Vor allem beim Eigentum und der Einstellung zu Selbigem unterscheiden sich Städter und Landmensch entscheidend. Eine mit Graffiti verschmierte S-Bahn in Berlin
Die
Populationsdynamik, mit der sich die Wölfe in ganz Deutschland
etablieren, erstaunt selbst die Fachleute. Doch wer glaubt, dass sich
durch die dadurch steigenden Übergriffe auf Nutztiere die
Wolfsbefürworter und Wolfsgegner näher kommen, der irrt. Im
Gegenteil: Die Diskussionen über ein Für und Wider der Begrenzung
werden in den sozialen Medien mit unverminderter Härte von beiden
Seiten geführt. Man hat den Eindruck, beide Seiten haben die völlige
Kompromisslosigkeit zur Tugend erklärt.
Untersucht
man, wo der Graben verläuft, der die beiden Lager trennt, so wird
schnell eine unüberwindbare Schlucht -Graben kann man es nicht mehr
nennen- zwischen dem (naturentfremdeten) Städter einerseits und dem
tief in der Natur verwurzelten Landmenschen andererseits erkennbar.
Doch
was unterscheidet diese beiden Menschen voneinander, dass es
ausgerechnet wegen dieses Tieres zu einer solch tiefen Feindschaft
kommt?
Ich
lebe nun seit 9 Jahren in der tiefen brandenburger Provinz. Davor
habe ich einige Jahre in der Stadt gelebt, ich kenne somit beide
„Biotope“. Deshalb kann ich auch beide Menschen sehr gut
erstehen, was mich dazu veranlasst, die elementaren Unterschiede
herauszuarbeiten und hoffe, dass das zur besseren Verständigung
beiträgt.
Der
Städter lebt, das ist ihm allerdings überhaupt nicht bewusst, fast
sein ganzes Leben auf öffentlichem Raum. Der Bürgersteig, der
Supermarkt, die U-Bahnstation, die Parkanlage, sind alles Flächen,
die der Allgemeinheit uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Selbst
seine Wohnung ist gemietet und das Hausrecht nimmt er dort nur
vorübergehend wahr. Doch schon im Hausflur laufen oft Menschen
herum, die er noch nie gesehen hat. Privateigentum ist für den
Städter ein unbedeutender, vernachlässigbarer Begriff und wird fast
immer mit einer Firma oder Organisation, aber eher selten mit einer
Person in Verbindung gebracht. Das Einzige, was der Städter von dem
Eigentümer seiner Mietwohnung kennt, ist dessen Kontonummer. Diese Distanz zum Eigentum geht einher mit fehlender Verantwortung zu Eigentum und wird vor allem an den verschmierten Hauswänden und vermüllten Parkanlagen einiger Großstädte sichtbar.
Habe
ich in meinem fast menschenleeren Oderbruch Besuch aus der nicht weit
entfernten Großstadt Berlin, beginnt schon ganz am Anfang meine
Arbeit damit, dass ich erklären muss, dass man hier den
Hund genauso wenig laufen lassen kann, wie in der Stadt. Doch hier ist
es nicht der Straßenverkehr, der den Aktionsradius des Hundes
einschränkt, sondern das Eigentum! Alle Wiesenflächen werden vom
Landwirt als Weideflächen genutzt, entweder er ist der Eigentümer
oder der Landwirt hat sie zur Nutzung gepachtet. Der Nutzer einer
Wiese duldet es nicht, dass die Hunde über die Wiesen jagen und
dort ihre Haufen machen.
Auch
der naturverjüngte Wald wirkt auf den Städter verwahrlost und er hält ihn für "Natur", die jedem zur Nutzung offen steht. Er weiß
nicht, dass solch ein Wildwuchs gewollt ist und Teil des
Bewirtschaftungskonzeptes der Waldbesitzers ist. Zwar duldet der
Waldbesitzer aufgrund des Waldbetretungsrechtes den erholungssuchenden
Städter auf den Wegen seines Waldes, aber die gesamte Waldfläche
unterliegt – wie auch die Äcker und Wiesen - einer streng
wirtschaftlichen Nutzung und steht der Allgemeinheit nicht zur
Verfügung.
Wenn
ich den Städter dann über Nutzung und Eigentumsrechte auf den
Naturflächen aufgeklärt habe, verändert sich schnell seine
Vorstellung von der freien Natur. Auf dem Land sind die
Eigentumsverhältnisse aufgrund der wirtschaftlichen Nutzung klar
umrissen! Die großen Flächen von Gemeinschafteigentum, wie es die
Städter gewohnt sind zu nutzen, gibt es auf dem Land nicht.
Viele
Städter sind tatsächlich der Meinung, dass die großen Wald- und
Ackerflächen auf dem Land -wie auch in der Stadt- allen zur Nutzung
offen stehen! Für den besitzlosen Städter sind alle diese Flächen
auf dem Land, wie er sie vorfindet, „Natur“, und dem Gemeinwohl
dienend. Dass einzelne Personen auf großen Nutzungsflächen
alleinige Nutzungsansprüche haben, weiß er oft gar nicht. Das man
mit der Nutzung dieser Flächen auch noch seinen Lebensunterhalt
verdient, ist ihm in der Regel völlig fremd!!!
Das
Leben auf dem Land war in Mitteleuropa wegen der 5 monatigen
Vegetationspause und großer Temperaturschwankungen im Jahresverlauf
seit Menschengedenken ein ständiger Kampf ums Überleben. Bis zur
Ernte muss das Wetter mitspielen, die Bevorratung der Ernte und die
Sicherung des Viehs forderte hohe Investitionen in Scheunen und
Stallungen. Wer sich nicht gegen diese Feinde zu wehren wusste, der
musste hungern. Die Sicherung der Nutzung der Flächen war
existenziell, weshalb auch heute noch der Landmensch ohne Grund und Boden seinen
Krautgarten mit Kaninchen- und Hühnerställen hegt und
pflegt.
Es
galt schon immer der Grundsatz:
„Das Dorf gehört den Dörflern,
die Stadt gehört den Investoren“
Stellen
wir also fest, dass der Landmensch ein völlig anderes Verhältnis
zum Eigentum hat, als der Städter, ohne dass das dem einen oder dem
anderen bewusst ist.
Eine
weitere Entwicklung der letzten 30 Jahre hat das Auseinanderleben von
Stadt- und Landbevölkerung verschärft:
Wenn
ich als Student in den Semesterferien von Darmstadt in meinen
geliebten Odenwald fuhr, fragten mich meine Kommilitonen immer, was
ich dort die Ferien über mache. In der Unterhaltung über das Landleben, zu dem ich mich hingezogen fühlte, fielen ihnen dann schnell ein Onkel
oder ein Opa ein, der einen Bauernhof besaß, auf dem sie in ihrer
Kindheit wundervolle Ferien verbracht hatten. Fast jeder kannte das
Landleben durch bäuerliche Verwandtschaft oder Ferienaufenthalte.
Durch den flächendeckenden Verlust der kleinbäuerlichen Struktur in
Deutschland sind in diese Kontakte der Stadtbevölkerung zum Landleben und somit das
Wissen um die Landbevölkerung beim Städter fast völlig verloren gegangen.
Das
hat dazu geführt, das in den Städten Millionen von Menschen leben
-auch Erwachsene- die noch nie woanders Lebensmittel gekauft haben,
als beim Diskounter. Der gelegentliche Besuch eines Bioladens (alles viel zu teuer!) ist da
schon ein echter Ausflug in eine andere Welt.
Dass
es Menschen gibt, ob Landwirte, Imker, Schäfer, Waldbesitzer oder
Fischwirte, die ständig darum Bangen müssen, ob ihnen nicht das
Wetter ihre Existenz bedroht oder irgendwelche Fressfeinde ihre
Existenz streitig machen, ist für diese von der Natur entwöhnten
Stadtmenschen schlichtweg unvorstellbar! Es gibt doch schließlich
Lidl, Aldi und Co, da wird der ganze Kram doch tonnenweise zu Discountpreisen
verramscht, da braucht man sich doch keinen Kopf über die
Herstellung zu machen!
Erinnern
wir uns an die Deutsche Revolution von 1848. Eine der wichtigsten
Errungenschaft der nachrevolutionären Zeit war die Koppelung des
Jagdrechts an Grund und Boden. Die Bauern wollten es
nicht länger hinnehmen, dass die vom Adel künstlich
herangezüchteten hohen Wildbestände Wildschäden verursachten, die
den Bauern die Existenz zerstörte und zu Hungersnöten führte. Damals war
die Schadenersatzpflicht für Wildschäden, auf die die Bauern wegen der
unkontrollierten Vermehrung des Wildes durch die Überhege des Adels bestanden, nicht geregelt. Auch heute ist es wieder die fehlende Schadenersatzpflicht für Schäden durch den Wolf, die nicht geregelt ist und die Bauern auf die Barrikaden treibt.
Die
Gleichgültigkeit, mit dem sich der Adel über die Existenzängste
der Bauern hinwegsetzte, löste am Ende die Revolution von 1848 aus.
Die
heutige Situation zeigt große Parallelen zur Revolution von 1848. Auch heute nimmt man in der Stadt die Existenzängste der Landnutzer nicht ernst,
bzw. ignoriert sie. Doch es ist diesmal nicht der Adel, der gut
versorgt und naturentfremdet in seinen Schlössern saß, sondern es
diesmal der durch den Staat gut versorgte, von der Natur völlig
entrückte besitzlose Städter, der sich über die Sorgen der
Landbevölkerung hinwegsetzt.
Wir
brauchen vor allem eine Bildungsoffensive in der Form, dass unseren
Kindern gezeigt wird, woher die Millionen von Tonnen Lebensmittel
eigentlich kommen und wer sie produziert, die so scheinbar
unerschöpflich in den Supermärkten zu Discountpreisen in den
Regalen verramscht werden.
Diese
massenhafte Naturverblödung ganzer Generationen in den Städten
führt dazu, dass sich Städter und Landmensch nicht mehr unterhalten
können.
Unser
Bildungssystem, das zeigt zumindest die Diskussion beim Thema Wolf,
gehört im Bereich Naturbildung auf die Müllhalde der Geschichte.
Waidmannsheil
Euer
Stefan
Tja früher gab es noch Heimatkunde in der Schule. Heute bei Multi-Kulti ist sowas gar nicht mehr möglich. Hier hat die Politik auf ganzer Linie versagt.
AntwortenLöschenAndere Kulturen, andere Religionen, andere Werte. Dies alles sind Indikatoren und weisen auf die Zerrüttung unserer Gesellschaft hin. Aufklärung über den "Landmenschen"
wird in Zukunft (leider) wenn überhaupt nur in Geschichtsbüchern erfolgen. Sollte sich das Landei doch einmal in die Stadt verirren, so wird ihm eine Welt jenseits seiner Vorstellungskraft präsentiert werden. Allahu akbar schreiende Kinder werden ihn begrüßen. Dann wird er sich in einem Basar gleich einen türkisch Mokka einverleiben. Bei der Stadtbesichtigung werden ihm die zwiebelturmartigen Dächer der früheren Kirchen auffallen. Verstehen tut er nichts mehr. Denn spielende Kinder werden ihn in einer Sprache ansprechen die selbst im Radio auf seinem Bauernhof weit abseits der Stadt noch nie gehört hat.
Der verklärten Gutsherren-Romantik muss widersprochen werden.
AntwortenLöschenDie moderne Agrar-Industrie als Hüterin von Natur und Tradition zu verklären, ist schon sehr realitätsfremd.
Auch die feudalen Besitzverhältnisse sind kein Ruhmesblatt, weil die großen Kapitalgesellschaften den herkömmlichen Lanwirt enteignen.
Ja, die Landwirtschaft stellt einen wichtigen Anteil der Lebensmittelversorgung.
Aber hat keinerlei Skrupel, die Landschaft zu vermaisen für pseudo-bio-Energie,
die nur möglich ist , weil das Tierfutter aus Südamerika herangekarrt wird.
So sucht das arme Bäuerlein seinen profitabelsten Weg in der Kooperation mit Chemiegiganten, Monsanto und Windpark-Planern...
Schöne Grüße vom Lande!
Gute Idee, ab jetzt darf nur noch zur Jagd, wer in einem Ort mit weniger als 5000 Einwohnern lebt und eigenen Grundbesitz hat.Keine naturentfremdeten Jäger aus der Stadt mehr in Wald und Flur. Da bin ich voll dafür.
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