von Frank Martini
Das Urteil des Amtsgerichts Arnstadt (AZ: 201 JS 38193/07) gegen Manfred I. wegen Sachbeschädigung und Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ist seit dem 28. September 2009 rechtskräftig.
Manfred I. war vor rund einem Jahr in der Illmenauer Außenstelle des AG Arnstadt für schuldig befunden worden, den auf einer Ansitzdrückjagd im benachbarten Forst eingesetzten Wachtelrüden des Nicolai Sawov nach Überjagen in sein Revier widerrechtlich abgeschossen zu haben. Im Urteil setzte die vorsitzende Richterin eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen á 45 Euro fest. Die Staatsanwaltschaft hatte ein deutlich höheres Strafmaß mit mehr als 60 Tagessätzen beantragt, I. seine Verteidigung dagegen auf einen Freispruch ausgerichtet. So legten beide Parteien Rechtsmittel ein.
In der für den vergangenen Montag angesetzten Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Erfurt (AZ: 201 JS 38193/07 4NS) kam es jedoch zu keinem neuen Urteil. Beide Parteien hatten ihre Rechtsmittel wechselseitig zu Beginn des Termins zurückgenommen, so dass nun das ursprüngliche Illmenauer Urteil doch noch Rechtskraft erlangte.
Über die jagdliche Zukunft des Verurteilten ist damit allerdings noch keine endgültige Klarheit geschaffen. Die zuständige Waffenbehörde hatte zwar angesichts der erheblichen Wellen, die die Geschichte in der Öffentlichkeit geschlagen hatte, bereits vor dem ersten Termin am AG Arnstadt/Außenstelle Illmenau im September 2008 die Zuverlässigkeit I.’s in Zweifel gezogen und seine waffenrechtlichen Erlaubnisse widerrufen. Wegen der langen Zeit, die zwischen der Tat und dem angesetzten Gerichtstermin verstrichen war, wollte die Waffenbehörde nach damaligem Bekunden nicht bis zu einer gerichtlichen Würdigung des Vorgangs warten. Durch eine zunächst erfolgte Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Manfred I., das dann aber in Folge einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den einstellenden Staatsanwalt wieder aufgenommen worden war und zur Anklage führte, waren zwischen dem Abschuss des Hundes und diesem ersten Gerichtstermin rund 10 Monate vergangen. Da eine mangelnde Zuverlässigkeit regelmäßig unter anderem dann von der Behörde angenommen werden darf, wenn eine strafrechtliche Verurteilung von 60 Tagessätzen an aufwärts rechtskräftig ist und der Verurteilte gegen diese Regelannahme keine besonderen Umstände seines Falles geltend machen kann, konnte I. sich vor einer entsprechenden Verurteilung diesbezüglich gegenüber der Behörde in Sicherheit wiegen. Denn für diese ‚Regel-Unzuverlässigkeit’ hätte das Gericht erstens feststellen müssen, dass I. schuldig im Sinne der Anklage ist, das zweitens seine Schuld schwer genug wirkt, eine Verurteilung von 60 Tagessätzen oder mehr auszusprechen, und drittens hätte ein solches Urteil dann auch Rechtskraft erlangen müssen. Zumindest der vorletzte der genannten Punkte ist aber unstreitig nicht eingetreten.
Allerdings gibt es neben der so genannten ‚Regel-Unzuverlässigkeit’ im Waffenrecht noch die ‚absolute Unzuverlässigkeit’. Sie kann unter anderem dann gegeben sein, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende seine Waffe leichtfertig oder missbräuchlich einsetzt. Dass für den Befund der Unzuverlässigkeit schon ein einzelner missbräuchlicher Schuss ausreichen kann, hatte im Jahr 2006 bereits eine Einzelrichterentscheidung am Verwaltungsgericht im hessischen Darmstadt im Jahr (AZ: 5 E 543/06 (3)) gezeigt. Außerdem sieht die waffenrechtliche Definition der absoluten Unzuverlässigkeit neben der missbräuchlichen auch noch die leichtfertige Schussabgabe vor. Zumindest diese Leichtfertigkeit aber meinte die Behörde im Abschuss eines überjagenden Jagdhundes erkennen zu können und widerrief daher die waffenrechtliche Zuverlässigkeit Manfred I.’s. Dagegen hatte der beim Verwaltungsgericht Weimar geklagt. Da dies aufschiebende Wirkung hat, konnte er also nicht nur bis zu einer etwaigen Verurteilung, die diese ‚Regel-Unzuverlässigkeit’ nach sich zieht, im Besitz seines Jagdscheines und seiner Waffen bleiben, sondern auch über die Rechtskraft des nun tatsächlich rechtskräftig vorliegenden Urteils hinaus, weil das dort festgesetzte Strafmaß eben nicht an das in der waffenrechtlichen Definition der ‚Regel-Unzuverlässigkeit’ festgelegte Strafmaß heranreicht.
Sofern Manfred I.’s Klage beim VG Weimar nicht von ihm zurückgezogen oder dem VG zurückgewiesen wird oder das VG zu der Auffassung gelangt, die Behörde habe ermessensfehlerhaft gehandelt, wird I. wohl selbst über das Ende seiner jagdlichen Karriere entscheiden können. Damit bleibt die traurige Geschichte über den Tod des Wachtelrüden weiter spannend. Denn ein Termin für die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Weimar ist uns gegenwärtig noch nicht bekannt.
Anm. d. Red.
Der Autor Frank Martini ist Jäger und Journalist und hat lange Zeit beim Radio und Fernsehen, unter anderem für das ARD-Wirtschaftsmagazin „PlusMinus“ gearbeitet.
Um dem Ehrenkodex des Presserates genüge zu tun, wurde auf seinen Wunsch der Name anonymisiert.
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