12.8.13

Strategiewechsel statt Durchhalteparolen




Das Argumentationspapier des Landesjagdverbandes Baden-Württemberg. 


Seit einigen Tagen kursiert im Internet ein Verbandsrundschreiben des Baden-Württembergischen Landesjagdverbandes mit dem Titel „Argumentationspapier“. In der Endphase der Verhandlungen über ein neues Landesjagdgesetz versucht der Landesjagdverband noch einmal, die Basis zu mobilisieren. Es werden die jagdlichen Argumente gegen ein neues Jagdgesetz ausformuliert und eine Liste aller Landtagsabgeordneter wird direkt mitgeliefert. Scheinbar ist beabsichtigt, dass die Basis  diese Argumente im jeweiligen Wahlkreis dem  Abgeordneten vortragen möge.

Man lässt sich hier von der Devise leiten, die da lautet: Was wir auf Deputiertenebene nicht erreicht haben, das muss die Basis nun rausholen. Unter dem Aspekt, dass die Verhandlungen zum neuen Jagdgesetz schon weit fortgeschritten sind, weckt die Aktion den Eindruck eines letzten Versuchs, mittels der Basis das Ruder noch herumreißen zu können. Diese Generalmobilmachung der Verbandsbasis mittels Argumentationspapier erweckt beim Außenstehenden den Eindruck einer Ansammlung von  Durchhalteparolen an das letzte Aufgebot. Ein Ziel ist im Argumentationspapier nicht erkennbar, alleine das Festhalten an den unverhandelbaren Standpunkten wird proklamiert.


Die Landesjagdverbände in einem neuen Umfeld      


 Seit der Föderalismusreform hat sich das strategische Umfeld der Jagdverbände entscheidend geändert. Nicht nur im Bereich des Jagdwesens, sondern auch in den Bereichen Forst- und Landwirtschaft, der Tier- und Naturschutz sind die Kompetenzen auf Länderebene zugeordnet worden. Dort haben die Länder weitreichende Entscheidungshoheiten zugesprochen bekommen.
Gleichzeitig, und hier liegt wohl der gravierende Unterschied zu früheren Konstellationen,  wird  bei rotgrünen  Regierungskoalitionen in den Ländern das für diese Belange zuständige Umweltministerium immer häufiger dem grünen Koalitionspartner  zugewiesen, der  nun wirklich nicht als die Traumpartner der Jäger gilt, wenn es um die Belange der Jagd geht.
Die zur Zeit in den Bundesländern  Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg angestrebten Jagdrechtreformen und die damit einhergehenden Verhandlungsstrategie der Jagdverbände ist vom Grundsatz her völlig identisch. Man verfährt nach dem Grundsatz der Frontalopposition und weicht keinen Meter von seinen Positionen ab. Und obwohl sich in keinem Bundesland sichtbare Erfolge einstellen, hält man starrsinnig an der einmal eingeschlagenen Strategie fest, nach dem Grundsatz:

“ Wenn einer nur einen Hammer hat, dann sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.“

Normalerweise holt man, wenn sich der Verdacht einschleicht, dass das Problem vielleicht doch kein Nagel ist, ein passendes Werkzeug. Manche aber holen stattdessen einen noch größeren Hammer!
  
Diese Konfrontationsstrategie lässt aber ganz entscheidende Veränderung der Lage außer Acht. Wurden früher Jagdrechtsreformen separat mit den Jagdverbänden verhandelt, streben die Umweltminister in den Ländern durch die gesetzgeberische  Kompetenz eine Paketlösung aller Bereiche (Tier-Naturschutz, Forst, Jagd, Landwirtschaft)  an. Bei dieser Paketlösung, und dies ist den Jagdverbänden noch gar nicht bewusst, spielt die Jagd eine operative Verbindungsrolle ohne koordinierende strategische Bedeutung.
Die von der Politik vorgegebene Paketlösung zwingt allen Beteiligten bei den Verhandlungen eine neue Verhandlungsstrategie auf. Damit haben sich die Spielregeln für alle Beteiligten völlig verändert. Und neue Spielregeln fordern neue Strategien. Deshalb hilft es den Jagdverbänden auch gar nichts, durch das Argumentationspapier die jagdliche Fachkompetenz herauszuarbeiten, wenn diese Kompetenz durch die Spielregeln bereits strategisch ins Abseits manövriert wurde. Und deshalb wirkt das Argumentationspapier auf den Außenstehenden auch trotz inhaltlich erkennbarer Fachkompetenz wie eine Ansammlung von Durchhalteparolen ohne strategische Bedeutung.


Der Dominoeffekt – Wenn ein Bundesland fällt, fallen auch die anderen


Solange die Jagdverbände aber statt eines Strategiewechsels ausschließlich  auf das Vortragen von  Sachargumenten setzen, werden sie in jedem Bundesland nach der Novellierung der Jagdgesetze als zweiter Sieger hervorgehen. Sollten sie die Jagdverbände nicht zu einem Strategiewechsel durchringen können und weiterhin am Konfrontationskurs festhalten, wird ein Bundesland nach dem anderen ein Jagdgesetz bekommen, auf das die Jägerschaft keinen Einfluss hatte.


Der Strategiewechsel fordert Koalitionen


Man muss als Jäger erkennen, dass die Jägerschaft in der von den Umweltministerien angestrebten Paketlösung eine eher untergeordnete Rolle spielt. Noch. Das Muskelspiel des zur Zeit noch kleinsten Teilnehmers am Verhandlungstisches  wirkt dann auf die anderen eher belustigend und ist zudem nicht lange durchzuhalten. Am Ende dieser Strategie steht dann der gänzliche Ausschluss von den Verhandlungen, bzw. das völlige Außerachtlassen unserer legitimen Interessen.
Um im Spiel zu bleiben gilt es, strategische Bündnisse mit den großen Spielern am Tisch einzugehen, um dann, sozusagen im Flottenverband erfolgreich mit zu segeln. Dies fordert aber die Einsicht in einen Strategiewechsel  und die Fähigkeit , sich den anderen Spielern gleich zu stellen, sich kooperativ zu zeigen und taktische Allianzen einzugehen, kurz gesagt: geschickt und situationsangepasst zu reagieren - und weitsichtig- zielorientiert sprich: strategisch zu agieren.

Und wir Jäger haben einiges zu bieten: Neben der Fachkompetenz auch die vielen Milliarden Euro, die wir Jäger – und nur wir- Jahr für Jahr dem Staat durch unsere Passion und unsere Ehrenarbeit an ansonsten fälligen Ausgaben ersparen. Man muss diese Tatsachen der milliardenschweren Leistungen der Jäger nur offensiv kommunizieren, man kann es gar nicht oft genug sagen. Wer aber für die bestellte Musik zahlt, sollte dementsprechend auch Gehör finden. Dies ist ein legitimer und völlig natürlicher Anspruch. Vor allem dann, wenn er es, wie bereits gesagt, als einziger tut!
Wie groß diese ökonomische Macht der Jäger ist, kann man hier nachlesen

Zurück zum Punkt zielorientiertes Handeln:
Hiervon sich die Jagdverbände noch weit entfernt. Noch immer hält man an der Strategie der Konfrontation und dem Glauben fest, es ohne Kooperation mit den anderen Teilnehmer am Verhandlungstisch zu schaffen. Das Argumentationspapier des LJV Baden-Württemberg beweist es einmal mehr.

waidmannsheil

Euer


Stefan

Coautor: Manfred Nolting
Westfälische Str.48
57368 Lennestadt 
Telefon: 02721 989363 
Mobil: 0171 3605640 

1 Kommentar:

  1. Lieber Stefan,

    Recht hast Du - die Jägerschaft braucht in der Tat eine neue Strategie. Aber Dein Blogbeitrag hört leider da auf, wo es an´s Eingemachte gehen soll. Wie soll diese Strategie aussehen? Mit wem soll sich die Jäherschaft verbünden? Denn mit der Forstpartie kommt man ja immer noch mehr oder minder klar, aber mit Ideologen halt zunehmend schwerer, und die gibt es, in Form von Grünen-Naturschützern-Tierschützern-Ökojägern (teilweise)-usw. bis hin zu verbohrten Jagdgegnern in wachsender Zahl und mit wachsendem Einfluss auch in der Politik.

    Das Papier aus BW finde ich im Gegensatz zu Dir jedenfalls im sachlichen Inhalt garnicht so schlecht. Natürlich sind Maximalforderungen nie durchsetzbar, aber man soll schon klare Kante zeigen. Fraglich ist auch nicht, dass man versucht, die "Basis" aufzumüden. Denn zum einen haben ja unsere Funktionäre bekanntlich nicht gerade einen überwältigenden Publikumserfolg - um es mal freundlich auszudrücken - und zum anderen ist es eigentlich Sache aller Jäger (und Jägerinnen - political correctness muss sein!), mal Flagge zu zeigen. Die allerdings sind leider nur minderheitlich bereit, sich zu engagieren, und genau da liegt der Hase im Pfeffer!

    Da gehören wir beide - Du mit Deinem Blog und ich mit www.jagdrechtsblog.de - eben leider zu den wenigen Rufern in der Wüste.

    Mit Weidmannsheil
    Wolfgang

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