Ein 800 Jahre altes Unternehmen weist den Weg in die Zukunft
Mit der Neubesetzung des Vorstandes des Jagdverein
Lehrprinz e.V. in diesem Sommer war der
erste Schritt zur Neuausrichtung des Jagdverein Lehrprinz e.V. getan. Die in
den letzten Monaten zusammengetragenen Informationen und Kontakte galt es nun
in einer Klausurtagung zu ordnen und die weiteren Schritte der Vereinsarbeit zu
koordinieren.
Da bot es sich an, das Gute mit dem Nützlichen zu
verbinden. So machte sich der engere Vorstand am 26.10.2013 auf den Weg nach
Oberösterreich in den Bezirk Rohrbach ins Stift Schlägl, um im stiftseigenen Seminarzentrum
eine Klausurtagung abzuhalten ohne jedoch das wichtigste Vereinsziel, die Jagd,
zu vernachlässigen. Untergebracht waren wir im Seminarzentrum des Stifts und
somit wurden wir für mehrere Tage Teil einer fast 800 Jahre alten Klosteranlage.
Über die Tage unseres Aufenthaltes wurde uns vom Leiter des Forstamtes des Stifts,
Ordensbruder Johannes, die Historie und die heutigen Stellung des Stifts Schlägl
nähergebracht.
800 Jahre gelebte Nachhaltigkeit
Wer glaubt, dass es sich bei den Ordensbrüdern des Stifts Schlägl um Mönche handelt, die sich, abgewendet vom weltlichen Leben,
zurückgezogen hinter Klostermauern verbergen, wird hier im Stift Schlägl eines Besseren
belehrt. Schon seit Beginn ihrer Gründung
verstehen sich die Ordensbrüder des Stifts Schlägl, das zum Orden der
Prämonstratienser gehört, nicht nur als Seelsorger. Der Orden sieht sich in der
Pflicht, seine Schaffenskraft und Jahrhunderte alten Kenntnisse der Bewirtschaftung
von Grund und Boden der umliegenden Region zu gute kommen zu lassen. Aus dieser
Verpflichtung hat sich über die Jahrhunderte das Stift zu einem bedeutenden
Unternehmen im Bezirk Rohrbach im oberen Mühlviertel Oberösterreichs entwickelt,
das heute nicht weniger als 180 Mitarbeiter beschäftigt. Zum Stift Schlägl gehören nicht nur 6.000 ha
Wald und die Klosteranlage, in der sich die Verwaltung, das Forstamt, das Seminarzentrum mit 35 Zimmern und der
Stiftskeller mit fast 100 Sitzplätzen befindet. Auch eine Brauerei und ein
Kraftwerk werden betreiben. In Kooperation mit einer Skiliftgesellschaft betreibt
man auch die gesamte Dienstleistung rund um die Skiliftanlage Hochficht.
Doch das Stift als bedeutendes Unternehmen der Region lässt
sich nicht von der modernen Philosophie kurzfristiges Gewinnstreben leiten,
sondern führt seine Unternehmungen nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit.
Alle unternehmerischen Entscheidungen werden nicht nur nach ökonomischen,
sondern auch nach ökologischen und sozialen Aspekten gefällt. Wer im Spannungsfeld
dieser drei Aspekte seine unternehmerischen Entscheidungen fällt, macht es sich
nicht einfach. Dies zeigt auch der Link auf der Homepage des Stifts. Dort nimmt
das Thema nachhaltiges Wirtschaften einen breiten Raum ein.
Der Begriff Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde und
wird schon fast inflationär verwand. Doch in dem meisten Unternehmen kommt
man über ein vollmundiges Lippenbekenntnisse zur Nachhaltigkeit nicht hinaus. Doch im Stift Schlägl wird unter den
Begriffen „Tradition, Werte, Weitblick“ Nachhaltigkeit seit Jahrhunderten
gelebt. Die eigenen Ausarbeitungen zum Thema Nachhaltigkeit werden in einer ausführlichen Datei dargelegt.
(PDF Datei „Nachhaltiges Wirtschaften im Stift Schlägl“)
Der Eingang zum Seminarzentrum im Stiftshof
6000 ha Wald, das
Sparbuch des Stifts
Natürlich durfte im Rahmen der Klausurtagung eine
Exkursion durch die Wälder des Stifts nicht fehlen. Und so fuhren wir unter der
fachkundigen Führung des Forstamtsleiters und Ordensbruders Johannes hinauf in
den Böhmerwald zum Plöckenstein. Die Staatsgrenze zwischen Osterreich und
Tschechien bildet hier im Norden die Grenze des Stiftswaldes. Im Westen bildet die Staatsgrenze zu Bayern die Grenze. Der Stiftswald liegt somit direkt im
Dreiländereck Deutschland-Österreich-Tschechien. Auf dem Weg dorthin fuhren wir an überwiegend mit Fichten
bewachsenen Hängen vorbei. Doch auch hier im Stiftswald setzt man auf
Naturverjüngung und die Buche nimmt immer mehr Raum ein. Besonders
beeindruckend war der große Anteil weit über 100 Jahre alter Fichten, wie man
sie aus Staatsforstbetrieben nur selten sieht. Unlängst wurde, wie Bruder
Johannes berichtet, eine über 300 Jahre alte Fichte gefällt. Verwendung fand
dieser massige Baum bei einem Streichinstrumentenhersteller, denn nur aus
solchen alten Fichten lassen sich die Körper von Kontrabassen herstellen.
Doch als wir den Plöckenstein erreichten, zeigte sich ein
ganz anders Bild. Der Gipfel gleicht einer Mondlandschaft. Große Flächen
abgestorbener Fichten, die nadellos zwischen Felsbrocken in den Himmel ragen, prägen das Bild. Nur
zaghaft bilden sich zwischen meterhoch aufgehäuftem verwittertem Totholz erste neue Fichten.
Im angrenzenden Nationalpark Bayerischer Wald wird erprobt, ob man den Wald und
die Natur sich völlig selbst überlässt. Die Borkenkäferplage wird dort nicht
bekämpft und so hat sich dieser Forstschädling auch auf den Böhmerwald
ausgebreitet. Hier zeigt sich einmal mehr,
dass eigensinnige Entscheidungen des Naturschutzes immer auch direkten Einfluss
auf angrenzende Flächen haben, auch wenn dies nicht beabsichtigt ist. Für den
Stiftswald sind diese Auswirkungen ein millionenschwerer Eingriff in den
Vermögenshaushalt.
Wertezerstörung im Namen des Naturschutzes. Mit Forstamtsleiter Bruder Johannes auf dem Plöckenstein, im Hintergrund der vom Borkenkäfer zerstörte Stiftswald
Jagd im Stiftswald
Natürlich ging es am Abend auf den Ansitz im Stiftswald.
Da bereits im Oktober in 1.000 Meter Höhe die Abende empfindlich kalt werden, stehen
den Jagdgästen geschlossene Kanzeln in tadellosem Zustand zur Verfügung. Zusammen mit dem angrenzenden tschechischen
Böhmerwald ist der Stiftswald Teil eines mehrere 10.000 Hektar großen Gebirgswaldbiotops. Reh-
Rot- und Schwarzwild sind die Hauptwildarten, aber auch er Luchs ist hier
längst wieder seine Fährte. Auch wenn
wir nicht zu Schuss kamen, so waren die Ansitze bei herbstlichem Sonnenwetter
eine Augenweide. Auf einem Ansitz konnte ich weit Richtung Süden blicken, wo am
Horizont die Abendsonne die Spitzen des
Dachsteinmassivs beleuchtete.
Besuch des Jagd-
und Forstgutes Stubwies
Da sich unter den Ordensbrüdern des Stiftes zahlreiche
passionierte Jäger befinden und der Stiftswald für das Gamswild nicht die
notwendige Höhe hat, besteht seit vielen Jahren ein enges Verhältnis zum Jagd und
Forstgut Stubweis unweit Spital am Pyhrn. Und so fuhren wir, um auch eine echte
Hochgebirgsjagd zubesichtigen, für 2 Tage in den Süden Oberösterreichs an die
Grenze zur Steiermark.
Über 9 km beträgt die Strecke von der Talstation bis auf
das auf 1.400 Meter Höhe gelegene Hochplateau der Wurzeralm. Mehrere 1.000 ha
groß ist das Naturschutzgebiet, das forstwirtschaftlich völlig ungenutzt und Teil des Nationalparks Oberösterreichische
Kalkalpen ist. Dadurch wird das Gebiet ausschließlich jagdlich genutzt. Ein
hauptamtlicher Berufsjäger, unterstützt von jungen Pirschführern, sorgt für
einen geordneten Jagdbetrieb. Kaum angekommen, ging es auf felsigen Pfaden in die
entlegensten Revierteile. Da keine Forstwirtschaft betrieben wird, erreicht man
die Revierteile nur sehr mühsam über kaum
erkennbare felsige Pfade. In solch einer unwegsamen Region wird die Erlegung
eines Stück Wildes fast immer zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Jeder
Tritt muss auf dem felsigen Untergrund gut überlegt sein, um nicht zu stürzen,
dabei gilt es immer, die Umgebung zu beobachten. Die Gebirgsjagd ist wohl die
urtümlichste aller Jagdarten, müssen doch wegen fehlender Wege große Strecken und Höhenunterschiede zu Fuß
zurückgelegt werden. Zudem sind große Schussentfernungen die Regel und die
Bergung des erlegten Wildes kann Stunden dauern. Der Wildreichtum ist trotz der
Kargheit der Landschaft und einem Winter mit langanhaltendem Frost und hohen
Schneelagen groß. Neben Rehwild und einem sehr guten Rotwildbestand ist Auer-
und Birkwild ebenso Standwild wie das Gamswild.
...und von außen
Der Jagdhof: Gasthütte und Jagdhütte des Jagdführers
Das Gamsrevier
Der Eingang zur Hütte des Jagdführers
von links nach rechts: Kinderspielzeug, Rucksack, Schweißhund, Wachund, Windel (gebraucht), Jacke, Schießstöcke
Mit Pirschführer Michel auf dem Weg ins Gamsrevier
Kurze Jagdintervalle lassen das Rotwild tagaktiv werden
Natürlich waren 2
Tage Aufenthalt viel zu kurz, um einen Gesamteindruck
vom Revier zu bekommen. Aber der zahlreiche Anblick von Gams- und Rotwild ließ uns erkennen,
dass es sich hier um ein jagdliches Refugium besonderer Qualität handelt.
Ermattet und tief beeindruckt traten wir die Heimreise an.
Eine Jagdwoche in den österreichischen Alpen ist wohl für jeden Jäger etwas ganz
besonderes und die Eindrücke, die man dabei gewinnt, vergisst man wohl nie
mehr. Es wird für uns als Jäger das oberste Ziel bleiben, solche einmaligen Jagdreviere für nachkommende Generationen zu erhalten.
Der Jagdverein Lehrprinz e.V. bedankt sich beim Stift
Schlägl für die Gastfreundschaft und bei
Bruder Johannes und Berufsjäger Hermann für die forst- und jagdkundigen Führungen. Unsere Erwartungen
wurden weit übertroffen.
waidmannsheil
Euer
Stefan
> Kurze Jagdintervalle lassen das Rotwild tagaktiv werden
AntwortenLöschenDabei werdens wohl auch katalogisiert oder wozu das gelbe Lauschermarkerl?
WH
... bravo. Gut angesprochen! Dafür wurde die Marke ja auch extra nahe an der - zugegebenermaßen heuer nicht gerade wandschmückenden - Trophäe angebracht.
AntwortenLöschenJa, und einen Namen hat er auch bekommen - dieses schöne Tier heißt Gilbert ...
Ohrmarke, weil er vielleicht einst zur Genpoolauffrischung eines umfassenden Bestandes kam oder weil er als Handaufzucht im Gatter vertraut gemacht wurde?
Wäre natürlich nicht nötig, wenn sich das Rotwild wie auch andere Wildarten wg "Waldschutz", Jagd- und Freizeitdruck nicht bis an den Arsch seines Lebensraumes zurückziehen müsste.
Oder war es eine Warn-Kennzeichnung, damit die bösen Nachbarn den letzten überlebenden Rothirsch Gilbert (die Marke erkennt man auch noch in belaubter Waldschneise bei hochflüchtigem Hirsch) zur Rettung ihres vorletzten Festmeters Plantagenholzes oder zur Eroberung der achtunddreißigsten (oder welche Zahl ergab noch den Sinn des Lebens?) Lebenstrophäe nicht auch noch abknallen?
Oder ist das wildbiologisch sowieso alles wurscht und/oder grundsätzlich wider die Natur?
Ich hab die Antwort sicherheitshalber vergessen.
Tagaktiv sind sie wegen hervorragender Bewirtschaftung trotzdem und erfreuen so das Herz des wachen Waidmanns - genau so, wie die vielen anderen nicht fotografierten Tiere und Arten.
Geschenkt bekommt man bei der Gebirgsjagd mit oder ohne Ohrmarke garnichts - Strecke darf man sich dabei in wunderschöner und vom Menschen weitgehend verschonter Natur noch hart erarbeiten. Göttlich!
Waihei
Jo