Das Argumentationspapier des Landesjagdverbandes Baden-Württemberg.
Seit einigen Tagen kursiert im Internet ein
Verbandsrundschreiben des Baden-Württembergischen Landesjagdverbandes mit dem
Titel „Argumentationspapier“. In der Endphase der Verhandlungen über ein neues
Landesjagdgesetz versucht der Landesjagdverband noch einmal, die Basis zu
mobilisieren. Es werden die jagdlichen Argumente gegen ein neues Jagdgesetz
ausformuliert und eine Liste aller Landtagsabgeordneter wird direkt
mitgeliefert. Scheinbar ist beabsichtigt, dass die Basis diese Argumente im jeweiligen Wahlkreis dem Abgeordneten vortragen möge.
Man lässt sich hier von der Devise leiten,
die da lautet: Was wir auf Deputiertenebene nicht erreicht haben, das muss die
Basis nun rausholen. Unter dem Aspekt, dass die Verhandlungen zum neuen
Jagdgesetz schon weit fortgeschritten sind, weckt die Aktion den Eindruck eines
letzten Versuchs, mittels der Basis das Ruder noch herumreißen zu können. Diese
Generalmobilmachung der Verbandsbasis mittels Argumentationspapier erweckt beim
Außenstehenden den Eindruck einer Ansammlung von Durchhalteparolen an das letzte Aufgebot. Ein
Ziel ist im Argumentationspapier nicht erkennbar, alleine das Festhalten an den
unverhandelbaren Standpunkten wird proklamiert.
Die Landesjagdverbände in einem neuen
Umfeld
Seit der Föderalismusreform hat sich das
strategische Umfeld der Jagdverbände entscheidend geändert. Nicht nur im
Bereich des Jagdwesens, sondern auch in den Bereichen Forst- und Landwirtschaft,
der Tier- und Naturschutz sind die Kompetenzen auf Länderebene zugeordnet
worden. Dort haben die Länder weitreichende Entscheidungshoheiten zugesprochen
bekommen.
Gleichzeitig, und hier liegt wohl der
gravierende Unterschied zu früheren Konstellationen, wird
bei rotgrünen Regierungskoalitionen
in den Ländern das für diese Belange zuständige Umweltministerium immer
häufiger dem grünen Koalitionspartner
zugewiesen, der nun wirklich nicht
als die Traumpartner der Jäger gilt, wenn es um die Belange der Jagd geht.
Die zur Zeit in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und
Baden-Württemberg angestrebten Jagdrechtreformen und die damit einhergehenden
Verhandlungsstrategie der Jagdverbände ist vom Grundsatz her völlig identisch.
Man verfährt nach dem Grundsatz der Frontalopposition und weicht keinen Meter
von seinen Positionen ab. Und obwohl sich in keinem Bundesland sichtbare
Erfolge einstellen, hält man starrsinnig an der einmal eingeschlagenen
Strategie fest, nach dem Grundsatz:
“ Wenn einer nur einen Hammer hat, dann sieht
jedes Problem wie ein Nagel aus.“
Normalerweise holt man, wenn sich der
Verdacht einschleicht, dass das Problem vielleicht doch kein Nagel ist, ein
passendes Werkzeug. Manche aber holen stattdessen einen noch größeren Hammer!
Diese
Konfrontationsstrategie lässt aber ganz entscheidende Veränderung der Lage außer
Acht. Wurden früher Jagdrechtsreformen separat mit den Jagdverbänden verhandelt,
streben die Umweltminister in den Ländern durch die gesetzgeberische Kompetenz eine Paketlösung aller Bereiche
(Tier-Naturschutz, Forst, Jagd, Landwirtschaft)
an. Bei dieser Paketlösung, und dies ist den Jagdverbänden noch gar
nicht bewusst, spielt die Jagd eine operative Verbindungsrolle ohne koordinierende
strategische Bedeutung.
Die von der Politik vorgegebene Paketlösung
zwingt allen Beteiligten bei den Verhandlungen eine neue Verhandlungsstrategie
auf. Damit haben sich die Spielregeln für alle Beteiligten völlig verändert.
Und neue Spielregeln fordern neue Strategien. Deshalb hilft es den
Jagdverbänden auch gar nichts, durch das Argumentationspapier die jagdliche
Fachkompetenz herauszuarbeiten, wenn diese Kompetenz durch die Spielregeln
bereits strategisch ins Abseits manövriert wurde. Und deshalb wirkt das
Argumentationspapier auf den Außenstehenden auch trotz inhaltlich erkennbarer
Fachkompetenz wie eine Ansammlung von Durchhalteparolen ohne strategische
Bedeutung.
Der Dominoeffekt – Wenn ein Bundesland fällt,
fallen auch die anderen
Solange die Jagdverbände aber statt eines
Strategiewechsels ausschließlich auf das
Vortragen von Sachargumenten setzen,
werden sie in jedem Bundesland nach der Novellierung der Jagdgesetze als
zweiter Sieger hervorgehen. Sollten sie die Jagdverbände nicht zu einem
Strategiewechsel durchringen können und weiterhin am Konfrontationskurs
festhalten, wird ein Bundesland nach dem anderen ein Jagdgesetz bekommen, auf
das die Jägerschaft keinen Einfluss hatte.
Der Strategiewechsel fordert Koalitionen
Man muss als Jäger erkennen, dass die
Jägerschaft in der von den Umweltministerien angestrebten Paketlösung eine eher
untergeordnete Rolle spielt. Noch. Das Muskelspiel des zur Zeit noch kleinsten
Teilnehmers am Verhandlungstisches wirkt
dann auf die anderen eher belustigend und ist zudem nicht lange durchzuhalten. Am
Ende dieser Strategie steht dann der gänzliche Ausschluss von den Verhandlungen,
bzw. das völlige Außerachtlassen unserer legitimen Interessen.
Um im Spiel zu bleiben gilt es, strategische
Bündnisse mit den großen Spielern am Tisch einzugehen, um dann, sozusagen im
Flottenverband erfolgreich mit zu segeln. Dies fordert aber die Einsicht in
einen Strategiewechsel und die Fähigkeit
, sich den anderen Spielern gleich zu stellen, sich kooperativ zu zeigen und
taktische Allianzen einzugehen, kurz gesagt: geschickt und situationsangepasst
zu reagieren - und weitsichtig- zielorientiert sprich: strategisch zu agieren.
Und wir Jäger haben einiges zu bieten: Neben
der Fachkompetenz auch die vielen Milliarden Euro, die wir Jäger – und nur wir-
Jahr für Jahr dem Staat durch unsere Passion und unsere Ehrenarbeit an ansonsten
fälligen Ausgaben ersparen. Man muss diese Tatsachen der milliardenschweren Leistungen
der Jäger nur offensiv kommunizieren, man kann es gar nicht oft genug sagen.
Wer aber für die bestellte Musik zahlt, sollte dementsprechend auch Gehör
finden. Dies ist ein legitimer und völlig natürlicher Anspruch. Vor allem dann,
wenn er es, wie bereits gesagt, als einziger tut!
Wie groß diese ökonomische Macht der Jäger ist, kann man hier nachlesen
Wie groß diese ökonomische Macht der Jäger ist, kann man hier nachlesen
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zum Punkt zielorientiertes Handeln:
Hiervon sich die Jagdverbände noch weit
entfernt. Noch immer hält man an der Strategie der Konfrontation und dem
Glauben fest, es ohne Kooperation mit den anderen Teilnehmer am
Verhandlungstisch zu schaffen. Das Argumentationspapier des LJV Baden-Württemberg
beweist es einmal mehr.
waidmannsheil
Euer
Stefan
Coautor: Manfred Nolting
Westfälische Str.48
57368 Lennestadt
Telefon: 02721 989363
Mobil: 0171 3605640
Homepage: www.ein-jagdmensch.de
Lieber Stefan,
AntwortenLöschenRecht hast Du - die Jägerschaft braucht in der Tat eine neue Strategie. Aber Dein Blogbeitrag hört leider da auf, wo es an´s Eingemachte gehen soll. Wie soll diese Strategie aussehen? Mit wem soll sich die Jäherschaft verbünden? Denn mit der Forstpartie kommt man ja immer noch mehr oder minder klar, aber mit Ideologen halt zunehmend schwerer, und die gibt es, in Form von Grünen-Naturschützern-Tierschützern-Ökojägern (teilweise)-usw. bis hin zu verbohrten Jagdgegnern in wachsender Zahl und mit wachsendem Einfluss auch in der Politik.
Das Papier aus BW finde ich im Gegensatz zu Dir jedenfalls im sachlichen Inhalt garnicht so schlecht. Natürlich sind Maximalforderungen nie durchsetzbar, aber man soll schon klare Kante zeigen. Fraglich ist auch nicht, dass man versucht, die "Basis" aufzumüden. Denn zum einen haben ja unsere Funktionäre bekanntlich nicht gerade einen überwältigenden Publikumserfolg - um es mal freundlich auszudrücken - und zum anderen ist es eigentlich Sache aller Jäger (und Jägerinnen - political correctness muss sein!), mal Flagge zu zeigen. Die allerdings sind leider nur minderheitlich bereit, sich zu engagieren, und genau da liegt der Hase im Pfeffer!
Da gehören wir beide - Du mit Deinem Blog und ich mit www.jagdrechtsblog.de - eben leider zu den wenigen Rufern in der Wüste.
Mit Weidmannsheil
Wolfgang