Jungjägerseminar in Egenhausen, Kreis Ansbach, 31.07.-04.08.2008, Revier von Hans Webersberger
von Uwe Paschedag
Kurz nach dem ersten Jungjägerseminars auf Usedom hatte Stefan bereits angedeutet, dass es ein weiteres Seminar in Mittelfranken geben sollte. Und nachdem ich von dem ersten Seminar viel mitnehmen konnte stand für mich schnell fest, dass ich mir eine Jagdmöglichkeit in meiner deutschen Lieblingsregion und zweiten Heimat - dem schönen Frankenland - nicht entgehen lassen würde. Auch die Hundeausbildung sollte wieder nicht zu kurz kommen und Schweiß- und Wasserarbeit im Fordergrund stehen. Eine schöne Gelegenheit, das Potential meines Golden Retrievers Bobby in dieser Richtung zu prüfen. So hatte Stefan dann auch meine "Buchung" vorliegen, kaum dass der Termin online war. Nun wartete ich mit Vorfreude auf den lt. Beschreibung viel versprechenden Seminarausflug in der Blattzeit in 2 von Hans Webersberger geführte Niederwildreviere mit einer Gesamtfläche von über 1200 ha im Kreis Ansbach.
Die Zeit des Wartens fand noch kurzfristig eine Unterbrechung in Form eines viertägigen Jagdausflugs nach Sachsen-Anhalt im Roßlauer Staatsforst. Ein ehemaliger Arbeitskollege und seit eh und je passionierter Jäger wusste um meinen Mangel an Jagdgelegenheiten und lud mich ein, ihn nach Roßlau zu begleiten. In dem schwierig zu bejagenden Waldrevier mit hohem Dickungsanteil konnte ich so bereits am 21.07.08, kurz vor dem zweiten Jagdseminar beim Lehrprinz e.V. meinen ersten Jährlingspießer zur Strecke bringen.
Und am 31.07.08 ging's dann voller Vorfreude los in Richtung Flachslanden zum 2. Jungjägerseminar mit 5tägiger Bockjagd. Nach Mittag kam ich am vereinbarten Treffpunkt "Gasthof Rose" in Flachslanden an, wo mich Stefan Fügner und Hans Webersberger mit seinem kleinen Münsterländer Carlo kurz darauf begrüßten. Hans schlug vor, erst mal an einen Weiher zu fahren um die Hunde schwimmen zu lassen. Sehr schön, denn es war ein sonniger und heißer Tag. Am Wasser verstanden sich die beiden Pelznasen auch sofort. Anschließend gings zur Vorstellung, Klärung von Formalitäten und Programmbesprechung in ein Gartenrestaurant. Dabei geriet ich das erste mal ins Staunen. Denn Hans stellte mir ein wirklich perfekt ausgearbeitetes und abwechslungsreiches Programm für Jäger und Hund über die komplette Seminardauer vor. Außerdem erklärte er sein Verständnis zu den Zusammenhängen von Jagd und Natur und zur Waidgerechtigkeit nach den Vorstellungen des Ökologischen Jagdverbandes. Den Erfolg dieser Einstellung und sein tiefes und beeindruckendes Wissen um Jagd und Forst sollte er in den nächsten Tagen anhand vieler Beispiele eindrucksvoll unter Beweis stellen. Ebenso seine Fähigkeiten, das fundierte Wissen spannend zu vermitteln, nicht umsonst kümmert er sich auch sonst um die Jungjägerausbildung.
In seinem Revier erhielt ich nach einer kurzen Rundfahrt zwecks Überblick zunächst Gelegenheit, meinen Drilling in verschiedenen Anschlagarten und Entfernungen erfolgreich auszuprobieren. Und nach einer Stärkung im Quartier ging es dann schon los zum ersten Abendansitz auf den Bock. Anders als auf Usedom durfte ich ohne Beschränkung hinsichtlich Altersklassen allein auf den Hochsitz, denn jeder Bock war frei gegeben. Und dass ich einen Bock als Geweihträger selbstverständlich erkennen würde, hatte ich ja bereits durch meinen Spießer in Roßlau bewiesen.
Durch die Bejagung nach dem Konzept des ÖJV besteht in dem Revier auch ohne Anlegen von Schonungen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Naturverjüngung und Rehwildbeständen. Diese sind so geringer als z.B. im Revier beim ersten Seminar auf Usedom und daher nicht so leicht zu bejagen. Bei den ersten Ansitzen sollte ich so ohne Anblick von Rehwild bleiben, dies änderte sich aber bald. Und Stefan hatte schnell Waidmannsheil auf einen jungen Fuchs und darüber hinaus Sauen in der Nähe.
Nach den Abendansitzen endeten die Abende jeweils mit einer Abschlussbesprechung. Früh morgens ging es dann immer wieder los - meist auf wechselnde Reviereinrichtungen in Feld und Forst. Nach einer anschließenden Augenpflege und einem guten Frühstück wurde das Tagesprogramm fortgesetzt. Dies beinhaltete z.B. eine ausgiebige Revierbesichtigung, bei der ich viel Spannendes von Hans über die Zusammenhänge in Flora und Fauna lernen durfte. Auch die Hundeausbildung nahm tagsüber einen entscheidenden Anteil ein. So konnten wir mit meinem Golden Retriever Bobby erstmals vorsichtig die Schußfestigkeit testen. Auch die Wasserarbeit mit dem Dummy war Programm. Ein Highlight war sicherlich die Fährtenarbeit über mehrere hundert Meter, demonstriert von Carlos, Hans kleinem Münsterländer. Doch auch für Bobby hatte Hans eine kleine Anfängerfährte vorbereitet, gleichzeitig für mich einige An- bzw. Ausschußexponate, die es zu erkennen galt. In dem Zusammenhang gab es auch viel über das Verhalten vor und nach dem Schuss zu lernen und über die Arbeit der Nachsucheexperten. An einem anderen Tag weihte mich Hans in die Geheimnisse der Blattjagd ein, was gleichzeitig auf verschiedenen Reviereinrichtungen in die Praxis umgesetzt wurde.
Hans Webersberger ist ein Lehrprinz, wie man ihn sich als Jungjäger nur wünschen kann. Sein Wissensfundus in jeder Richtung scheint unerschöpflich und diesen weiß er spannend zu vermitteln. Die übrigen Jungjäger, die in seinem Revier regelmäßig und recht freizügig die Möglichkeiten haben, das Waidwerk zu erlernen, sind ehrlich zu beneiden.
Für mich ergibt sich aber ohne "feste" Jagdmöglichkeit bei nur einem Lehrprinzen bzw. in nur einem Revier der nicht zu unterschätzende Vorteil, verschiedene Reviere bzw. Reviersituationen und auch die unterschiedlichen Einstellungen zur Jagd kennen zu lernen. Der Begriff "Waidgerechtigkeit" wird durchaus differenziert interpretiert. Die so gesammelten Erfahrungen sind hilfreich, Jagdangebote realistischer einzuschätzen bzw. kritischer zu betrachten.
Dass ich beim 2. Jungjägerseminar kein Jagdglück hatte, ist eher nebensächlich. Weitaus wichtiger ist das Erlernte, das ich mitnehmen konnte und die Erinnerung an 5 spannende Jagdtage.
Gelohnt hat sich der Jagdausflug auch in anderer Hinsicht: denn auf der Rückfahrt machte ich noch einen Abstecher in meine 2. Heimat auf einen alten Hof in der fränkischen Schweiz, wo ich als Kind nahezu jedes Jahr mit meinen Eltern den Urlaub verbrachte. Die Besitzerin, selbst Jägerin und inzwischen 80 Jahre alt, schenkte mir ihren Unterhebelrepetierer, den sie als einziges Gewehr seit den 1950er Jahren geführt hatte und außerdem einen rund 100 Jahre alten Sauer Hahndrilling, die einzige Waffe, die ihr Vater sein Leben lang zur Jagd mitnahm und der wohl noch aus dem Besitz ihres Großvaters ist.
Und vielleicht meint es Diana demnächst doch noch gut mit mir, denn Hans hat mich bereits für ein weiteres Wochenende in sein Revier eingeladen.
Für ein spannendes Seminarprogramm und die Einladung möchte ich mich noch mal bei Hans herzlich bedanken. Aber auch bei Stefan vom Lehrprinz e.V., der das Ganze organisiert und unermüdlich begleitet hat. Auch von Stefan konnte ich erneut viel lernen und seine Unterstützung und Tipps bei Bobbys Ausbildung haben uns wieder ein ganzes Stück weiter gebracht.
Das Revier bietet darüber hinaus übrigens beste Voraussetzungen für die Hundearbeit. Daher habe ich mich auch schon für das Jagdhundeseminar vom 19.-21.September entschieden. Denn mein Hegering kann leider aktuell keine den Erfordernissen entsprechende Revierverhältnisse zur Verfügung stellen.
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