Dass es mit der praktischen Jagdausbildung nicht zum Besten steht, merkt man, wenn in Gesprächen auf Jagdveranstaltungen das Thema Jungjäger diskutiert wird. Schnell kommt das Gespräch auf unerfahrene Jagdgäste, die im Schnellkurs den Jagdschein erworben haben, aber über wenig oder gar keine praktischen Erfahrungen verfügen.
In seinem Leitartikel spricht der Herausgeber des Südtiroler Jagdportals, der Jäger Walter Prader die teilweise katastrophalen Zustände der mangelhaften Jagdausbildung der Jungjäger aus. Da das Südtiroler Jagdportal eigentlich nicht für eine kritische oder gar reißerische Berichterstattung steht, sollte es den Jägern zu denken geben.
Zu einer Verbesserung der praktischen Jungjägerausbildung stehen alle Altjäger in der Pflicht. Der Artikel ist also in erster Linie ein Aufruf an die Jagdpächter, sich der Jungjägerausbildung anzunehmen.
Ich würde mich freuen, wenn dieser Leitartikel jeden einzelnen Jäger aufrüttelt, seinen Teil zur Jungjägerausbildung beizutragen.
waidmannsheil
Euer
stefan
Hier der Leitartikel des
Südtiroler Jagdportals:
Liebe Jägerinnen, Jäger und Freunde des Südtiroler Jagdportals,
als Jungjägerin/Jungjäger bezeichnet man eine Jägerin/einen Jäger in den ersten drei Jagdjahren nach bestandener Jägerprüfung - altersunabhängig und ohne Berücksichtigung des persönlichen oder gesellschaftlichen Status.
Kann es sein, daß das Jägersein eine Mode, ein Trend geworden ist und daß damit der Wunsch verbunden ist und verwirklichbar wird, Waffen zu tragen, und mit diesen Waffen möglichst viel Wild erlegen zu können? "Nur so ist es jedenfalls erklärlich, daß in einigen Revieren Südtirols die Jäger derart zugenommen haben, daß an einen herkömmlich geordneten, jährlichen Wildabschuß gar nicht mehr zu denken ist, da laut Turnus die Anzahl der Abschüsse nicht mehr reicht".
Dies ist allerdings nicht das Problem, welches ich bei diesem Rundschreiben anschneiden möchte, sondern die Art der Bejagung und die wachsende Gier zu schießen, die in so manchem Jäger bzw. Jungjäger steckt.
Durch die neue Jagdverordnung in Südtirol, hat ein Absolvent der Jägerprüfung schon im ersten Jahr die Möglichkeit, im Gemeinderevier die Jagdkarte zu lösen. Aufgrund dessen darf ihm nicht verweigert werden, schon im ersten Jagdjahr in Begleitung Rot-Gams und Rehwild zu schießen. Im zweiten Jagdjahr darf er diese Tätigkeit ohne Begleitung, ausgenommen Gamsjagd, ausüben. "Das Ergebnis ist, daß vielen Jungjägern gar nicht mehr bewußt ist, daß zum Jägersein neben dem Recht zu schießen auch verschiedene Pflichten gehören. Sie glauben wohl, je mehr Wild sie schießen, desto größer ist Ihre Anerkennung - sowohl bei Nichtjägern als auch bei Jägern". "Als Begleitpersonen werden entweder der Vater, ein Bruder oder jemand mitgenommen, bei dem der Schießfinger recht wenig gerade bleiben kann. Nur so ist es zu erklären, daß einige Jungjäger, die ich kenne, schon im ersten Jahr 6-10 Schalenwildarten, darunter kapitale Rehgaißen, Hirschtiere udgl. geschossen haben - viele davon wurden angeschweißt und einige davon konnten nur durch mühevoller Nachsuche mit dem Hund erlegt werden". Der Umgang mit der Waffe ist eine Erfahrung, die viele nicht einschätzen können. Einige davon schießen zwar auf 100 Meter Entfernung recht gut - am Schießstand oder auf Wildscheiben. Aber ihnen fehlt die Erfahrung mit der Waffe in freier Wildbahn. Distanzen werden unter- oder überschätzt, und so manches Jagdfieber läßt wohl so manche Kugel danebengehen. Bei der Jagd geht es nicht darum, möglichst viel Wild schießen zu können. Ich verabscheue solche Einstellungen. Laut "Informationen von verschiedenen Revieren in Südtirol werden immer mehr trächtiges und führendes weibliches Rotwild von Jungjägern geschossen, weil ihnen einfach die Erfahrung fehlt und dadurch viel Ärger und Protest in die Reviere kommt". Fehler können passieren, das ist menschlich und das kann sehr schnell gehen. Peinlich ist es aber, wenn sich solche Fehler immer wieder wiederholen, oder sogar zu eklatanten Auseinandersetzungen unter den Jägern führen.
Ich möchte sicherlich nicht alle Jungjäger in den gleichen Topf werfen. Ich schätze und achte junge Jäger, die in einer zweifelhaften Situation den Finger gerade lassen. Jäger tragen für jeden Eingriff in die Natur die Verantwortung und sollten sich dessen auch immer bewußt sein. Jäger sollten Wildtierpopulationen sinnvoll nutzen und ordentlich bewirtschaften. Sie sollten verantwortlich aus nachwachsenden Beständen ernten. Jäger sollten das Wild ausgleichen und regulieren - dort, wo in der heutigen Kulturlandschaft ein Gleichgewicht in Gefahr ist. Jäger sind mit den Abläufen in der Natur eng verbunden - und haben sich die Fähigkeit angeeignet, aus diesen Abläufen Konsequenzen zu ziehen.
Aller Anfang ist schwer, wie der Volksmund so schön sagt, auch bei der Jagd. Vieles gibt es zu beachten: Die richtige Ausrüstung soll her, das theoretische Wissen soll immer wieder durch Literatur und Kurse vertieft werden und vor allem: Praxiserfahrung muß man sammeln! Denn aus Fehlern lernt man zwar, aber es dürfen ruhig die Fehler anderer sein. Denn vielen Meinungen, Vorurteilen, Fehleinschätzungen und Phrasen zum Thema Jagd kommt man nur auf die Schliche, wenn man sich gut informiert. Und Information gibt gerade dem Jagdeinsteiger Selbstvertrauen und somit eine gute Basis für eigene Erfahrungen. Gerade nach der Jägerprüfung sollten sich die Jäger weiterhin fachlich fortbilden, mit fachkundigen Jägern Erfahrungen austauschen, das Wild genauestens beobachten und auch nach bestem Wissen und mit reinem Gewissen erlegen können. Nur durch vielen Reviergänge und Exkursionen werden Kenntnisse der Revierpraxis und der Jagdorganisation vermittelt sowie das Wissen über Flora und Fauna vertieft. Wenn auch jüngere Jäger sich dies zu Herzen nehmen, werden auch Nichtjäger das Waidwerk mit ganz anderen Augen sehen.
Ich persönlich hoffe, daß auch durch die neuen Bestimmungen der Wildbrethygiene jeder Jäger gerade beim Rotwild mehr darauf achtet, große Schußdistanzen zu vermeiden. Denn angeschossenes Wild, welches erst am Tag oder gar einige Tage später gefunden wird, kann nicht mehr verkauft werden.
Weidmannsheil
Walter Prader Südtiroler Jagdportal