Gehversuche seiner Jägerschaft bei der Organisation von revierübergreifenden Drückjagden berichtet. Doch bei allem Humor, an dem es dem Vortrag nicht fehlte, sollten die von ihm gerügten schlechten Schießkünste wenig routinierter Jäger  und ein mangelhaftes Organisationstalent vieler Jagdpächter den Jagdverbänden zu denken geben. Scheinbar fehlt vielen Jagdpächtern schlichtweg die Erfahrungen, wie große revierübergreifende Drückjagden zu organisieren sind. Und auch vielen drückjagdunerfahrenen Jägern fehlt es an Routine beim Schuss auf flüchtiges Wild. Hier steht den Jägern ein gigantisches Aufholprogramm an Erfahrung und Wissen bevor, wollen sie mit revierübergreifenden Drückjagden das Schwarzwildproblem angehen.

Ganz anders da der Vortrag von Andreas Padberg. Er ist als Angestellter von Sachsenforst für den Forstbezirk Leipzig zuständig. Über viele Jahre hat Andreas Padberg die Erfahrungen zusammengetragen, die man braucht, um eine erfolgreiche Drückjagd durchführen  zu können. Und sein Erfolg gibt ihm recht: Seine alljährlich im Colditzer Forst stattfindende Drückjagd, bei der in den letzten Jahren oft mehr als 300 Stück Schalenwild erlegt wurden, gilt deutschlandweit als die bestorganisierteste Drückjagd. Zahlreiche Loblieder in den sozialen Medien beweisen dies.

Die Vorträge wurden mit einem Referat eines Geschäftsführers einer Agrargesellschaft abgerundet. Hier wurde deutlich, mit welchen Problemen Landwirte zu kämpfen haben, die ihre Flächen sowohl mit Grünland als auch mit Mais bewirtschaften und in extrem wildschadensgefährdeten Gebieten ihre Landwirtschaft betreiben. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Jägern geht mittlerweile soweit, dass sich der Landwirt selbst um  neuen Jägernachwuchsarbeit kümmert, weil die örtliche Jägerschaft den Anforderungen der modernen Jagd nicht mehr gewachsen ist.

Immer wieder wurde in fast allen Vorträgen die fehlende Kommunikationsbereitschaft und die fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit von Jägern, Landwirten und Jagdgenossen gerügt. Da wo die Zusammenarbeit aber funktioniert, sind immer sichtbare Erfolge erkennbar.
Eine Zahl macht es besonders deutlich: Der Landesbetrieb Sachsenforst erlegt auf seinen Flächen fast das dreifache an Schwarzwild pro Hektar, als auf den genossenschaftlichen Jagdbezirken erlegt werden. Bedenkt man, dass der Landesbetrieb gerade mal 15 % der bejagbaren Fläche bewirtschaftet, wird erkennbar, dass es alleine ein Problem der Jäger ist, die Schwarzwldpopulation in den Griff zu bekommen.

Und noch ein Punkt wurde auf dem Symposium deutlich:
Eine echte Gefahr droht den Jägern durch die Wahrnehmung des Problems in der Öffentlichkeit: Wenn die Jäger die Schwarzwildpopulationen nicht in den Griff bekommen, verspielen sie gegenüber der Öffentlichkeit jede Glaubwürdigkeit. Die Jagd läßt sich dann als Regulierer von Wildbeständen nicht mehr erklären. Spätestens dann, wenn die Jäger das Problenm Schwarzwild nicht in den Griff bekommen, hat die Öffentlichkeit das Recht, die Jagd als Ganzes in Frage zu stellen.

Das Symposium hat gezeigt: Der Ball bei der Bestandsreduzierug liegt nun im Feld der Jägerschaft. Einzelne Projekte haben bewiesen, dass das Problem in den Griff zu bekommen ist, alleine am echten Willen der Jägerschaft fehlt es.


waidmannsheil

Euer

stefan

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