15.4.10

Gehorsam am Wild- Melf´s langer Weg zum zuverlässigen Begleithund

Mit den Berichten über die Konflikte zwischen Jägern und Hundebesitzern, die ihre Hund nicht unter Kontrolle haben, könnte man mehrere Bücher füllen.
Doch viele Hundehalter sind mit einem jagdtriebigen Hund schlichtweg überfordert, insbesondere dann, wenn sie einen Hund aus "2. Hand" haben und wenn sie wenig oder gar nichts über dessen Vorgeschichte wissen.
Keiner dieser Halter wünscht sich einen Konflikt mit einem Jäger, abgesehen davon, dass ein Spaziergang mit einem solchen Hund alles andere als entspannend ist.

Damit die Weichen für eine auch für den Nichtjäger durchführbare Erziehung im Bereich "Gehorsam am Wild" gestellt werden können, wurden der Halterin die Grundlagen einer Gehorsamsausbildung eines Jagdhundes näher gebracht. Bei Melf musste streng am fehlenden Dauerkontakt zum Führer gearbeitet werden, nach dem Motto:"Halte den Hund kurz, weit wird er von alleine". Doch den Crachkurs in Sachen "Gehorsam am Wild" hat nicht nur seine Führerin, sondern auch Melf nachhaltig beeindruckt.

Von den ersten Erfolgen bei der Umsetzung berichtet die Halterin in nachfolgender email:


Jagdhundmix Melf mit einer unbekannten Vorgeschichte, aber mit enormem Jagdtrieb
Photo: Stephanie Zecheus





Hallo Stefan,


jetzt ist es schon einige Wochen her, dass ich mit Melf bei Dir war und ich möchte Dir gerne beschreiben, wie es zur Zeit bei uns läuft.
Gleich vorweg, der Tag mit Dir hat sich unglaublich gelohnt!
Ich kann mit Melf mittlerweile in so gut wie jedem Gebiet ohne Leine unterwegs sein! Er ist mir bisher nicht noch einmal so abgezischt wie zuvor!! Das erweitert unsere Möglichkeiten und unseren Radius beträchtlich.
Nach unserem Treffen habe ich weiter trainiert wie Du es mir gesagt hast. Melf war die ersten Tage ziemlich beeindruckt. Er wich mir nicht von der Seite, die Rute hing runter, der Hund hatte definitiv nicht mehr viel Spass beim Spazierengehen. Ich habe darauf geachtet, dass er regelmäßig nach mir schaut, dass er mitbekommt, wann ich stehenbleibe und dies dann auch tut etc.. Das lief sehr gut. So habe ich mich nach einigen Tagen wieder ins Gelände gewagt und auch dort gab es keine Probleme. Nur Melfs fehlende Begeisterung hat mir ganz schön zugesetzt - mir fehlte mein lebensfroher Hund. Aber genau das war vorher ein Teil des Problems, er hörte ja vor lauter Begeisterung für seine Umgebung nicht gut.
Nach etwa zwei Wochen war spürbar, dass Melf langsam "auftaut". Dir Rute hob sich wieder zaghaft und er klebte auch nicht mehr ganz so stark an mir. Ich habe das unterstützt und gleichzeitig versucht, seine Aufmerksamkeit doch bei mir zu halten. Ich glaube, es ist mir einigermaßen gut gelungen.
Wir waren inzwischen miteinander an Orten, wo ich nie gedacht hätte, Melf ableinen zu können! Wir waren im Grunewald, in der Königsheide, am Gleisdreieck, im Plänterwald, im Tiergarten... Und überall klappt es wirklich gut!
Es kommt zwar immer noch manchmal vor, dass Melf einer Amsel oder einem Kaninchen hinterher stürzt, doch bisher habe ich ihn immer nach einigen Metern gestoppt bekommen. Früher wäre er ja über alle Berge gewesen. Toitoitoi dass das so bleibt bzw. sich noch verbessert!
Es ist - wie erwartet - ein ständiges Training und ich muss sehr aufmerksam sein und Melf steuern ( mit Rufen oder auch der Wurfkette), aber es läuft! Natürlich versucht er inzwischen, seinen Radius wieder immer mehr zu erweitern und da bin ich gefordert. Das ist anstrengend, aber da die Erfolge nicht ausbleiben macht es auch Spass.
Kannst Du mir vielleicht kurz einen Tipp geben? Melf tendiert nun dazu, wieder weniger auf mich zu achten. Wie würdest Du nun vorgehen, Ihn wieder ständig ganz nah bei mir laufen zu lassen oder - wie ich es zurzeit mache - in der entsprechenden Situation auch mal die Wurfkette rasseln lassen und ihn zu mir zitieren, um ihn nach Befolgung wieder loszuschicken? Ich halte ihn zur Zeit in einem Radius von maximal 10m um mich herum. Ich vermute, das ist genau die Herausforderung von der Johanna und Du gesprochen haben: die Arbeit auf Distanz!
Was ich leider noch nicht wirklich gut voran gebracht habe ist das Fuß-Gehen. Ich habe mich auf oben Beschriebenes konzentriert. Nun denke ich wäre es gut, wenn wir allmählich mit Fuß-Gehen anfangen.
Melf kann zwar eine kurze Zeit aufmerksam bei Fuß gehen, sogar ohne Leine, aber eben nur recht kurz und auch nicht 100% zuverlässig.
Diese Woche stecke ich noch voll im Arbeitsstress (Schlussredaktion für das Stern-Journal), aber ab nächster Woche wird es etwas entspannter und dann ist der Zeitpunkt da, wo ich mich wieder auf etwas Neues konzentrieren kann.
Ich habe übrigens einen Preydummy besorgt und ausprobiert, ob die Aussicht auf Futterbelohnung meinen Hund fürs Apportieren begeistert. Auf dem Hundplatz, wo viel Konkurrenz drumrum ist macht er es prima! Sind wir jedoch allein unterwegs ist der Dummy deutlich weniger interessant. Ein Spitzen-Apportierhund wird Melf wohl eher nicht werden.
Und das Training mit Feldleine war - wie wir bei Dir im Revier ja auch schon gesehen haben - für die Katz. Melf hat sich an der Feldleine komplett anders verhalten als ohne Leine. Der wusste genau, er kann nicht so wie er möchte, wenn das Ding dran ist! Daher habe ich eigentlich immer ohne Leine trainiert und bin sehr zufrieden, dass das doch recht gut funktioniert hat.
Ich hoffe, auch Du wirst einigermaßen zufrieden sein, wenn wir uns wieder sehen. Deine Ansprüche sind sicher höher als meine und ich hoffe auch, meine Erfolge nicht durch eine rosa Brille zu sehen.

Herzliche Grüße aus Berlin,
Stefanie



Hier meine Antwort auf die Mail:

Liebe Stephanie,

hört sich alles sehr gut an.
Mit dem Radius musst Du höllisch aufpassen.
Er weiß irgendwann auf den Meter genau, bis wohin Dein Einfluss geht!!!
In den Gebieten, in denen er wegen des Wildes weniger aufmerksam ist, den Radius enger halten.
Die Hunde können das sehr wohl unterscheiden, insbesondere wenn sie um Deinen Wunsch wissen, dass Dauerkontakt und Radius penibel einzuhalten ist.
Jeder Jagdhund lernt, dass in Wildeinstandsgebieten der Radius nur 2 Meter betragen darf. Ich trainiere das Kommando mit "Hier bleiben". Immer wenn der enge Radius gefordert ist, dieses Kommando geben. Von ganz alleine merkt der Hund Deine erhöhte Aufmerksamkeit und bleibt dicht bei Dir.
Zur Auflösung des Kommandos, wenn also Wiese oder wildarmes Gebiet erreicht ist, kannst Du das Komando "Lauf" einführen.
Jeden Hund kann man so auf 2 verschiedene Radien trainieren.

Freue mich auf ein Wiedersehen

stefan

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