16.5.07

"Rekordhirsch Burlei" beschäftigt weiterhin die österreichische Öffentlichkeit

Baron von Gemmingen-Hornbach mit Rekordhirsch "Burlei"








Photo: www.oberpfalznetz.de




Die peinliche Erlegung des Gatterhirsches "Burlei" durch Baron von Gemmingen-Hornberg rückte die kommerzielle Trophäenjagd in den Blick der Öffentlichkeit.
Weit über die Jagdmedien hinaus wurde das Geschäft mit dem Abschuss kapitaler Trophäenträger diskutiert und schien, die jahrelange mühsame Öffentlichkeitsarbeit der Jägerschaft mit einem Schlag zunichte gemacht zu haben.
Doch die Menschen sind aufgeklärter, als viele dachten, und viele Kritiker der Jagd mussten erkennen, dass es sich bei den reinen Trophenjägern um eine eher unbedeutende Minderheit in der Jägerschaft handelt. Dies ergibt sich schon aus dem Preis, den der Baron für seinen Gatterhirsch gezahlt hat.

Welcher Jäger zahlt schon 65.000,00 Euro für einen Abschuss, selbst wenn er das Geld hätte!

Doch die Diskussion kommt zwei Jahre nach dem skandalösen Abschuss - zumindest in Österreich - nicht zur Ruhe. Und das aus gutem Grund:

Die überregionale Tageszeitung "Der Standard" hinterfragt mit Recht, weshalb es in Österreich nach dem Skandal immer noch über 500 Wildgatter allein in Oberösterreich gibt, die das dort gezüchtete Wild in alle Herren Länder exportieren.

Diese kaum zu glaubende Zahl hat das österreichische Jagdmagazin St. Hubertus nach intensiver Recherche ermittelt. Erkennbar hat die Jägerschaft nichts aus dem das Ansehen schädigenden Verhalten der Trophäenjäger in den eigenen Reihen gelernt. Scheinbar laufen die Geschäfte der Gatterbetreiber auch nach dem Skandal um den "Rekordhirsch" des Barons weiterhin prächtig.
Die Marge, die die bulgarischen Reiseveranstalter beim Abschuss von Burlei erzielten, scheint aber auch für viele zu verlockend zu sein.
Bei dem unvermittelt anhaltenden Handel mit Gatterwild ist ein neuer Skandal um die Trophäenjagd deshalb nur noch eine Frage der Zeit!

Solange, wie immer noch viele Jäger glauben, dass das allein glücklich machende an der Jagd der Abschuss eines Trophänträgers ist, wird sich daran wenig ändern.

Aber um diesem Irrglauben entgegen zu wirken, ist Aufklärungsarbeit innerhalb der Jägerschaft gefordert.

waidmannsheil

Euer

stefan


Über den Weltrekordhirsch berichtet "Der Standard"

Aufregung um oberösterreichischen Weltrekord-Hirsch

Wien/München/Sofia – "Jeder weiß, dass solche Hirschen in freier Natur nicht wachsen können, aber keiner will es glauben", gibt sich Othmar Cores vom Landeskriminalamt Oberösterreich realistisch. Was seine Privatmeinung ist, schließlich hat Österreichs Polizei mit den dubiosen Vorgängen rund um "Burlei" offiziell nichts mehr zu tun. "Der Hirsch ist nur in Oberösterreich aufgewachsen, der Geschädigte ist aber Deutscher, und der Tatort liegt in Bulgarien", fasst Coser zusammen.

Was ist passiert? Am 1. September 2005 hatte ein bayrischer Freiherr in den bulgarischen Karpaten einen erstaunlichen "Jagderfolg". Der Mann hatte 65.000 Euro gezahlt, um einen ungewöhnlich prächtigen Hirschen schießen zu können. Das Geweih des Tieres war als 42-Ender so groß und beeindruckend, dass es nach der Skala des internationalen Jagdverbandes CIC zum "Weltrekordhirsch" erklärt worden ist.

45.000 Euro Schaden

Allerdings, wie das österreichische Jagdmagazin St. Hubertus ausführlich recherchiert hat, hatte die Sache einen entscheidenden Fehler. Das vermeintlich wilde bulgarische Prachtexemplar war als "Burlei" acht Jahre lang im Gatter eines oberösterreichischen Hobby-Züchters aufgewachsen und wenige Tage vor dem tödlichen Schuss betäubt nach Bulgarien gebracht worden. Gekauft um offiziell 20.000 Euro – der deutsche Adelige ist also mindestens um 45.000 Euro betrogen worden.

Gesehen hat er von dem Geld bisher nichts mehr, die deutsche Polizei ist aber nach den Vorarbeiten der Oberösterreichischen Kollegen weiter am ermitteln. Über die wahren Hintergründe kursieren die unterschiedlichsten Theorien: vom "simplen" Betrug bis hin zur Geldwäsche organisierter bulgarischer Krimineller mittels derartigem Verkauf von Jagdtrophäen an reiche Ausländer.

Der ursprüngliche Plan des Freiherrn, das Geweih an den Meistbietenden zu verkaufen, hat sich zerschlagen. Statt dessen spendete er es, weil er daran "keine positive emotionale Bindung" mehr habe, heuer dem Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur. Für Institutsleiter Klaus Hackländer soll die Spende auch als Beispiel für Trophäensucht dienen.

Gutes Geschäft

Die Vorstellung, derart viel Geld für einen Abschuss nur eines Geweihs zu zahlen, stößt vielen heimischen Jägern sauer auf. "Schützen" werden Teilnehmer an solchen Jagdreisen auch abwertend genannt. Ein gutes Geschäft ist es dennoch. Dem Jagdverband CIC soll gedroht worden sein, dass "so ein Hirsch mehr wert ist als ein Menschenkopf", schildert ein Insider. Bei der CIC-Generalversammlung in Belgrad Anfang Mai kamen die Probleme rund um die Trophäenjagd auf die Tagesordnung. Sicher ist, dass es alleine in Oberösterreich über 500 Wildgatter gibt, wie in St. Hubertus vorgerechnet wird. Und dass die teils handzahmen Zuchttiere "in alle Herren Länder exportiert werden. Zur Zucht, zur Lebensmittelproduktion aber auch zum Abschuss", meint Polizist Cores.


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