24.1.14

"Die Streckenmeldungen meiner Jagdpächter haben den Wahrheitsgehalt eines arabischen Frontberichtes"

Abschusspläne und Streckenmeldungen - mit zweifelhaften Wahrheitsgehalt

Mit diesem Vergleich erklärte mir ein Jagdvorsteher, der seit 27 Jahren einer Jagdgenossenschaft vorsteht, die Bedeutung, die er den  Streckenmeldung zumisst, die ihm seine Jagpächter alljährlich zur Unterschrift vorlegen.

Nun wissen wir nicht, wie hoch der Wahrheitsgehalt eines arabische Frontberichtes in der Regel ist und wir wollen hier auch keine Volksgruppen, schon gar nicht Andersgläubige aus dem Nahen Osten diskriminieren. Doch die Behauptung des Jagdvorstehers ging mir, seit ich ihn hörte, nicht mehr aus dem Kopf. Schließlich, das war klar, gab der Jagdvorsteher zu, dass für ihn die Streckenmeldungen seiner Jagdpächter nicht das Papier wert sind, auf dem sie verfasst wurden.

Doch als ich unlängst über einen Beitrag des Jagdpublizisten Manfred Nolting auf seiner Homepage "Ein Jagdmensch" zum Thema "Rehe drücken, aber richtig" stolperte, stockte mir der Atem. Es waren weniger die sehr interessanten Ausführungen zum Thema "Effiziente Bejagung des weiblichen Rehwildes" und Manfred Noltings jahrzehnte langen Erfahrungen als Jagdpächter auf diesem Gebiet, die mich stutzen ließ, als vielmehr sein Link auf die Jagdstrecken der letzten 6 Jahre des Landes Nordrhein-Westfalen der Jahre  2007/08 bis 2012/13. 

Als altgedienter Controller ist man ja immer froh, griffiges Zahlenmaterial über mehrer Jahre in die Hände zu bekommen und so setzte ich mich über eine Auswertung dieser Streckenmeldungen. Ziel meiner Untersuchung war es, in den Streckenmeldungen von 6 Jahren Informationen zu erhalten, die die Behauptung des Jagdvorstehers untermauert, Streckenmeldungen seien in der Regel ein (wörtlich): "Phantasiegebilde jagdunfähiger Jagdpächter".

Oberflächlich erscheinen solch große Zahlenkolonnen für den Außenstehenden wenig aufschlussreich. Erst die Gegenüberstellung mit der prozentualen Verteilung von Abschusszahlen und Fallwild läßt eine Diskrepanz erscheinen, die so scheinbar noch niemandem aufgefallen ist. Das Ergebnis ist verblüffend. Wäre ich kein Jäger und würde ich den Jagdvorsteher und sein Zitat nicht kennen, müßte ich aus der Auswertung herleiten:

Rehwild verunglückt prozentual zwischen 7 und 10 mal häufiger im Straßenverkehr, als alle anderen Schalenwildarten! 
    
Hat man alle Streckenprotokolle der letzten 6 Jahre ausgewertet, ergibt sich für alle Schalenwildarten, außer Rehwild, immer wieder der gleiche prozentuale Anteil des Fallwildes an der Gesamtstrecke:

Die durchschnittliche Anteil des Fallwildes an der Gesamtstrecke beträgt bei allen Schalenwildarten außer Rehwild zwischen  3,5 - 8 %. Höhere Prozentwerte gibt es bei keiner Schalenwildart in keinem einzigen Jahr. Nur beim Rehwild hat sich der Fallwildanteil der letzten 6 Jahre bei knapp 30 % eingependelt.

Scheinbar hat sich noch kein Jagdverband und noch kein einziges wildbiologisches Institut mit dem Phänomen der extrem hohen Quote der im Straßenverkehr verunglückten Rehe beschäftigt. Diese extreme Diskrepanz bedarf aber einer Untersuchung.

Geschönte Zahlen gehen, abgesehen von der Illegalität socher Handlungen, der ADAC mit seinem Kommunikationschef Michael Rammstetter beweist es zu deutlich, einher mit einem großen und vor allem langanhaltenden Vertrauensverlust. Dies können wir uns als Jäger, die in der Öffetlichkeit stehen, nicht erlauben.

Allen Jagdpächtern empfehle ich, die immer noch glauben, man könne den jährlichen weiblichen Rehwildabschuss beim Ansitz erledigen, deshalb aber ihren Abschussplan nicht erfüllt bekommen, den Artikel von Manfred Nolting: "Rehe drücken- aber richtig"


waidmannsheil

Euer

stefan

2 Kommentare:

doclipps hat gesagt…

Lieber Stefan,
Hier werdenn zwei Probleme vermengt, die nicht zusammengehören:
1. Das System der Abschusspläne und Streckenmeldungen sollte unbedingt überprüft werden, da liegt vieles im Argen und Deine Kritik ist ernst zu nehmen.
2. Die Unfallhäufigkeit von Rehwild hat damit nichts zu tun. Sie sollte aber auch wissenschaftlich betrachtet werden, denn sie hängt offensichtlich mit den Besonderheiten der Reviersuche, der Revierkämpfe, der kurzen Fluchstrecken und der Wanderungsfreudigkeit der sog. "Nomaden" (junges noch revierloses Rehwild) zusammen.
Gruss und Weidmannsheil
Wolfgang

axel Plümacher hat gesagt…

An Doclipps,

Quatsch! Bei den Streckenmeldungen wird erheblich geschummelt und Ricken werden nicht geschossen weil sie kein Gehörn haben. Zum Glück wird's langsam besser und die jungen Jäger scheren sich einen Dreck um den Rehwildkult der alten. Nur damit eins klar ist, ich mag Rehwild, ich mag auch viel Rehwild, aber zu viel ist zu viel, allein schon wegen der Qualität der Trophäen.