Seit der Veröffentlichung des Positionspapiers des Bundes für Naturschutz Deutschlands NRW e.V. (BUND) für ein ökologisches Jagdgesetz droht die Welt der ethablierten Jägerschaft aus den Fugen zu geraten. Unterstützung erhält dieser Vorschlag zur Reform der Jagd durch den nordrhein-westfälischen Landesumweltminster Johannes Remmel.
Doch worin liegen die Gründe, dass dem außenstehenden Betrachter die Jägerschaft vorkommt, wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen? Von einer sachlichen Diskussion sind die streitenden Parteien, -einerseits Naturschutzverbände und andererseits Jagdverbände- weit entfernt.
Die von allen Verbänden und Parteien so hochgelobte moderne Konsensgesellschaft scheint im Streit um ein neues Jagdgesetz in NRW von den beiden Verbänden aufgekündigt zu sein und auch Umweltminister Remmel hat kein Problem damit zu haben, gegen die Jäger schwerste Geschütze aufzufahren und ihnen unverholen zu drohen.
Nun ist es für einen ehrgeizigen Politiker wichtig, sich zu profilieren und sich damit gegenüber anderen Politikern abzuheben. Dazu bedarf es einer Sau, die man möglichst lange und lautstark vor den Augen der Öffentlichkeit durchs Dorf treibt, und das möglichst in kurzen Abständen.
Eben diese Sau hat wohl Herr Remmel in der Jägerschaft gefunden und die Jägerschaft nimmt diese Rolle scheinbar gerne an!
Doch worin liegen die Gründe, dass die Jägerschaft sich zur Profilierung von BUND und Herrn Remmel instrumentalisieren läßt?
Dazu muss man sich zuallerst mit den sehr unterschiedlichen Verbandsstrukturen von Naturschutzverbänden und Jagdverbänden auseinandersetzen.
Der Erfolg der Naturschutzverbände: Effiziente und professionelle Managementstrukturen
Schon lange sind Naturschutzverbände keine Vereine mehr von durchgeknallten weltfremden Ökofreaks. Der Name "Verein" taucht bei den Naturschutzverbänden bestenfalls noch im Vereinsregister auf.
Man präsentiert sich der Öffentlichkeit als "NGO", die Abkürzung für den aus dem anglizistischen entliehene Bezeichnung eines "non-governmental organisation", zu deutsch: Nichtregierungsorganisationen.
Es gilt in Managerkreisen mittlerweile als "schick", nach seiner Karriere in einem großen Konzern seine dort gewonnenen Fähigkeiten NGO´s zur Verfügung zu stellen, schließlich abeitet man dort nicht für Profit, sondern für einen guten Zweck, und das ist gut für´s Ego.
Zwar schmücken sich Naturschutzorganisationen gerne mit Aussteigern, die auf einem Resthof mit 10 Ziegen das Selbstversorgerleben üben, als Manager eines Naturschutzverbandes sind diese Leute ungeeignet. Um millionenschwere Spendenetats aufzubauen, bedient man sich hochprofessioneller Spendeneintreiber anglizstisch heißen diese heute "fundraising manager". Dass man für solche Leute schon mal mehr als 100.000 Euro Gehalt auf den Tisch legen muss, wissen längst auch die Naturschutzverbände.
Naturschutzverbände sind heute nichts anderes, als auf Effizienz und Profit getrimmten Konzerne, die ihnen in ihren Strukturen in nichts nachstehen. Einzig die Zielsetzung ist eine andere: Man wächst nicht durch Profitmaximierung, sondern durch den Aufbau regelmäßig fließender Spendeneinnahmen, mit denen öffentlichkeitswirksame Kampagnen und die Lobbyarbeit finanziert wird. Die Menge der Mitglieder dient zur Machtdemonstration und zur Verfolgung der Ziele. Die Mitgliedsbeiträge sind unter dem Aspekt der Spendenflut vernachlässigbar klein.
Die Schwäche der Jagdverbände: Strukturen wie ein überdimensionaler Kleintierzüchterverein
Schaut man auf unsere Jagdverbände, reibt sich ein Außenstehender die Augen. Damit die Jägerschaft die Jagd überhaupt ausüben kann, hat man sich eine Hierarchie aufgebaut, die bereits vor 30 Jahren in den Konzernen abgeschafft wurde.
Vom DJV geht es abwärts zu den LJV, dann kommen die Kreisjägerschaften und darunter die Hegeringe und darunter residiert einem König gleich der Jagdpächter. Doch dort endet die Hierarchie noch lange nicht. Unter dem Jagdpächter gibt es noch den Begehungsscheininhaber, den einfachen Jagdgast und zum Schluß kommt der rechtlose Jungjäger, in Insiderkreisen auch "Kirrdödel" genannt.
Schon diese Hierarchie zeigt jedem lebenserfahrenen Menschen: Hier bewegt sich nichts mehr!!!
Diese endlosen Hierarchien haben unabhängig ihrer Größe ein weiteres Problem: Nachwuchs rekrutiert sich ausschließlich aus den eigenen Reihen. Für Quereinsteiger sind diese Strukturen tabu. Manager sprechen deshalb auch gerne bei Konzernen von "Firmeninzucht". Nur wer über viele Jahrzehnte den mühsamen Gang des Hochdienens hinter sich gebracht hat, hat eine Chance, irgendwann einen hohen Posten zu erlangen. Ein wenig erinnert dies an die Katholische Kirche: Nach dem 70. Geburtstag kommt der Karrieresprung!!
Bei solchen Strukturen darf man sich nicht wundern, wenn das Durchschnittsalter vieler Kreisjägerschaftsmitglieder schon jenseits der 60 Jahre ist. Solche Hierarchien sind jungen Leuten einfach nicht mehr vermittelbar.
Ich selber bin auf allen Jägertreffen meist der Jüngste, und das seit ich vor 37 Jahren meinen Jagdschein gemacht habe!
Verantwortlich für die Potentierung dieser Strukturprobleme aber liegen in der Jägerschaft selber: Die Verteufelung von Professionalität: Das Ehrenamt in Frage zu stellen, gilt in der Jägerschaft als Verrat am deutschen Jagdwesen. Professionelle Strukturen, wie sie bei den Naturschutzverbänden schon lange usus sind, werden kathegorisch abgelehnt. Dabei wird von der Jägerschaft auch nicht zwischen der Ablehnung professioneller Strukturen auf Verbandsebene oder bei der praktischen Jagdausübung unterschieden. Die Ablehnung professionellem Managements in allen Bereichen zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Jägerschaft.
Da wundert es nicht, dass der ungleiche Kampf zwischen Herrn Remmel und der Jägerschaft auf den außenstehenden Betrachter wirkt, wie der Boxkampf zwischen einem in die Jahre gekommenen Amateur und einem gut gemanagten Boxprofi. Die Jägerschaft ist mittlerweile nach 6 verlorenen Runden ohne Hoffnung auf einen Sieg und versucht sich, schwer angeschlagen über die Runden zu retten.
Seine Anhänger bangen und hoffen, dass er es ohne Knock out bis zum Ende der letzten Runde schafft. Ein Trauerspiel ist es aber allemal.
Diesmal mit nachdenklichem
waidmannsheil
Euer
stefan
Dieser Artikel erschien einige Monate später als Beitrag im Rahmen eines Schwerpunktthemas "Reform der Jagdverbände" im wortlaut im Jagdmagzin Pirsch 3/2013. Hier die Reaktionen auf den Artikel
Guten Tag Herr Fügner,
AntwortenLöschensicher ist meine Einzelmeinung nicht gefragt, dennoch gebe ich meinen"Senf" dazu. Seit 1990 leitete ich eine namhafte Jägerschule im Osten dieser Republik mit gutem Erfolg. Seither habe ich zahlreiche Interessenten aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten ausgebildet.
In der ersten Zeit ist mir aufgefallen, dass egal aus welchem politisch vororientiertem Teil Deutschlands ( Ost/West) das echte, aus Überzeugung zur Jagd und dem etischen und moralisch motivierte Interesse der Teilnehmer, immer geringer wurde. Bodenständische Bevölkerungsschichten machten sich um die Jagd eher rar.
Im Gegenzuge konnte man bemerken, dass die etischen und moralischen Grundsätze beim besten Willen nicht mehr vermittelbart wurden. Ignoranz der Kreatur gegenüber hat sich fast gänzlich verlaufen. Ich habe nach intensivem Kontakt meine Jagdausübung und die schulische Ausbildung aufgegeben.
Mir scheint es zu resignieren und auch angesichts neuerlicher Änderungen auf europäischer Ebene klug zu sein einen aussichtslosen Kampf gar nicht er zu kämpfen.
Kluge Krieger sammeln ihre Kräfte neu und schlagen dann zu. Will sagen: Ist unsere Überzeugung die derzeitiger Jagdausübung koprrekt und ist die Nachhaltigkeit im Sinne der heimischen deutschen Waidgerechtigkeit zukunftsweisend, werden die Naturschutzverbände so auf die Nase fallen, dass sie nach der Jägerschaft um Hilfe schreien. Schon heute haben Länder, in denen nach den Grundsätzen falschen Tier-und Naturschutzes handelnden, arge Probleme mit der heimischen Tierwelt. Schäden an Land- und Forstwirtschaft werden zu finanziellen Problemzonen. Angesichts der sich abzeichnenden europäischen Bankrottwirtschaft, wird es ein ernstzunehmendes Problem. Schon heute läßt sich die Land-und Forstwirtschaft ohne Wildschadenausgleich kaum aus der bevorstehenden Pleite wirtschaften.Drum der "Klügere" gibt nach. Außerdem läßt sich mit unseren veralteten Funktionärsstrukturen kein Staat machen.
In unseren Verbänden sind schon 10 Mann nicht unter einen Hut zu bekommen. Ein Staat von Egoisten. Kein Wunder seit Jahrzehnten wird Mißgunst gefördert mittels angeblich zweckdienlichen Wettkämpfen.Das ist kein den gemeintschaftlichen Zusammenhalt förderndes Verhalten. Ich stamme aus Hamburg und verfüge über reichlich Verbandserfahrung, sowohl im Westen oder Osten Deutschlands. So ein zusammenhaltsloser Haufen wie die Jagdverbände durch alle Ebenen ist mir gesamt in der ganzen Zeit noch anderweitig nicht vorgekommen Also nicht geschimpft, der "Zug" der sinnvollen Veränderung ist seit Jahren abgefahren und keiner unserer Vertreter ist mitgefahren. Elitäre Eigenbrödler der gesamte Haufen.
Meine Meinung muss niemand teilen aber es bringt mich von meinen in Jahrzehnten gesammelten Erfahrungen um die Jägerschaft niemand ab.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg-Friedrich Sternheim
jaegerschule@aol.com
Stefan,
AntwortenLöschenDeine Kritik an den Organisationen der Jägerschaft ist absolut berechtigt. Deine abfällige Meinung über die Jagdpächter ist sehr nachdenkenswert und wahrscheinlich auch zu einem nicht geringen Teil zutreffend.
Die Resignation von Herrn Sternheim (und wohl von Dir) teile ich aber nicht. Trotz der aufgezeigten Probleme gibt es eine grosse Zahl von Jägern, die ihre immerhin wertvolle und gesamtgesellschaftlich erforderliche Arbeit der nachhaltigen Wildbewirtschaftung mit Verantwortungsbewusstsein, Passion und Liebe zur Natur erfüllen. Ohne Jagd wäre unsere Kulturlandschaft sehr viel ärmer.
Dass die sog. Naturschutzverbände - unter denen sich allerlei höchst bedenkliche Bewegungen befinden, die man nicht ernsthaft genug bekämpfen kann - gut organisiert sind, hat nicht nur seinen Grund darin, dass sie teilweise Richtiges vertreten; wie immer wird da auch viel Mist produziert. Aber sie haben einen grossen Vorteil: Es ist leicht, Hinz und Kunz gegen das Töten und damit gegen die Jagd aufzumüden, und für Populismus gibt es eben immer mehr Spenden als für sachliche Arbeit im Hintergrund.
Trotzdem: Keep on trucking!So was wie Dein Jagdblog und meine website www.jagdrechtsblog.de sind ein Teil der guten Gegenkampagne.
Mit Weidmannsheil
Wolfgang Lipps
Andere Bundeländer, andere Vorgehensweisen. Hier Beiträge zur Positiondsbestimmung in Baden-Württemberg: http://www.landesjagdverband.de/?dispatch=43&24=84&34=504682&44=4&72=504682&86=56#504682
AntwortenLöschenWMH Paul Centen
Hallo Stefan,
AntwortenLöschendu sprichst vielen Jägern aus der Seele, ich selbst als Ausbilder bin vor vielen Jahren, mit vielen anhängenden Problemen, aus den Verband ausgetreten
weil die Entwicklung dort mit Verein und Jagd schon lange nichts mehr zu tun hat. Nur Narren unterstützen diesen Haufen in Ihrer Unwissenheit.
Sehr gut weiter so, vielleicht kannst du noch mehr wachrütteln!
Waidmannsheil Herbert
Auch, wenn ich den Frust über die verknöcherten Hierarchien nicht bestätigen kann – vielleicht sind meine Kreisjägerschaft und unsere Reviergruppe auch eine positive Ausnahme – trifft der Rest des Beitrags den Nagel schon gut auf den Kopf. Das Hauptproblem ist wie so oft meiner Meinung nach die Kommunikation. Davon hat es vor allem nach aussen viel zu wenig gegeben. Die Verbandsblätter der Landesjagdverbände liest schliesslich ausser uns Jägern kaum jemand, während in der örtlichen Tageszeitung Berichte über die Verwerflichkeit der Fuchsjagd, etc, zu finden sind. Wer gut kommuniziert, hat in der heutigen Medienlandschaft viel gewonnen, und da hakt es leider nach wie vor bei uns Jägern oft noch, sowohl an der Basis im Gespräch mit dem Spaziergänger im Wald, als auch in den höheren Etagen. Gut, daß es da Leute gibt, die sich die Mühe machen, Ihre Meinung in einem Blog zu schreiben!
AntwortenLöschen