19.8.07

Konzentrationsübungen als Einstieg in die Arbeit am Gehorsam


Kleine Münsterländerhündin Minou (Mitte), ein Ausnahmehund seiner Rasse










Photo: Nicole Wittmann



Immer wieder erhalte ich Anrufe von Jagdhundehaltern, die trotz Erfahrung in der Hundeausbildung bei bestimmten Hunden mit bisherigen Methoden an ihre Grenzen stoßen.

Ursache ist immer wieder die überdurchschnittlich ausgeprägte Persönlichkeit des Hundes und eine sehr schnelle Auffassungsgabe, sodass man durchaus von einer hohen Intelligenz sprechen kann.

Handelt es sich dann noch um einen Jagdhund mit einem ausgeprägten Jagdtrieb, stoßen auch erfahrene Hundeführer schnell an Ihre Grenzen. Eine ständige Unterforderung des Hundes führt dazu, dass der Hund immer weniger Notiz von seinem Hundeführer nimmt und somit oft kaum noch ansprechbar ist.

Bevor mit solchen Hunden überhaupt am Gehorsam gearbeitet werden kann, muss man die Aufmerksamkeit des Hundes überhaupt erst wieder zurückgewinnen. Deshalb stehen bei solchen "Extremhunden" am Beginn der Ausbildung konsequente Konzentrationsübungen auf dem Arbeitsplan, bei denen der Hund erst einmal lernt, sich völlig auf den Führer zu konzentrieren. Ohne diese, den Gehorsamsübungen vorgeschalteten Konzentrationsübungen, ist es unmöglich, die notwendige Aufmerksamkeit des Hundes zu bekommen, um mit den eigentlichen Gehorsamsübungen zu beginnen.

Vom Ablauf eines Nachmittags, bei dem über Konzentrationsübungen der Kontakt zum Hund aufgebaut wurde, berichtet Nicole Wittmann, die mit einem Kleinen Münsterländer der "Extraklasse" zu mir kam.


Die Kleine Münsterländerhündin Minou beim Jaghundeausbilder
von Nicole Wittmann

Am 15.8. hatten wir mit unseren beiden Kleiner Münsterländer Hündinnen (4 Jahre und 1 Jahr) unseren ersten Termin bei Stefan Fügner. Beide Hunde werden nicht jagdlich geführt.

Beschreibung des Hundes:
Während wir unsere ältere Hündin fast ausschließlich über positive Motivation erfolgreich erzogen haben, bringt uns die Jüngere Tag für Tag an unsere Grenzen, zeitweise interessiert sie sich für gar nichts, was wir tun oder sagen.
Sie ist sehr intelligent, wildscharf, passioniert, gleichzeitig aber auch sehr nervös und kindlich wirkend.
Wir haben von Welpentagen an sehr viel mit ihr gearbeitet und sie weiß auch genau, was wir von ihr möchten, aber sie setzt sich ständig über Kommandos hinweg und ist mit sich selbst beschäftigt, in unbekannten, selbst reizarmen Gebieten kaum ansprechbar und ungehorsam.


Konzentrationsübungen:
Wir haben Stefan Fügner an einem Parkplatz getroffen. Dort stiegen die Hunde leicht nervös und erwartungsvoll aus dem Kofferraum -ohne Aufforderung. Die erste Übung bestand also darin, dass die Hunde so lange im offenen Kofferraum ruhig liegen/sitzen sollten, bis sie völlig entspannt waren, und erst dann die eigentliche Arbeit bzw. der Spaziergang begonnen werden sollte. Nach einigen Wiederholungen und Steigerung des Schwierigkeitsgrades hatten beide Hunde begriffen und blieben ruhig liegen, bis sie heraus gebeten wurden. Diese Übung werden wir nun täglich mehrfach wiederholen.
Bereits bei den ersten Wiederholungen haben die Hunde sich kooperativ gezeigt und uns sehr angenehme Spaziergangsanfänge beschert.


Das anschließende Training wurde nur mit der 1-jährigen Hündin durchgeführt. Sie sollte an der langen Leine auf mich achten, Richtungswechsel oder Stehenbleiben beachten und reagieren. Tat sie dies nicht oder war die Leine kurz vor dem Spannen, wurde sie mit Pfiff bzw. "Hier" herangerufen, reagierte sie nicht augenblicklich auf das Kommando, wurde sie herangeholt. Auf diese Weise legten wir eine Strecke durch Straßen, Feld und Wald zurück, übten das Herankommen in allen Situationen, auch während wir uns einer Pferdekoppel oder auf dem Feldweg herumlaufenden Hühnern näherten.
Ebenfalls wurde sie vor dieser Pferdekoppel abgelegt und solange liegen lassen, bis sie sich komplett beruhigt hatte. Ich war beeindruckt, wie sie die Situation meisterte, denn in letzter Zeit sprang sie beim Anblick jeglicher Tiere aufgeregt herum und bellte die Tiere wie besessen an.
Ich bin sicher, dass bei entsprechendem Training dieses Kapitel bald als beendet angesehen werden kann.


Hausaufgaben:
Wir haben als Hausaufgabe aufbekommen, alles, was wir heute erarbeitet haben, mindestens einmal täglich in einer kurzen Einheit zu trainieren. Also: Ruhe bewahren, bis sie aufgefordert wird, etwas anderes zu tun, Kommandos augenblicklich befolgen, auf den Hundeführer achten.

Fazit:
Ich muss ehrlich gestehen, dass auf mich „Wattebällchenwerfer“ alles erst mal "brutal" und vor allem laut wirkte, aber ich habe eingesehen, dass eine Rakete wie meine Junghündin eine klare Linie und auch eine gewisse Strenge braucht. Vom Grundprinzip war es nichts anderes als das, was ich schon kannte, nur eben ohne die kleinste Verzögerung und streng durchgesetzt. Ich nehme an, dass die ersten Tage kein Zuckerschlecken für sie sein werden, aber dass sie, nur wenn sie sich damit arrangiert hat, dass es kein „aber“ mehr gibt, ein zuverlässiger Partner werden kann. Ich sehe ein, dass jede Nachlässigkeit von mir sie in der jetzigen Situation weiter von mir entfernen würde, der erste Jagderfolg würde nicht mehr lange auf sich warten lassen, sie würde zu einem Leben auf Hundefreilaufwiesen und an der Leine verdonnert werden, was schade um diesen tollen Hund wäre.

Wir werden in 2-3 Wochen, je nachdem, wie sie sich entwickelt, einen weiteren Termin wahrnehmen, bei dem evtl. schon am Wild gearbeitet werden kann. Bis dahin hoffe ich, dass nach einigen Tagen schon eine bemerkenswerte Besserung eintreten wird und damit wir beide dem Ziel näher kommen, irgendwann entspannt zusammen durch die Weltgeschichte laufen zu können und nicht jeder Spaziergang ein Ritt auf dem Pulverfass bleibt.

Danke, Stefan, bis zum nächsten mal!Zum 2. Bericht von Nicole Wittmann, bei dem Sie über das Einarbeiten der Leinenführigkeit berichtet, bitte hier klicken




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