13.6.07

Vorstehhund auf Drückjagden?











Photo: Landesjagdverband Hesssen



Immer wieder wird unter den Jägern heftig das Für und Wider des Einsatzes der Vorstehhunde auf Drückjagden diskutiert.
Die in den letzten Jahren stark veränderten Einsatzgebiete für unsere Jagdhunde durch die Zunahme der Bewegungsjagden einerseits und die gleichzeitige Abnahme der für den Vorstehhund typischen Feldjagden andererseits haben diese Diskussion hervorgerufen.

Eine Stellungnahme zu diesem Thema aus Sicht eines erfahrenen Hundeführers halte ich für sinnvoll. Der Autor ist erfahrener Meuteführer und kann auf die Teilnahme vieler Drückjagden zurückblicken.

Hier seine Sichtweise zur Frage.

Vorstehhund auf Drückjagden?von Robert Hoffmann

Es gibt kaum eine schlimmere Behauptung als die, man könne Vorstehhunde generell mit zur Drückjagd nehmen.

Selbstverständlich gibt es einzelne sehr gute DD, DK, W, usw, die auf DJ hervorragende Arbeiten leisten. Die Frage ist, sind diese Hunde in ihrer Arbeit repräsentativ?
Da muß ich als Führer von Stöberhunden und einigen 100 DJ auf dem Buckel sagen: Nein, sie sind es nicht.
Die Nachteile überwiegen. Der Vorstehhund arbeitet, so er denn sinnvoll und anlagengemäß eingesetzt wird, unter der Flinte. Er wird geführt, er arbeitet in enger Beziehung zum HF, er hat rel. häufig Jagderfolg. Kurz gesagt, er steht unter Kontrolle. Die jagenden HF und Führer von Vorstehhunden mögen einmal überlegen, wieviele Kommandos sie so pro Tag ihrem Hund bei der Feldjagd geben. Es werden sicherlich einige hundert sein. Beim Stöbern arbeitet der Hund dagegen völlig losgelöst, er wird nicht oder nur vorübergehend geführt, seine Suche ist weiträumig. Er ist völlig auf sich selbst angewiesen. Diese Arbeit ist also der des Feldhundes genau entgegengesetzt. Ich habe immer wieder beobachtet, daß Vorstehhunde, die regelmässig an DJ teilnehmen und wenig Arbeit im Feld haben, im Gehorsam erhebliche Probleme haben. Natürlich stellt sich auch die Frage nach der Effektivität. Ein Hund wie der DD wird, wenn er im lichten Hochwald auf ein Rudel Rotwild läuft, dieses in einer solchen Geschwindigkeit anjagen, dass kein vernünftiger Mensch mehr schießen kann. Kommt statt des DD ein Teckel oder eine Bracke, sieht das ganz anders aus. Ebenso sind Aspekte des Tierschutzes und der Wildprethygiene zu berücksichtigen. Während ein niederläufiger Hund den Sichtkontakt zum Wild rasch verliert und dann das gejagte Wild langsamer wird, jagen je nach Gelände die Vorstehhunde wesentlich länger und wesentlich schneller. Das bedingt einen extrem hohen Adrenalinausstoss im Wild, das Wildpret ist unbrauchbar, wenn ein solches Stück geschossen wird. Extrem verwerflich wird der Einsatz von Vorstehhunden, wenn gleich mehrere von mehreren HF geschnallt werden. Die Hunde wechseln sich beim Hetzen des gefundenen Wildes ab und jagen es zu Stande. Ich habe solche Arbeiten in Mecklenburg - Vorpommern selber erlebt, wo 60 und mehr Stück Wild lagen, aber nur 10 Schüsse gefallen waren und den Rest die Hunde machten.
Natürlich ist der Einsatz grosser Hunde auch vom Gelände abhängig. Kein auch nur einigermaßen vernunfbegabter Mensch wird einen Vorstehhund im dichten Schilf, im Mais an Sauen arbeiten lassen. Irgendwann lassen Konzentration und Kondition beim nah am Wild jagenden Hund nach und er wird geschlagen, wobei zu berücksichtigen ist, dass unsere Vorstehhunde dann durch das erheblich höhere Körpergewicht meistens vergleichsweise viel schwerer verletzt werden als ein leichter Terrier, eine leichte Bracke.
Wer will diesen schwer geschlagenen und vor sich hin blutenden Hund denn in 100 und mehr Hektar Mais finden? Der Hund wird sterben und seine Reste wandern in den Häcksler.
Aus der Praxis mit meinen Bracken und den DD meiner Familie muss ich zusammenfassend sagen:

Es spricht nichts dagegen, irgendwo festgestellte Sauen mal eben mit dem Vorstehhund in Gang zu bringen. Es spricht nichts dagegen, ihn bei kleinen Drückerchen von ein paar Hektar mal einzusetzen.
Es muß aber gewährleistet sein, daß der Hund in den nächsten Wochen im Felde wieder "in die Hand gearbeitet wird", er wieder suchen, vorstehen, apportieren kann. Dann steht einer gel. Verwendung im Walde nichts entgegen. Ihn aber als grundsätzlich zum Stöbern geeigneten Hund anzupreisen, halte ich für verwegen, die Nachteile überwiegen, der Hund wird mittelfristig verdorben. Wir hielten das zu Hause so: Die Hunde arbeiteten im Feld und wenn mit ca. 3 Jahren die Ausbildung wirklich abgeschlossen war, dann kamen kleine Waldtreiben mit hinzu und irgendwann mit 4 bis 5 Jahren hatten wir den Allrounder. Wobei das Verhältnis gejagtes Niederwild zu Hochwild bei ca. 500 zu 1 stand. Wenn man den Züchtern von Stöberhunden vorwirft, ihre ablehnende Haltung den Vorstehern gegenüber hätte markttechnische Gründe, so muß ich dazu sagen, dass ist wirklich derb.

Andersrum wird ein Schuh draus.
Es gäbe keine Stöberspezialisten, wären sie nicht besser für diesen Berufszweig als andere. Die Unsitte, Vorstehhunde an Sauen zu verfüttern - übertrieben formuliert - kam erst auf, als für DD und Co. im Feld die Arbeit immer weniger wurde und die Stöberjagden zunahmen. Hier sind die Züchter der Vorstehhunde die fehlberatenden, wenn sie ihre Welpen "in den Wald" verkaufen, nicht die der Stöberhunde, wenn sie das ablehnen.



waidmannsheil

Euer


stefan

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