21.3.08

Anka – Das höfliche Ü-Ei

Von Ankas Waisencouch bekam ich den nachfolgenden Bericht.

Viel Vergnügen bei der Lektüre.

waidmannsheil

Euer

stefan


Hallo Stefan!

Vielen Dank für Anka, die durch den Todesfall in Deiner Familie zu uns kam.


Wir nennen sie inzwischen das „höfliche Überraschungs-Ei“.

Ankas hervorstechende Merkmale sind ihr toller Appell und ihre Höflichkeit gegenüber anderen Hunden. Anka gehorcht aufs Wort. Und wenn sie einen anderen Hund sieht, wedelt sie freundlich. In Hörweite des Artgenossen beginnt sie zu fienzen und wedelt noch stärker. Ist der andere Hund interessiert oder freundlich, wird sich kurz begrüßt und bei Gefallen gespielt.
Zeigt der andere Hund irgendwann auch nur ein wenig Angst oder Aggression, wendet sich Anka ab und lässt den anderen Hund in Ruhe.

Wie zu erwarten, war die 12 Jahre alte Hündin die ersten drei Tage verunsichert. Sie folgte uns in jeden Raum, ließ uns nicht aus den Augen und beobachtete ständig.

Einige ihrer Verhaltensweisen warfen Fragen auf.
Anka bettelte ständig um Fressen. War sie zu wenig oder nicht regelmäßig gefüttert worden?
Wenn man sich Anka in ihrem Blickfeld mit der Hand näherte, zuckte sie zurück. Hatte man sie geschlagen?
Am ersten Tag bekam Anka Durchfall. Vertrug sie das Futter nicht?
An ihre Pfoten ließ uns Anka nur sehr ungern und entzog sie uns immer sofort. Hatte da jemand drauf getreten?
Wenn wir Ankas Flanken streichelten, zuckte sie zusammen. Uns war bekannt, der Besitzer hatte „aus Zuneigung“ hart auf ihr herum geklopft.

Wir taten einiges, um den Hund zu beruhigen. In jedem Raum bekam Anka einen eigenen Platz, damit sie immer Anschluss hatte. Vom ersten Tag hielten wir eine feste Futterzeit ein, es gab nichts zwischendurch. Anka wurde von uns allen beschmust und gestreichelt, sie hatte ständig Ansprache. Man hatte uns erzählt, Anka sei viel auf Feldwegen neben dem Auto her gelaufen. Also bekam sie täglich mehre Stunden Auslauf.

Am 4. und 5. Tag ging dann das Ü-Ei auf.



Beim ersten Spaziergang auf weitem Feld und ohne Leine zeigte sich, dass Anka offensichtlich oft alleine unterwegs gewesen war. Wenn sie sich 10 Meter von uns entfernt hatte, blickte sie kurz zurück. Kam kein Kommando, machte sie sich auf und war schnell außer Rufweite. Als sie dabei einmal einen Hasen hoch machte, konnten wir sie allerdings durch lautes Rufen vom Hasen abrufen. Da nicht alle so laut brüllen können, wollten wir eine Pfeife anschaffen.

Jagdlich scheint Anka kaum ausgebildet.
Quersuche? Fehlanzeige. Vorstehen? Nur einmal aus Versehen.
Sichtlaut? Was ist das? Apportieren? Findet sie langweilig.
Anka hat zwar immer „die Nase im Dreck“, aber dabei geht es mehr um Abfälle und Aas als um Fährten. Scharf ist Anka allerdings auf Katzen. Da steht uns wohl noch etwas bevor.

Am 5. Tag kam der große Schreck.
Auf einer Treppe knickten Anka die Läufe ein und sie kugelte drei Stufen abwärts. Erschrocken, mit der Befürchtung einer Lähmung oder HD, pausierten wir und beruhigten den Hund. Zurück zu Hause untersuchten wir Anka und legten sie ab.

Und dann schlief Anka. Und schlief und schlief und schlief.
Die Aufregung des Ortswechsels, das ständige auf uns aufpassen, unsere Aufmerksamkeit und die viele Bewegung hatten die alte Dame wohl völlig erschöpft. An den darauf folgenden Tagen schlief Anka stundenlang, eben die für einen Hund ihres Alters übliche Zeit.

Am 6. Tag bestätigte sich dann, dass wir eine Pfeife anschaffen sollten. Beim Auslauf begegneten wir einer Dame, die für Ihren Terrier eine klassische Hundepfeife nutzte. Und Anka reagierte auf den Pfiff sofort. Also kauften wir eine Pfeife. Seitdem ist die Leine fast obsolet.

Das regelmäßige Füttern zeigt Wirkung. Anka bettelt kaum noch und ihr Interesse an der Küche hat deutlich abgenommen.

Das viele Schmusen hat auch gewirkt. Anka dackelt uns nicht mehr permanent hinterher, ihre Streicheleinheiten holt sie sich. Dabei hat sie sich allerdings zum „Kampfschmuser“ entwickelt.

Ankas Vertrauen ist inzwischen so groß, dass wir sowohl an ihre Pfoten dürfen, als auch an ihre Flanken. Und die Handscheu ist verschwunden.

Wir hoffen auf ein paar schöne Jahre mit unserem „höflichen Ü-Ei“ und sind gespannt auf Alles, was noch kommt.

Vielen Dank und schöne Grüße von der Waisencouch

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