19.4.08

Intervalljagd- eine Alternative zum Begehungsschein

Am Anfang der Jagdausübung nach dem Ablegen der Jägerprüfung stellt sich für den Jungjäger immer wieder die Frage nach einer Jagdmöglichkeit.
Da am Anfang der jagdlichen Laufbahn keine Jagdpachtfähigkeit besteht und man aus fehlender Erfahrung das Risiko einer Jagdpachtung auch nach Erlangung der Jagdpachtfähigkeit nicht eingehen will, oder dies aus Kostengründen nicht in Frage kommt, bleibt die Suche nach einem Begehungsschein.
Doch in Gesprächen, die ich mit Jungjägern geführt habe, die ihre ersten jagdliche Schritte mit einem Begehungsschein beginnen, häufen sich die schlechte Erfahrungen. Auch stellen sich scheinbar interessante Angebote durch eine genauere Prüfung als unseriös heraus, wenn ein von mir vorgegebener Fragenkatalog abgearbeitet wurde.

Die extreme Häufung des Scheiterns von Begehungsscheinen hat einen sehr einfachen Grund:

Auf der einen Seite die Jagdpächter.
Nach 2-3 Jahren der Pachtung ist die ersten Euphorie der Ernüchterung gewichen.
Die oft nicht richtig kalkulierten Jagdnebenkosten übersteigen das geplante Niveau bei weitem.
Für die notwendigen Revierarbeiten, die sie selbst erbringen, findet sich kein Helfer.
Von unerfahrenen Jungjägern, denen man gegen Mithilfe im Revier eine Chance geben wollte, ist man enttäuscht.
Das ruhig angepriesene Revier wird doch häufiger von Erholungssuchenden bevölkert, als angenommen.
Der Umgang mit Anwohnern und Landwirten ist doch nicht so problemlos, wie erwartet.

Als einzige Möglichkeit, zumindest dem finanziellen Problem Abhilfe zu schaffen, wird dann die Beteiligung eines Jägers mittels Begehungsschein gesehen.

Auf der anderen Seite sitzt ein Heer von oft blauäugigen, naiven Jungjägern, die natürlich unbedingt nach dem Ablegen der Jägerprüfung zur Jagd gehen wollen.
Wie man die Revierbeschaffenheit und die Bejagbarkeit des freigegebenen Wildes prüft, ist unbekannt.
Die klare Offenlegung der Jagdpacht und Jagdnebenkosten, sowie die Zahl der Mitjäger wird aus Furcht vor Ablehnung der Bewerbung um den Begehungsschein nicht angesprochen.
Die zusätzlich zu den Kosten eines Begehungsscheins anfallenden Kosten für Fahrten ins Revier und der Zeitaufwand werden unterschätzt.

Unterschiedlicher können Interessenlagen einerseits und Wissensvorsprung andererseits gar nicht sein.

Da bracht man sich nicht zu wundern, wenn die meisten ausgestellten Begehungsscheine eine nur geringe Laufzeit aufweisen. Die Enttäuschung allerdings findet man auf beiden Seiten gleichermaßen.

Eine echte Alternative ist die Intervalljagd. Das gilt sowohl für den Pächter, als auch für den Jungjäger.
Betrachtet man das Jagdjahr wie auf einem Schulplaner, so wird dem erfahrenen Jäger klar, dass sich die Jagd nur in wenigen Wochen im Jahr lohnt. Als Beispiel soll hier die Bockjagd dienen.

Zwar erlaubt der Gesetzgeber die Jagd auf den Bock fast ein halbes Jahr, wer aber ausreichend Böcke geschossen hat und aufmerksam deren Erlegung in einem Schussbuch oder Jagdtagebuch notiert hat, wird feststellen, dass deren Erlegung sich auf die 4 Wochen des Monats Mai und die 3 Wochen der Blattzeit (20.7--10.8.) verteilt.
Die Jagd auf den Bock außerhalb dieser 7 Wochen auszuüben, macht nachweislich wenig Sinn. Wer einmal versucht hat, seinen freigegebenen Bock Ende Juni zu erlegen, wird bestätigen, wie mühsam dies ist.
Wochen, in denen die Jagd besonders erfolgversprechend ist, gibt es bei fast allen Wildarten.

Über viele Jahre habe ich meine Jagdaufenthalte immer in die Zeit gelegt, in der die Jagd besonders erfolgsversprechend ist. Allerdings habe ich die Jagd dann auch immer mindestens eine Woche ausgeübt. Ein verregnetes Wochenende gibt es öfters, eine verregnete Woche eher selten. Die Fahrtkosten ins Revier, auch wenn dies weiter weg liegt, relativieren sich. Dadurch kann das Revier auch einige hundert Kilometer weit weg liegen. Entscheidend aber ist die Wahl des Zeitpunktes, denn man jagt dann, wenn die Wahrscheinlichkeit des Jagderfolges am größten ist.

Auch für den Jagdpächter hat die Intervalljagd große Vorteile. Das Revier wird nur kurz beunruhigt, die längere Zeit des Jahres aber herrscht Ruhe im Revier. Das Ausstellen von Begehungsscheinen entfällt, da der revierlose Jäger als Jagdgast nur für die Wochen der Jagd betreut werden muss, für die übrige Zeit, in der die Jagd ruht, braucht es keinen Begehungsschein. Stellt man nach einer Woche fest, dass Jagdpächter und Jagdgast sich nicht verstehen, dann trennt man sich eben wieder, und das ohne Streit, Aufwand und gegenseitiger Vorwürfe.

Auch löst die Intervalljagd das Problem des Missverhältnisses zwischen den mit Jägern überbevölkerten Ballungsgebieten und den an Jägern oft dünn besiedelten ländlichen Raum. Hier bietet insbesondere das Internet große Chancen, die notwendige Kommunikation über die Grenzen der Kreisjägerschaften hinaus aufzubauen.

Ich persönlich sehe in der Intervalljagd eine echte Alternative zum Begehungsschein, der aus meiner Sicht zu häufig im Streit endet und den Wünschen, sowohl der Jagdpächter als auch der revierlosen Jäger, zu selten gerecht wird.


waidmannsheil

Euer

stefan


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