Selbst die Spätnachrichten im österreichischen Fernsehen brachten einen ausführlichen Bericht über das im Internet aufgetauchte Video über die tierschutzwidrige Gamsjagd in Tirol.
Wir möchten allen diesen Film über die qualvolle Erlegung einer Gams ersparen, alleine ein Bild aus dem Video sollte ausreichen.
Photo: www.oe24.atwww.oe24.at/
Doch wie kann es passieren, dass 2 Gastjäger in den Tiroler Alpen durch ein einziges Video die jahrelange mühsame Öffentlichkeitsarbeit der internationalen Jägerschaft mit einem "Klick" zunichte gemacht haben?
Dieser Frage möchte ich mit meinen Erfahrungen als Jagdführer auf den Grund gehen:
Die Erlegung eines Stück Wildes als psychische Grenzbelastung.
Bei der Begleitung von über 20 Jungjägern bei der Erlegung ihres ersten Stückes in den letzten Jahren ist mir klar geworden, dass es sich beim Schuss auf das lebende Tier um eine absolut psychische Grenzbelastung handelt. Insbesondere die "Ersterlegung" eines Stück Wildes stellt den im Alter fortgeschrittenen Jäger vor höchste psychische Belastungen und ist mit der Abgabe eines Schusses auf dem Schießstand nicht im geringsten zu vergleichen. Schon um einen Menschen bei dieser Extembelastung nicht alleine zu lassen, ist es geboten, dem Jungjäger einen erfahrenen Jagdführer zur Seite zu stellen, damit er das Erlebte in einem Gespräch mit einem erfahrenen Jäger verarbeiten werden kann.
Doch ist die psychische Belastung bei einem guten Schuss noch beherrschbar, kann sich bei Abgabe eines schlechten Schusses die Situation zu einer Kathastrophe auswachsen, wie man beim Betrachten des Videos leicht erkennen kann.
Weder Schütze noch "Kameramann" sind sich bewußt, dass hier routiniertes schnelles Handeln zwingend geboten war. Stattdessen versucht man kopflos das Beste aus der Sache zu machen.
Nun soll man sich hüten, Situationen, bei denen man nicht anwesend war, zu beurteilen. Doch im Video wird erkennbar, wie hoffnungslos überfordert der Schütze ist und so ziemlich alles falsch macht, was man falsch machen kann. Und auch der Jagdgast, der filmte, schien wohl sich überhaupt nicht im Klaren zu sein, welche Notsituation hier vorherrschte. Anders ist es nicht zu erklären, weshalb er nicht Eingriff und stattdessen filmte. Durch die extreme psychische Stressituation, die bei der Abgabe eines schlechten Schusses eintritt, war von den Jagdgästen wegen fehlener Routine die Situation nicht mehr beherrschbar.
Professionelle Jagdführung muss zur Pflicht werden, wenn Jagdgäste die Jagd ausüben
Wir werden auch in Zukunft die Jagd überwiegend von Jägern ausüben, die die Jagd in ihrer Freizeit betreiben. Die Routine, die ein Jäger bekommt, wenn er die Jagd täglich ausübt, werden diese Jäger deshalb nie bekommen. Eine für den Laien nicht mehr beherrschbare Stressituation wird aber bei der Jagd nie auszuschließen sein. Damit wir als Jäger uns diese öffentlichkeitsschädlichen Berichte in Zukunft ersparen, werden wir um eine professionelle Jagdführung von Jagdgästen nicht herum kommen.An dieser professionellen Jagdführung fehlte es bei der Gamsjagd in Tirol. Ich hoffe, dass man den Jagdpächter, der für die fehlende Jagdleitung verantwortlich zu machen ist, mit härtesten Strafen belegt. Sollte er hingegen einen Jagdleiter ernannt haben, der dieses Desaster zuließ, muss auch dieser strengstens bestraft werden.
Die Jägerschaft am Scheideweg: Mehr Professionalität oder Zurschaustellung von Stümperei
Im
Zeitalter des Internets, in dem Photos, Videos und Berichte sich
tausendfach in sekundenschnelle verbreiten lassen, können Verfehlungen
die jahrzehnte lange Öffentlchkeitsarbeit zunichte machen.
Solange sich die Jägerschaft einer teilweisen Professionalisierung widersetzt, diese als Teufelszeug verdammt und mit dieser Professionalisierung den Untergang der traditionellen Jagd beschwört, werden wir uns auch in Zukunft mit solchen oder ähnlichen Bilder und Videos konfrontiert sehen.
waidmannsheil
Euer
stefan
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