13.8.08

Mein erster Ansitz mit einer Jägerin




Der Jährling der Erlegerin aus dem Revier Unterlosa/Vogtland



Nach über 30 Jägerjahren werden die aufregenden Jagderlebnisse seltener, zumindest hat man das Gefühl die großen Jagderlebnisse werden weniger.
Doch der erste Ansitz mit einer jungen Jägerin hat mir gezeigt, dass die Jagd auch für einen alten Hasen immer noch genügend Überraschungen parat hält.

Anlässlich Joe´s Vorbereitung auf die Brauchbarkeitsprüfung weilte ich einige Tage im Vogtland und abends sollte das Jagdliche nicht zu kurz kommen.
Beim Treffen auf dem Hof des Jagdpächters entschloss ich mich, die einzige anwesende Jägerin auf den Ansitz zu begleiten, es sollte mein "Erstes Mal" sein.
Umsorgend wie ich nun mal bin und wissend um das latente Frieren der Frauen im Außenbereich, bot ich ihr an, meine Ansitzdecke trotz sommerlicher Temperaturen mitzunehmen. Dies Angebot wurde auch dankend angenommen.
Als wir die Zufahrt zum zugewiesenen Revierteil erreichten, einem Wiesental mit Bachlauf, der hinter dichtem Erlenbewuchs das Tal meandrierend durchschnitt, standen bereits 2 Stück in einer Bachschleife.
Der Logik der abklingenenden Blattzeit folgend, mußte eines der 2 Stücke ein Bock sein, aber auf fast 200 Meter war kein sicheres Ansprechen möglich.

Das Fahrzeug wurde hinter einem Kastenwald geparkt, von wo aus eine Leiter, von der aus ein sicherer Schuß möglich war, geräuschlos angegangen werden konnte.

Die Jägerin marschierte mit Ansitzdecke vorne weg und ich mit der Bockbüchsflinte und Fernglas hinterher. (Man beachte die Prioritäten) Irgendwie kam ich mir vor, wie vor 30 Jahren, als ich auch immer für meinen Vater auf den Reviergängen als Packesel diente. Doch beim Erreichen der Leiter bekam ich dann, wie es vor 30 Jahren mein Vater tat, die Order, unten zu warten, während die Jägerin mit Ansitzdecke die Leiter bestieg. Ich wurde per Handzeichen angewiesen, ruhig zu sein, scheinbar waren die 2 Stücke noch da. Schon überkam mich erstes Jagdfieber, als ich meinen Augen nicht traute:
Anstatt sich die von mir gehaltene Waffe reichen zu lassen, begann die Jägerin, ganz Frau, erst einmal damit , meine Ansitzdecke sorgfältig auf dem Leitersitz auszubreiten!!! Als sie diese dann sorgfältig glattgestrichen hatte, bekam ich die Order, ihr die Waffe zu reichen, erst dann kam ganz zum Schluß auch ich auf den Hochsitz.
Doch während ich noch den Bock ansprach und einen schwachen Spieß erkannte, hatte die Dame schon in professioneller Dreipunktauflage Ziel gefasst.
"Der passt" hatte Sie kaum geflüstert, als der Schuß auch schon aus der Suhler Bockbüchsflinte Kal. 8x75 16/70 brach und der Bock im Schuss verendete.
Beim "Waidmannsheil" blickte ich in die strahlenden Augen der Erlegerin.
Doch dann durfte ich etwas erleben, was ich bisher nur von Männern kannte: Auch Frauen überkommt das Jagdfieber und die Jägerin wurde-wie wir Männer- von heftigem Zittern befallen.
Als es dann nach dem Aufbrechen um das Bergen des Stückes ging , war es wieder wie vor 30 Jahren bei meinem Vater: Ich durfte den Bock, bei dessen Erlegung ich dabei sein durfte, zum Auto schleifen. Die Erlegerin, ganz Frau, hatte natürlich wichtigeres zu tun, schließlich mussten Bekannte ausgiebig über die Erlegung per Handy informiert werden.

Doch auch der Jagdpächter hatte Waidmannsheil, sodass beim anschließenden Umtrunk viel vogtländischer Gerstensaft und natürlich ganz Frau, Sekt floss. Auch in der derben Jägerrunde erwies sich die Jägerin, als einzige Frau, als schlagfertig und selbstbewußt.

Fazit:

Das Vogtland mit seiner einmalig schönen Landschaft ist eine (Jagd)reise wert. Die bodenständige, auf den Außenstehenden oft derbe wirkende Bevölkerung hat sich ihre Eigentümlichkeit erhalten. Doch trotz dieser Eigentümlichkeit sind hier die Frauen als Jägerinnen vollständig in das Jagen integriert.
Für mich war es eine völlig neue Erfahrung, eine Jägerin zu begleiten. Sie schießen genauso gut wie die Männer und zittern genauso wie wir im Jagdfieber.
Doch da das Jagen auch oft mit schwerer Arbeit verbunden ist, ermöglicht es dem Jäger (Mann), einmal wieder den Kavalier spielen zu können.

waidmannsheil


Euer

stefan


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