20.7.12

Naturschutzverbände und Jagdverbände - zwei Welten prallen aufeinander

Seit der Veröffentlichung des Positionspapiers des Bundes für Naturschutz Deutschlands NRW e.V. (BUND) für ein ökologisches Jagdgesetz droht die Welt der ethablierten Jägerschaft aus den Fugen zu geraten. Unterstützung erhält dieser Vorschlag zur Reform der Jagd durch den nordrhein-westfälischen Landesumweltminster Johannes Remmel.

Doch worin liegen die Gründe, dass dem außenstehenden Betrachter die Jägerschaft vorkommt, wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen? Von einer sachlichen Diskussion sind die streitenden Parteien, -einerseits Naturschutzverbände und andererseits Jagdverbände- weit entfernt.
Die von allen Verbänden und Parteien so hochgelobte moderne Konsensgesellschaft scheint im Streit um ein neues Jagdgesetz in NRW von den beiden Verbänden aufgekündigt zu sein und auch Umweltminister Remmel hat kein Problem damit zu haben, gegen die Jäger schwerste Geschütze aufzufahren und ihnen unverholen zu drohen.

Nun ist es für einen ehrgeizigen Politiker wichtig, sich zu profilieren und sich damit gegenüber anderen Politikern abzuheben. Dazu bedarf es einer Sau, die man möglichst lange und lautstark vor den Augen der Öffentlichkeit durchs Dorf treibt, und das möglichst in kurzen Abständen.
Eben diese Sau hat wohl Herr Remmel in der Jägerschaft gefunden und die Jägerschaft nimmt diese Rolle scheinbar gerne an!

Doch worin liegen die Gründe, dass die Jägerschaft sich zur Profilierung von BUND und Herrn Remmel instrumentalisieren läßt?

Dazu muss man sich zuallerst mit den sehr unterschiedlichen Verbandsstrukturen von Naturschutzverbänden und Jagdverbänden auseinandersetzen.


Der Erfolg der Naturschutzverbände: Effiziente und professionelle Managementstrukturen

Schon lange sind Naturschutzverbände keine Vereine mehr von durchgeknallten weltfremden Ökofreaks. Der Name "Verein" taucht bei den Naturschutzverbänden bestenfalls noch im Vereinsregister auf.
Man präsentiert sich der Öffentlichkeit als "NGO", die Abkürzung für den aus dem anglizistischen entliehene Bezeichnung eines "non-governmental organisation", zu deutsch: Nichtregierungsorganisationen.
Es gilt in Managerkreisen mittlerweile als "schick", nach seiner Karriere in einem großen Konzern seine dort gewonnenen Fähigkeiten NGO´s zur Verfügung zu stellen, schließlich abeitet man dort nicht für Profit, sondern für einen guten Zweck, und das ist gut für´s Ego.

Zwar schmücken sich Naturschutzorganisationen gerne mit Aussteigern, die auf einem Resthof mit 10 Ziegen das Selbstversorgerleben üben, als Manager eines Naturschutzverbandes sind diese Leute ungeeignet. Um millionenschwere Spendenetats aufzubauen, bedient man sich hochprofessioneller Spendeneintreiber anglizstisch heißen diese heute "fundraising manager". Dass man für solche Leute schon mal mehr als 100.000 Euro Gehalt auf den Tisch legen muss, wissen längst auch die Naturschutzverbände.

Naturschutzverbände sind heute nichts anderes, als auf Effizienz und Profit getrimmten Konzerne, die ihnen in ihren Strukturen in nichts nachstehen. Einzig die Zielsetzung ist eine andere: Man wächst nicht durch Profitmaximierung, sondern durch den Aufbau regelmäßig fließender Spendeneinnahmen, mit denen öffentlichkeitswirksame Kampagnen und die Lobbyarbeit finanziert wird. Die Menge der Mitglieder dient zur Machtdemonstration und zur Verfolgung der Ziele. Die Mitgliedsbeiträge sind unter dem Aspekt der Spendenflut vernachlässigbar klein.


Die Schwäche der Jagdverbände: Strukturen wie ein überdimensionaler Kleintierzüchterverein

Schaut man auf unsere Jagdverbände, reibt sich ein Außenstehender die Augen. Damit die Jägerschaft die Jagd überhaupt ausüben kann, hat man sich eine Hierarchie aufgebaut, die bereits vor 30 Jahren in den Konzernen abgeschafft wurde.
Vom DJV geht es abwärts zu den LJV, dann kommen die Kreisjägerschaften und darunter die Hegeringe und darunter residiert einem König gleich der Jagdpächter. Doch dort endet die Hierarchie noch lange nicht. Unter dem Jagdpächter gibt es noch den Begehungsscheininhaber, den einfachen Jagdgast und zum Schluß kommt der rechtlose Jungjäger, in Insiderkreisen auch "Kirrdödel" genannt.

Schon diese Hierarchie zeigt jedem lebenserfahrenen Menschen: Hier bewegt sich nichts mehr!!!
Diese endlosen Hierarchien haben unabhängig ihrer Größe ein weiteres Problem: Nachwuchs rekrutiert sich ausschließlich aus den eigenen Reihen. Für Quereinsteiger sind diese Strukturen tabu. Manager sprechen deshalb auch gerne bei Konzernen von "Firmeninzucht". Nur wer über viele Jahrzehnte den mühsamen Gang des Hochdienens hinter sich gebracht hat, hat eine Chance, irgendwann einen hohen Posten zu erlangen. Ein wenig erinnert dies an die Katholische Kirche: Nach dem 70. Geburtstag kommt der Karrieresprung!!

Bei solchen Strukturen darf man sich nicht wundern, wenn das Durchschnittsalter vieler Kreisjägerschaftsmitglieder schon jenseits der 60 Jahre ist. Solche Hierarchien sind jungen Leuten einfach nicht mehr vermittelbar.
Ich selber bin auf allen Jägertreffen meist der Jüngste, und das seit ich vor 37 Jahren meinen Jagdschein gemacht habe!

Verantwortlich für die Potentierung dieser Strukturprobleme aber liegen in der Jägerschaft selber: Die Verteufelung von Professionalität: Das Ehrenamt in Frage zu stellen, gilt in der Jägerschaft als Verrat am deutschen Jagdwesen. Professionelle Strukturen, wie sie bei den Naturschutzverbänden schon lange usus sind, werden kathegorisch abgelehnt. Dabei wird von der Jägerschaft auch nicht zwischen der Ablehnung professioneller Strukturen auf Verbandsebene oder bei der praktischen Jagdausübung unterschieden. Die Ablehnung professionellem Managements in allen Bereichen zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Jägerschaft.

Da wundert es nicht, dass der ungleiche Kampf zwischen Herrn Remmel und der Jägerschaft auf den außenstehenden Betrachter wirkt, wie der Boxkampf zwischen einem in die Jahre gekommenen Amateur und einem gut gemanagten Boxprofi. Die Jägerschaft ist mittlerweile nach 6 verlorenen Runden ohne Hoffnung auf einen Sieg und versucht sich, schwer angeschlagen über die Runden zu retten.
Seine Anhänger bangen und hoffen, dass er es ohne Knock out bis zum Ende der letzten Runde schafft. Ein Trauerspiel ist es aber allemal.


Diesmal mit nachdenklichem


waidmannsheil


Euer


stefan

Dieser Artikel erschien einige Monate später als Beitrag im Rahmen eines Schwerpunktthemas "Reform der Jagdverbände" im wortlaut im  Jagdmagzin Pirsch 3/2013. Hier die Reaktionen auf den Artikel

16.7.12

Der Weg zum sicheren Kugelschuss

Wer die mittlerweile zahlreich stattfindenden Drückjagden besucht und aufmerksam die abgegebenen Schüsse zählt, kommt beim Anblick der Srecke am Streckenplatz immer ein mulmiges Gefühl. Oft wurden 30 oder 40 Schuss abgegeben, aber auf der Strecke liegen oft weniger als 10 Stück Wild.
Nach fast 40 Jägerjahren wird mir bei der Betrachtung der Waffen und der Optik meiner Jagdgäste immer deutlich, wie viel sich auf dem Gebiet der Waffentechnik getan hat. Mit meiner fast 50 Jahre alten Bockbüchsflinte mit einfachem 6 fachen Glas aus dem Erbe meines Vaters komme ich mir da oft fast ärmlich vor.
Bei der Qualität der Schussleistung allerdings treten wir Jäger auf der Stelle.

Doch woran liegt das?

Seit 3 Jahren nun betreue ich hauptberuflich ein fast 1000 ha großes Revier. Es kamen in dieser Zeit etwa 250 Stück Schalenwild zur Strecke, die zu über 80 % von Jagdgästen erlegt wurden.
Über alle Jagdgäste und deren abgegebenen Schüsse führe ich ein "geistiges Schussbuch", das heißt, ich merke mir genau, wieviele Schüsse abgegeben wurden und wieviel davon Nachsuchen notwendig machen.
Ich selber gebe mir eine ganz einfache Vorgabe, die ich auch von den Jagdgästen verlange:

Von 10 abgegebenen Schüssen darf maximal 1 schlechter Schuss dabei sein.
(90% Regelung)

Erfolgt die Abgabe eines schlechten Schusses, wird die "Uhr wieder auf Null gestellt".

Schlechte Schüsse sind:
Fehlschüsse
Schüsse, bei denen keine lebenwichtigen Organe zerstört wurden
Schüsse, bei denen edle Wildbretteile zerstört wurden

Bei der Auswertung dieser Vorgabe bei meinen Jagdgästen ergibt sich ein erstaunliche Spaltung der Jäger in 2 Gruppen:

Gruppe A erzielt in der Regel diese Quote von 90% bzw. liegt geringfügig darunter
Gruppe B schafft kaum die 50% Quote

Natürlich konnte ich diese Erkenntnisse nur sammeln, weil fast 100 Stück Schalenwild pro Jahr erlegt werden und insbesondere meine Jungjäger die Möglichkeit haben, problemlos 10 Stück Schalenwild pro Jahr in den ersten Jungjägerjahren zu erlegen. Die meisten Reviere, insbesondere in Westdeutschland, erlauben solch eine großzügige Freigabe nicht, weshalb auch niemals eine Prüfung ihrer Schießfertigkeit, wie ich sie vornehme, erfolgt.

Der Grund meiner Erfassungen der Schießfertigkeit meiner Jagdgäste sind rein wirtschaftlicher Art. Den Jagdgästen stehen meine Hunde im Falle einer Nachsuche zur Verfügung. Die Kosten der Nachsuche sind im Preis für die Ausübung der Jagd enthalten.
Aber:
Nachsuchen sind immer mit hohem Aufwand und hohem Risiko für Hund und Führer verbunden. Zudem wird das gesamte erlegte Wild veredelt und der Verkauf ist eine wichtige Einnahmequelle für das Revier. Somit kommt zum Arbeitsaufwand bei schlechten Schüssen noch der Verlust hochwertigen Wildbrets hinzu.
Daher ist für mich der Jäger der Gruppe B, der fast 50% Nachsuchen und Fehlschüsse produziert, schon aus wirtschaftlichen Gründen untragbar.
Hier zeigt sich, dass die Professionalität bei der Jagd überwiegend positive Seiten hat, die von den Gegnern der Profijagd nicht gesehen werden.

Was ist zu tun?

Zunächst einmal kann ich schon jetzt nach fast 3 Jahren feststellen, dass alle von mir ausgebildeten Jungjäger zur Gruppe A gehören.
Der erste Schritt der Jungjägerausbildung besteht im ständigen Schätzen von Entfernungen. Immer wieder werden an möglichst vielen Hochsitzen die Entfernung geschätzt und mittels Entfernungsmesser geprüft. Schnell werden Defizite erkennbar und die Jungjäger beginnen bei den Ansitzen, diese Defizite mittels mitgeführtem Entfernungsmesser auszumerzen.

Doch als bestes Mittel gegen schlechte Schüsse ist die gute Auflage bei der Abgabe des Schusses. Damit sich der Schütze vollständig auf die Abgabe des Schusses konzentrieren kann, habe ich 2 wesentliche Änderungen im Lehrrevier vorgenommen.
Alle Jungjäger führen eine mobile Auflage aus Leder oder Kunststoff mit sich. Diese ist, wie auch Fernglas und Waffe, zu allen Ansitzen mit zu nehmen.
Zudem wurden alle von mir neu errichten Hochsitze mit einem ca. 20 cm breiten umlaufenden Bord auf der Brüstung versehen. Auch alte Hochsitze wurden, da wo es möglich war, nachgerüstet. Dieses breite Bord zusammen mit der mobilen Auflage ermöglicht eine sichere Dreipunktauflage.


Ein breites Bord auf der Brüstung und eine mobile Gewehrauflage sind notwendig, um eine konstant hohe Trefferquote auch bei weniger routinierten Jägern zu erreichen.









Photo: Johannes Nölke



Die Auswertung von 250 erlegten Stück Schalenwild durch Jagdgäste haben gezeigt, dass nur durch Verbesserungen der Rahmenbedingungen bei der Abgabe des Schusses und durch mehr Schussroutine die Schussfertigkeit erhöht werden kann. Die endlosen Diskussionen um Kaliber, Waffen und Munition sind nicht zielführend.

Eine professionelle Schießausbildung der Jäger in der praktischen Jagdausübung nach der Jägerprüfung ist schon aus tierschutzrechtlichen Gründen zwingend notwendig. Jagdleiter und Jagdpächter müssen aber auch den Mut haben, schlechte Schützen jederzeit zur Nachschulung zu schicken, um die allgemeine Schießleistung der Jägerschaft zu erhöhen. Sollten diese Nachschulung nicht erfolgen, muss ein Jagdverbot ausgesprochen werden. Die teilweise katastrophalen Schießleistungen auf Drückjagden beweisen dies.


waimannsheil


Euer



stefan

12.7.12

Wildkamera erfasst Projektil

Seit einigen Monaten werden mittels mehrerer Wildkameras die Wildbewegungen im Lehrrevier erfasst. In einigen Monaten werden dann die ersten Auswertungen vorliegen.

Jungjäger Stephan ist seitdem der "Wildkamerabeauftragte" des Lehrreviers. Es ist immer wieder ein Augenblick großer Spannung, wenn er mit Laptop und dem Speicherchip der Kamera erscheint und alle die neuesten Bilder auf dem Rechner betrachten.

Doch beim Betrachten der Bilder der neu installierten Kamera an einem Ansitz verschlug es uns die Sprache. Die Kamera hatte tatsächlich in dem Moment ausgelöst, als an einem Abendansitz Jagdgast Jürgen einen Überläufer streckte!

Hier die Bilder der Reihe nach:





Jungjäger Stephan installiert am 3. Juni die Wildkamera














Links von der Kamera, im Bild nicht sichtbar befindet sich die Kanzel.












Am 6. Juni sitzt Jagdgast Jürgen auf der Kanzel und schießt um 21.32 auf eine Sau. Das Projektil löst die Kamera aus und ist links im Bild als Strich sichtbar (zur genauen Betrachtung auf das Bild klicken)










Um 21.39 nähert sich Jagdgast Jürgen der erlegten Sau und die Kamera löst erneut aus.













Um 21.52 Uhr löst die Kamera wieder aus, als Jagdgast Jürgen mit dem Aufbrechen beginnt.











Doch auch wildbiologisch hat sich die Einrichtung gelohnt.
Ein Kranichpaar wurde dabei fotografiert, als es seinem Nachwuchs das Fliegen beibrachte.



























































Auch eine Sau in den frühen Morgenstunden bei bestem Licht wird von der Wildkamera erfasst.











Es war eine großartige Idee, die Wildkameras zu installieren, ist es doch immer wieder spannend wie beim Ansitz, wenn die Photos auf dem Rechner zu sehen sind.


waidmannsheil

Euer

stefan